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Frauenfußball Iran
Rückspiel nach zehn Jahren

"Home Game", Heimspiel.  So heißt ein Kulturfestival, das noch bis Sonntag in Berlin-Kreuzberg stattfindet, organisiert von Discover Football. Seit 2009 schafft die NGO sichere Orte der Begegnung, vor allem für Mädchen und Frauen aus autoritär regierten Ländern. Insgesamt nehmen 104 Fußballerinnen am Festival teil. Sie kommen aus dem Sudan, Afghanistan oder Saudi-Arabien. Der Auftakt am Mittwochabend war besonders emotional.

Von Ronny Blaschke | 01.09.2016
    Discover Football - Festival 2015.
    Discover Football - Festival 2015. (Discover Football / Dana Rösiger)
    Iranische Fußballerinnen emotional empfangen
    Kulturfestival in Berlin stärkt mehr als 100 Frauen aus autoritär regierten Ländern
    Die iranischen Spielerinnen blicken im Willy-Kressmann-Stadion immer wieder ins jubelnde Publikum. Darunter sind dutzende Männer, die aus dem Nahen Osten nach Deutschland geflüchtet sind. Für die iranischen Spielerinnen ist das ein neues Gefühl. Denn Frauen und Männer werden im Fußball in ihrer Heimat strikt getrennt. 2006 hat das Spiel einer Berliner Frauengruppe in Teheran gegen das iranische Nationalteam zur Gründung von Discover geführt. Nun, nach einem Jahrzehnt, ist das Rückspiel geglückt. Angepfiffen von Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth.
    "Insofern ist es natürlich auch ein Signal, nicht nur für uns hier, dass wir gut daran tun, die Türen in Richtung Iran und Zivilgesellschaft im Iran zu öffnen. Sondern dass es auch ein Zeichen in den Iran ist. Wie es eben sein sollte: Das Frauen erstens Fußball spielen können und das Männer da zweitens zugucken können."
    Gegründet wurde die iranische Auswahl von Atoosa Hejazi, der Tochter des ehemaligen iranischen Nationaltorwarts Nasser Hejazi. Mit dabei sind in Berlin etliche Nationalspielerinnen, und doch legen sie darauf Wert, in Deutschland nicht als iranisches Nationalteam präsentiert zu werden. Sonst wäre der politische Druck aus der Heimat noch größer. Oft hat Discover Football verärgerte E-Mails von Fußballverbänden erhalten, die ihre Frauenteams klein halten wollen.
    Bis Sonntag gleicht das Willy-Kressmann-Stadion einem Kulturcampus, mit Workshops, Konzerten, Filmabenden. Heute haben die Spielerinnen das Kanzleramt besucht, für ein Gruppenfoto mit Angela Merkel. Zudem besuchen die Frauen Flüchtlingsunterkünfte in Berlin, erzählt Marlene Assmann, eine der Gründerinnen von Discover Football.
    "Die Spiele bei Discover Football sind ganz tolle Vorbilder. Und die geflüchteten Mädchen, die hier aufwachsen, die haben natürlich nicht so einen wahnsinnig abwechslungsreichen Alltag. Und sie haben eher mit Sozialarbeitern zu tun. Sie haben wenig mit selbstbewussten afghanischen Frauen zu tun, die noch in Afghanistan leben, und da ihr Ding machen. Und ich glaube, dass ist deswegen total bereichernd."
    Am Sonntag findet in Kreuzberg das Finale statt. Die Gäste spielen im Turnier nicht im Nationenvergleich, sondern in gemischten Teams, über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg.