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Frauenpower im Vatikan
"Wie ein Antivirusprogramm gegen diese Vorurteile"

Die Zahl der weiblichen Bewohner ist im Vatikan überschaubar. Und doch gibt es ungeahnte Frauenpower hinter den Vatikanischen Mauern: Rund vierzig Frauen unterschiedlicher Religion und Nationalität gehören seit 2015 dem Frauenrat der Vatikanischen Kulturbehörde an. Das Gremium soll den Frauen innerhalb des Kirchenstaats mehr Gehör verschaffen.

Von Lisa Weiß | 08.03.2017
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    Im Frauenrat sind Wissenschaftlerinnen, Diplomatinnen, Unternehmerinnen, Schriftstellerinnen und auch Ordensfrauen vertreten. (imago stock&people)
    Frauen, die einen Päpstlichen Rat, also sozusagen ein Ministerium des Vatikans beraten - das war noch vor einigen Jahren für viele völlig undenkbar. Doch seit 2015 ist es soweit: Knapp vierzig Frauen unterschiedlicher Religion und Nationalität unterstützen den Kulturrat des Vatikans.
    Unter ihnen sind Wissenschaftlerinnen, Diplomatinnen, Unternehmerinnen und Schriftstellerinnen. Und die muslimische Theologin Sharazad Houshmand, selbst Mitglied, ist sich sicher:
    "Der Frauenrat ist eine revolutionäre und gesegnete Schöpfung im Inneren des Kulturministeriums."
    Weiblicher Blick auf Kulturrat
    Er entspricht auf jeden Fall der grundsätzlichen Haltung von Papst Franziskus: Unter ihm ist es für Laien - und somit auch für Frauen - leichter geworden, höhere Posten in Behörden oder Kommissionen des Vatikans zu übernehmen - wenigstens in gewissen Bereichen.
    Die Frauenfrage im Vatikan, das sei auch ein wichtiges Thema für ihn, sagt der Präsident des Kulturrats, Kardinal Gianfranco Ravasi. Er hat den Frauenrat schließlich auch ins Leben gerufen.
    "Ich habe ihn nicht als kosmetisches Element gewollt, also nicht als symbolische Präsenz oder als schön anzusehendes Element im Inneren dieses rein männlichen Horizonts. Ich habe ihn gewollt, damit es auf alle Aktivitäten des Kulturrats einen weiblichen Blick gibt."
    Die Frauen gäben Hinweise, die er nie erwarten würde, so Ravasi. Konkreter wird der Kardinal nicht. Dafür aber Frauenratsmitglied Marcella Farina. Sie ist der Meinung: Schon seit Jahrhunderten reagieren Männer immer wieder negativ, wenn Frauen über Macht, Bewusstsein oder Kreativität verfügen.
    Farina, selbst Nonne, schon eine ältere Dame, aber mit einem Faible fürs Internet glaubt: Solche männlichen Reaktionen gebe es auch in der Kirchenwelt.
    "Meiner Meinung nach müssen wir Frauen wie ein Antivirusprogramm gegen diese Vorurteile, gegen diese Mechanismen sein. Denn die Kirche kann sich dann sofort schützen, weil das Antivirus-Programm sich sofort meldet. "
    Noch keine Erfolge - aber zumindest Beteiligung
    Eine gute Idee, doch was macht der Frauenrat eigentlich konkret? Dreimal pro Jahr trifft sich das Gremium - seit mittlerweile fast zwei Jahren. Da sollten doch erste Erfolge erzielt sein. Emma Madigan, Irlands Botschafterin beim Heiligen Stuhl und Mitglied des Frauenrats, profitiert als Botschafterin vor allem von der engen Verbindung in den Vatikan. Und sonst?
    "Wir haben Sport und Menschlichkeit abgehandelt, künstliche Intelligenz und ich würde mehr oder weniger sagen, unsere Sichtweisen werden miteinbezogen. Das heißt, wir führen keinen großen Feldzug für etwas, aber wir sorgen dafür, dass sich das Augenmerk auf ein anderes Element richtet "
    Übersetzt heißt das: Zählbare Ergebnisse gibt es nicht, stattdessen werden die Entscheidungen der Männer im Vatikan subtil beeinflusst - eigentlich entspricht also alles dem alten Klischee vom weiblichen Verhalten.
    Gleichberechtigung noch meilenweit entfernt
    Gut, die Frauen haben beispielsweise jetzt zum Weltfrauentag eine Sonderausgabe der vom Päpstlichen Kulturrat veröffentlichten Reihe "Kulturen und Glauben" erstellt, sie wollen Seminare veranstalten - die Themen sind allerdings noch unklar. Aber die Mitglieder des Frauenrats sind und bleiben optimistisch.
    "Dieser Rat ist mit Sicherheit ein Instrument, mit dessen Hilfe die Kirche eine Kultur der Teilhabe von Frauen entwickelt. Meiner Meinung nach ist der Rat ein Praxis-Beispiel dafür, wie die Kirche neue Wege sucht und entdeckt, mit den Frauen zu sprechen."
    Doch damit steht die katholische Kirche immer noch ziemlich am Anfang und von wahrer Gleichberechtigung ist sie sowieso noch meilenweit entfernt. Das dürfte auch der Frauenrat so schnell nicht ändern können.