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Frauenfußball
Vom Goldpokal zur Allianz-Bundesliga

Vor 40 Jahren fand die erste Deutsche Frauenfußball-Meisterschaft statt. Doch erst 16 Jahre später spielen sie in einer Bundesliga um die Meisterschaft. 40 Jahre später erhält die Spitzenklasse einen eigenen Sponsor. Eine nicht gerade zügige und zielstrebige Entwicklung.

Von Eduard Hoffmann | 06.09.2014
    Ein Ligasponsor soll es richten, er soll der Frauenfußball-Bundesliga zu mehr Leistungsstärke und Attraktivität verhelfen. Ab dieser Saison unterstützt der Allianz Versicherungskonzern, bislang bereits Hauptsponsor der Frauenfußball-Nationalelf, zunächst über fünf Jahre auch die Bundesliga. Erstmals erhält damit im Deutschen Fußball überhaupt eine Liga einen Namenssponsor. Zwischen einer und zwei Millionen Euro pro Saison soll die Allianz locker machen, das wären für jeden Verein etwa 100.000 Euro zusätzlich. Als Gegenleistung erscheint der Name des Sponsors auf den Trikotärmeln der Spielerinnen. Zudem darf die Allianz in allen Stadien auf der Bande werben und weitere Marketingveranstaltungen durchführen.
    Liga-Sprecher Siggi Dietrich vom 1. FFC Frankfurt ist begeistert. "Ich glaube die Liga ist auf einem hervorragenden Weg und mit der Allianz haben wir natürlich eine geniale Partnerschaft. Das ist ein Quantensprung für unseren Vereinsfrauenfußball in Deutschland."
    Davon konnten die Fußballpionierinnen in den 70er Jahren nur träumen. Der Deutsche Fußball-Bund hatte zwar 1970 sein "Damenfußballverbot" aufgehoben, tat aber in den Folgejahren so gut wie nichts, um den weiblichen Kick voran zu bringen. Auch die erste Meisterschaft mussten sie den DFB-Herren abtrotzen. Schon für 1973 hatten engagierte Vereinsvertreter ein Meisterschaftsturnier geplant. Doch der DFB schoss quer und verbot den sogenannten "Deutschland-Cup". Der Wörrstädter Philipp "Fips" Scheidt erinnerte sich später.
    Mit der "Bild"-Zeitung gedroht
    "Am Anfang waren sie stur, und erst als ich dann mit der 'Bild'-Zeitung gedroht habe, dass die eine große Überschrift auf der ersten Seite machen wollten: 'DFB verbietet Fußballspielen für die Damen', und da hat dann Horst Schmidt seiner Zeit dann doch eingelenkt und da haben wir uns dann geeinigt auf den Namen Goldpokal."
    Das Turnier wurde ein großer Erfolg. Der DFB musste erkennen, dass eine offizielle Meisterschaft nicht mehr aufzuhalten war und versprach sie für das nächste Jahr 1974. Da fand aber auch die Weltmeisterschaft der Herren in Deutschland statt, und - wenig zuschauerfreundlich - terminierte der Verband die Meisterschafts-Vorrundenspiele in die Zeit der Männer-WM. Das Finale fand dann am 8. September 1974 vor 4.000 Zuschauer in Mainz statt.
    "Jetzt also haben sie es geschafft, auch auf dem Rasen hat das angeblich schwache Geschlecht endlich seinen Meister: TuS Wörrstadt. Fackelzug und 30-Mann-Kapelle waren im Heimatort bestellt, längst bevor der Endspielschlusspfiff ertönte."
    Der kleine Verein aus Rheinhessen besiegte die Finalgegnerinnen von der DJK Eintracht Erle, einem Gelsenkirchener Vorortverein mit 4:0. Die Fußballerinnen waren alle berufstätig, studierten oder gingen noch zur Schule. Sie trainierten in der Regel zweimal in der Woche und freuten sich, wenn die Vereine großzügig ein paar Pfennige Fahrgeld zahlten.
    "Sie sind sich bewusst, dass sie derzeit nicht nur den Gegner, sondern auch viele Vorurteile besiegen müssen, die erste Deutsche Meisterschaft wollte man deshalb vor allem als Werbung verstanden wissen."
