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Französischer Premier als mögliches Bauernopfer

Heute stellt die Opposition in der französischen Nationalversammlung einen Misstrauensantrag. Die Erfolgsaussichten sind gering - aber es geht ihr auch mehr darum, den eher glücklosen Premier Jean-Marc Ayrault und die unpopuläre Politik des Präsidenten Francois Hollande vorzuführen.

Von Ursula Welter | 20.03.2013
    Zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode nutzt die intern zerstrittene, konservative Oppositionspartei UMP das Instrument des Misstrauensantrags. Da sie die nötige absolute Mehrheit zum Sturz der Regierung nicht hat, geht es um den parlamentarischen Schlagabtausch.

    "Dieser Misstrauensantrag dient dazu, einerseits der Regierung eine Alarmbotschaft zu schicken und andererseits den Franzosen etwas Hoffnung zu geben."

    Sagt Jean-Francois Copé, der amtierende Chef der UMP. Seit zehn Monaten sei Francois Hollande im Amt, täglich verlören 1000 Franzosen ihre Arbeit, die Neuverschuldung gehe nicht hinreichend zurück und das Wachstum bleibe aus.

    "In Frankreich wird derzeit nicht mehr konsumiert, nicht mehr investiert, nicht mehr eingestellt."

    Die hohe Steuerlast, beschlossen durch die sozialistische Regierung, sei das eine, meint Copé, und nennt als zweiten schweren Fehler Hollandes:
    "Er hat alle couragierten Reformen, die durch Sarkozy und unsere Mehrheit in dieser Krise auf den Weg gebracht worden waren, wieder einkassiert."

    Beklagt der UMP-Chef, der heute im französischen Parlament den Misstrauensantrag der Opposition begründen wird.

    Die Konservativen fordern, dass die 35-Stunden-Woche in Frankreich ausgesetzt wird, verlangen tiefgreifende Reformen, sind sich aber untereinander keineswegs grün. Der interne Parteienstreit um Führung, Programm und Strategie der Konservativen ist nicht ausgestanden. Dazu gehört auch die Frage, ob die UMP zu den Kommunalwahlen 2014 Allianzen mit dem rechtsradikalen "Front National" eingehen wird, da doch die beiden Abgeordneten des FN im Parlament heute auch mit der früheren Regierungspartei stimmen wollen.

    "Keine Allianzen mit den Extreme","

    versichert Copé. Mancher Parteifreund nimmt ihm das aber nicht ab.

    Auf der anderen Seite der Debatte heute der Premierminister, Jean-Marc Ayrault. Gestern noch im Vatikan, muss er heute die Politik seiner Regierung und die des Präsidenten verteidigen: Gegen die Kritik der Opposition, aber vor allem gegen wachsende Unruhe im eigenen Lager und gegen ausgesprochen schlechte Popularitätswerte – die leichte Erholung in den Umfragen durch das außenpolitische Agieren in Mali ist längst dahin. Was zählt, sind die Wirtschaftsfragen:

    ""Wir müssen feststellen, dass die Regierung Ayrault eher auf das hört, was die Arbeitgeber sagen, als das, was wir von der CGT sagen."

    Kritisiert der neue Chef der starken linken Gewerkschaft CGT, Thierry Lepaon. Wie er zeigen sich viele, die den Sozialisten zum Wahlsieg verholfen haben, heute enttäuscht. Die Hoffnungen auf Besserung der Lage im Land haben sich nicht erfüllt, die anstehenden und teils eingeleiteten Reformen am Arbeitsmarkt und im Rentensystem versetzen die Linke in Alarmbereitschaft.

    So steht Premier Jean-Marc Ayrault, zehn Monate nach der Wahl, auf weitgehend verlorenem Posten. Im Kabinett gibt es mächtige Minister, die die Tage des eher stillen Arbeiters Ayrault gezählt sehen. Der einstige Bürgermeister von Nantes besitze zu wenig Autorität, sei zu blass, wird verbreitet.

    Die Probleme der französischen Regierung stapeln sich. Einziger Trost, die Zinsen, die Frankreich für die Schuldenaufnahme derzeit zählt, sind niedrig. Die Finanzmärkte halten bislang also still. Auch deshalb sieht der Premierminister sich und seine Regierung auf dem richtigen Weg. Er erwarte die Misstrauensdebatte deshalb mit Ungeduld, meinte Ayrault vor wenigen Tagen. Gewerkschafter Lepaon hält dagegen: Die Regierung müsse endlich die Politik machen, für die sie gewählt worden sei. Und solange werde demonstriert gegen Rentenreform und flexiblere Regeln am Arbeitsmarkt.