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Frauenbad in Freiburg
Petition gegen männliche Bademeister

Seit mehr als 130 Jahren gibt es im Freiburger Lorettofreibad einen eigenen Bereich, nur für Frauen. Ein Ort zum stressfreien Entspannen - sollte man meinen. Doch weil es im vergangenen Jahr sogar zu Handgreiflichkeiten zwischen den Frauen kam, wurde männliches Personal eingestellt. Jetzt richtet sich die Aggression gegen die Bademeister.

Von Gabriele Krings | 10.07.2017
    Eine Frau schwimmt im Freiburger Lorettofreibad
    Eine Freiburger Studentin hat bereits 700 Unterschriften gegen männliche Bademeister im Damenbereich gesammelt. (picture-alliance/Patrick Seeger dpa/lsw)
    Das Lorettodamenbad in Freiburg ist gut gefüllt an diesem Tag. Unter den Badegästen sind wieder viele Musliminnen. Eine junge Frau sitzt mit ihrem kleinen Sohn entspannt auf einer Bank und genießt das Treiben. Sie heißt Marjolein, ihren vollen Namen will sie nicht nennen:
    "Ich komme gerne in das Frauenbad, weil es ein Frauenbad ist. Einfach Frauen unter sich und das ist so etwas Spezielles, das muss man schützen."
    Marjolein schaut in die Sonne, auf ihrem unbedeckten Haar spiegeln sich kleine Wassertropfen:
    "Ich bin muslimisch, deswegen möchte ich nicht mit Badekleidung von Männern gesehen werden. Wir haben in unserer Religion einfach eine Bekleidungsvorschrift: normalerweise trage ich in der Öffentlichkeit keinen Bikini sondern Kopftuch, und weil es keine Männer gibt, kann ich einfach sitzen wie ich will in meinem Bikini und die Sonne genießen, und wenn da ein Mann kommt, dann muss ich mich anziehen und da habe ich keine Lust drauf."
    Umso ärgerlicher ist es, dass es inzwischen die Ausnahme ist, wenn - wie an diesem Tag - eine Frau die Badeaufsicht hat. Denn seit dieser Saison steht explizit in der Badeordnung, dass auch männliches Personal im Loretto-Damenbad eingesetzt wird. Das stört aber auch nichtmuslimische Frauen:
    "Es soll hier ja männerfrei sein, damit die Frauen sich frei fühlen auch oben ohne rumzulaufen und ich glaube, wenn es auch nur ein einziger Mann wäre, das würde schon irgendwie was ausmachen vom Schamgefühl her."
    "Kein Mann, lieber nicht, ich bin so ein Mensch, ich würde auch nicht in die Sauna gehen, wo Männer sind. Kann ich nicht!"
    Es sind nicht nur muslimische Frauen
    Die Freiburger Studentin Janina Talaj akzeptiert ebenfalls keine Männer im Damenbad. Aus Solidarität mit den Musliminnen, aber auch aus eigenem Interesse, hat sie deshalb eine Online-Petition gestartet:
    "Ich hatte den Eindruck, dass gezielt Muslima ausgeschlossen oder ausgeladen werden, aber für mich persönlich ist es auch ein Raum, der ein Frauenraum war und den ich gerne wieder zurück hätte."
    Über 700 Unterschriften hat die 27-Jährige schon gesammelt.
    "Das sind bei weitem nicht nur muslimische Frauen. Es gibt Frauen, die gesagt haben, ich hab ne Behinderung und gehe deshalb bewusst ins Frauenbad, um unschönen Kommentaren aus dem Weg zu gehen. Andere Frauen, die sagen, sie haben die Atmosphäre genossen, sie baden gerne oben ohne, und sie finden das jetzt total bescheuert, dass da jetzt ein Bademeister eingesetzt wird."
    Bei der Freiburger Regio Bäder GmbH indes versteht man die Aufregung nicht. Es gebe allgemein viel Zuspruch für die neue Personalpolitik, heißt es. Angesicht der aktuellen Personalnot könne man außerdem gar nicht anders, als im Damenbad auch Männer einzusetzen, sagt Geschäftsleiter Oliver Heintz und weist jegliche Diskriminierungsvorwürfe zurück:
    "Wir haben vermehrt neue Besuchergruppen, und damit alle davon auch Bekanntheit erlangen, haben wir es in die Badeordnung mit aufgenommen, dass wir hier auch männliches Badepersonal einsetzen. Es hat wirklich nichts mit Ausländerfeindlichkeit und einer Ausgrenzung einer bestimmten Gruppierung zu tun."
    Regio Bäder GmbH: Ein männlicher Bademeister strahlt mehr Autorität aus
    Zudem strahle ein männlicher Bademeister eben mehr Autorität aus und könne im Streitfall besser für Ruhe und Ordnung sorgen. Denn im vergangenen Jahr ging es im Damenbad bisweilen turbulent zu, einmal war es sogar zu Handgreiflichkeiten zwischen muslimischen und alteingesessenen Badbesucherinnen gekommen. Auch Rosemarie Kessler tut sich mit den kulturellen Unterschieden der Muslima schwer:
    "Weil die Lautstärke zu stark war, sie haben sich ausgebreitet und haben zum Teil Leute einfach animiert wegzugehen, sie wollen da hin mit ihren Kindern, da sei Schatten, da wurde nicht gefragt, und da kamen nur patzige und zum Teil aggressive Antworten."
    Solche Spannungen, ist Petitionsinitiatorin Janina Talaj überzeugt, könnten Frauen auch unter sich lösen. Eine so genannte "starke männliche Hand" sei überflüssig:
    "Also da stellen sich bei mir alle Haare hoch, wenn ich höre, da braucht man einen Mann, der durchgreift und die Frauen trennt, wenn die sich nicht vertragen können. Ich finde das total reaktionär und wie aus dem alten Jahrhundert."
    Inzwischen hat sich in Freiburg ein Netzwerk um das Loretto-Damenbad gebildet. Das Ziel ist ein Dialog mit allen Beteiligten. Für Musliminnen wie die junge Mutter Marjolein ist derweil aber eines klar:
    "Wenn ich vorher weiß, an dem Tag ist ein Mann da, dann werde ich nicht gehen."