    Langes Ankämpfen gegen Vorurteile
    Gegen große Widerstände mussten sich die Fußball begeisterten Frauen lange Zeit alles selber erkämpfen. Es herrschte immer noch der konservative Geist der 50er Jahre und ein entsprechendes Frauenbild. Das erfuhr auch Bärbel Wohlleben von der TuS Wörrstadt in der ARD-Sportschau. Als erster Treffer einer Frau war ihr fulminanter Schuss zum 3:0 im ersten Meisterschaftsfinale zum Tor des Monats September 1974 gewählt worden. Moderator Oskar Klose überreichte die Medaille.
    "Der hat viele Sachen gefragt, ob die Männer dafür wären, ob es da nicht Knatsch gäbe in der Familie, wer dann kochen würde, wenn die Frau Fußball spiele, ich sag, logischerweise dann der Mann und für mich war das einfach selbstverständlich, wenn die Frau Sport treibt, dann kann der Mann auch mal Haushalt machen."
    Dabei gingen durchaus auch viele Männer zum Frauenfußball. Wenn sie sich anfangs auch mehr von den Rundungen der Frauen selbst angezogen fühlten, als von deren Umgang mit dem runden Leder, wie Bärbel Wohlleben erzählt. "Und dann kamen sie einfach an aus Neugierde und wollten mal sehen, was so die Frauen für Tänze vollbringen um den Ball und so weiter, und mit der Zeit waren die bekehrt worden, ein Großteil von denen, weil sie gesehen haben, Frauen können Fußball spielen."
    Der DFB begann erst Ende der 80er Jahre, nach den Erfolgen der Nationalelf, mit einer kontinuierlichen Förderung des Frauen- und Mädchenfußballs. So startete die von vielen erwartete und geforderte Frauen-Bundesliga erst 1990, noch geteilt in eine Nord- und Südgruppe. 1996 wurde dann die eingleisige Spitzenklasse eingeführt. Seither spielen dort zwölf Clubs um Meisterschaft und Abstieg. Hans-Jürgen Tritschoks, später Coach beim 1. FFC Frankfurt, trainierte damals das Team von Grün-Weiß Brauweiler und erklärte. "Wenn wir langfristig nicht stagnieren wollen, dann müssen wir uns Gedanken machen, wie wir diese Strukturen ändern, und diese Strukturen kann man nur ändern, indem man sagt, wir versuchen hier professioneller im Frauenfußball zu arbeiten."
    Aus Freizeitkickerinnen wurden Halbprofis
    Tatsächlich hat sich die Liga - wenn auch zäh und langsam - positiv entwickelt, ist professioneller und ausgeglichener geworden. Aus Freizeitkickerinnen wurden Halbprofis. Und die Stadien präsentieren sich moderner und mediengerechter, was nicht zuletzt auch eine stärkere Fernsehpräsenz zur Folge hat. Die Zahl der Zuschauer ist ebenfalls stetig angestiegen, stagniert in den letzten Jahren allerdings bei durchschnittlich gut 1.000 Besuchern pro Spiel. Wobei einzig die beiden Spitzenclubs Turbine Potsdam und der 1. FFC Frankfurt regelmäßig bei ihren Heimspielen weit über tausend Zuschauer anlocken können. Auch der Boom und Nachhaltigkeitseffekt im Zuge der Weltmeisterschaft 2011, den sich mit vielen anderen auch die ehemalige Nationalspielerin und WM-Botschafterin Sandra Minnert erhofft hatte, ist ausgeblieben.
    "Die Bundesligamannschaften müssen auch noch einiges tun und ich hoffe, dass sie sich ein bisschen was abschauen, auch hier von der WM, in Sachen Sponsoren. Und dass wir das dann mitnehmen."
    Vielen kleinen Vereinen, die noch von ehrenamtlichem Engagement getragen werden, fällt eine Professionalisierung weiterhin schwer. Manch ein Team verzichtete in den letzten Jahren auf den Erstliga-Aufstieg, und einige Clubs, wie etwa die Traditionsvereine SC Bad Neuenahr und FCR Duisburg, mussten Insolvenz anmelden.
    Die Liga, die als stärkste Frauen-Spielklasse der Welt gilt, ist eine Art Drei-Klassen-Gesellschaft. Seit Jahren spielen die immer gleichen drei bis vier Teams die Meisterschaft unter sich aus. Um den Abstieg kämpfen meist die beiden Aufsteiger aus der 2. Bundesliga und ein großes Mittelfeld verharrt im Mittelmaß. Mal schau'n, ob der Liga-Sponsor daran etwas ändern wird.