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Frauen-Karrierecoaching
Berliner Hilfe beim Wiedereinstieg

Mit Studium aber ohne Beruf, Studienabbrecherinnen, Mütter: In Berlin lernen Frauen in einem Workshop ihren Berufsweg strategisch zu planen, den Wiedereinstieg oder eine berufliche Neuorientierung. Oft müssen hier auch Traum und Realität in Einklang gebracht werden.

Von Anja Nehls | 08.03.2014
    Ein Baby auf einem Computerbildschirm im Büro
    Büro und Baby, Job und Familie: Für viele Mütter ist das ein ständiger Balanceakt. (dpa / picture alliance / Jens Büttner)
    Stefanie Heisler ist 38 Jahre alt hat drei Kinder, ein Studium, aber keinen Beruf. Auf dem Weg zur Grundschullehrrein musste sie kurz vor Ende abbrechen – mit drei kleinen Kindern war sie den Belastungen des Referendariats nicht gewachsen.
    "Ich hatte danach eine sehr schwere harte Zeit um das zu verarbeiten, weil ich wusste das ist alles, was ich wollte die letzten zehn Jahre, ich habe mich sehr gescheiter gefühlt, weil die Seminarleiter dieses Feedback auch so gegeben haben, bis auf meinen Direktor, der war immer zufrieden und auch mein Elternhaus hat das als Scheitern empfunden, ganz stark."
    Bildungsträger Raupe und Schmetterling
    Zusammen mit 19 anderen Frauen kommt die quirlige und offene Frau jetzt drei mal in der Woche für vier Stunden zu Raupe und Schmetterling. Der Berliner Bildungsträger will Frauen beim Wiedereinstieg oder einer beruflichen Neuorientierung helfen. Ganz am Anfang geht es wie bei Stefanie Heisler oft darum, verlorenes Selbstwertgefühl wieder zu stärken, sagt Kursleiterin Angelika Mundt:
    "Wir arbeiten zum Beispiel ganz am Anfang an der Stärken und Potenzialen die jede in ihrem gesamten Leben bisher erworben hat, in der Bewältigung von Krisen, beruflich schwierigen Situationen, Konfliktsituationen, gesundheitlichen Krisen, also das wird alles als Kompetenz miteinbezogen und dann entsteht ein sehr breites Spektrum, wo die einzelnen sich dann wirklich wundern, was sie alles mitbringen."
    Die meisten Frauen hier sind zwischen 40 und 50. Frauen, die sich nach Krankheit zum Beispiel Burn Out, umorientieren müssen, Versicherungsvertreterinnen, die sich anders orientieren wollen, weil sie ihren Beruf vor sich selber nicht mehr verantworten können, Verkäuferinnen, die ihren Job verloren haben, weil sie wegen Kindern nicht mehr rund um die Uhr einsatzbereit waren. Stefanie Heisler will auf keinen Fall zurück in die Schule. Hier im Kurs will sie versuchen, sich über ihre Träume klar zu werden:
    "Also ich tanze sehr gerne, ich choreografiere auch, ich komponiere auch, ich komme aus dem Geräteturnen, Breitensport. Die Kinder zum Tanz führen, zu sich selbst führen, das würde ich sehr, sehr gerne machen, Montessori-Pädagogik habe ich gemacht, ich habe auch eine Weiterbildung gemacht im Bereich Lebensberatung, würde ich mich gerne langfristig selbstständig machen als Coach."
    Traum und Realität in Einklang bringen
    Traum und Realität in Einklang zu bringen, das ist dann Aufgabe von Angelika Mundt.
    "Sodass also jeder einzelne Wunsch noch mal abgewägt wird, ist er jetzt wirklich wichtig, ist er in der aktuellen Situation für mich umsetzbar, was würde es heißen, was würde ich gewinnen, was würde ich verlieren und in dem Maße, wo mehrere Fokussierungsprozesse stattgefunden haben, wird das Ziel der einzelnen auch immer klarer."
    Die Chance, dass Stefanie Heisler ihren Traum verwirklichen kann, schätzt Angelika Mundt als gut ein. Drei Monate geht es jetzt um Gesprächsführung, Bewerbungsstrategien, Potenzialanalyse, kurz: alles, was zur Planung einer zweiten Karriere gehört. Gerade für Frauen sind die Bedingungen des derzeitigen Arbeitsmarktes aber bei einer Planung ein Hindernis, meint Angelika Mundt:
    Arbeitsmarktbedingungen sind Hindernis gerade für Frauen
    "Das gibt die Ebene der prekären Arbeitsverhältnisse, der ungesicherten Arbeitsverhältnisse, wo Frauen nicht ihr wirkliches Potenzial einsetzen können zu einem menschenwürdigen Preis. Dann kommt noch hinzu, dass die Arbeitszeitanforderungen zum Teil eben so ausufernd sind, dass da Frauen, wenn sie dem gerecht werden wollen auch immer was zurückstellen müssten. Und es wird gesellschaftlich noch viel zu wenig verstanden, dass Frauen ihre Kinder eben nicht zurücksetzen möchten."