Donnerstag, 28. März 2024

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Frauenweihe
Wo ein Wille ist, ist auch eine Weihe

Franziskus will prüfen lassen, ob eine Diakoninnenweihe möglich ist. Das heißt nicht, dass am Ende die Weihe tatsächlich kommt, aber immerhin werden Argumente dafür ernsthaft geprüft. Es ist ein kleiner Schritt, aber so weit ist bisher kein Papst gegangen.

Christiane Florin im Gespräch mit Susanne Fritz | 13.05.2016
    Der Papst lächelt im weißen Gewand und mit umgehängter Kreuzkette vor einer weißen Wand in die Kamera.
    Papst Franziskus macht Frauen in der katholischen Kirche Hoffnung: Er will eine Kommission einsetzen, die prüft, ob Frauen Diakoninnen werden können. (picture alliance/ dpa/)
    Susanne Fritz: Franziskus hat mit seiner Ankündigung auch in den Medien für Schlagzeilen gesorgt. "Kann eine Frau bald Papst werden?", fragte gestern schon ein Boulevardblatt. Das ist zwar etwas voreilig, aber immerhin hat der Papst die Frage der Frauenweihe zur Chefsache gemacht, auch wenn die Priester- und Bischofsweihe für Frauen noch kein Thema ist. Dazu begrüße ich jetzt hier im Studio meine Kollegin Christiane Florin. Reden wir bei der Ankündigung des Papstes tatsächlich über etwas Neues in der katholischen Kirche?
    Christiane Florin: Die Idee einer Diakoninnen-Weihe ventilieren Reformgruppen schon seit Jahrzehnten. Neu ist aber, dass ein Papst eine Diskussion regelrecht anordnet, dass er eine offene Debatte zulässt. Das heißt noch lange nicht, dass der Diakonat der Frau auch tatsächlich eingeführt wird. Es heißt aber, dass man zumindest Argumente prüft, die dafür sprechen könnten. Und das haben die Vorgänger, Benedikt XVI., Johannes Paul II. ganz bestimmt nicht gemacht. Franziskus hat schon im vergangenen Jahr einen Frauenrat gegründet. Seitdem hat man davon nichts mehr gehört. Insofern war das gestern tatsächlich überraschend, was er vor diesen Ordensfrauen gesagt hat. Und zwar nicht nur überraschend für die Öffentlichkeit, sondern es dürfte auch für den Vatikan überraschend gewesen sein. Das ist ja bei diesem Papst häufiger so.
    Fritz: Warum tut sich die katholische Kirche so schwer mit den Frauen?
    Florin: Gute Frage. Jesus hat sich ja komischerweise mit Frauen nicht schwer getan. Die Frauen haben bis zum Schluss unterm Kreuz ausgehalten, die Männer sind weggelaufen. Dafür haben die Männer das Weiheamt bekommen und die Frauen das Ehrenamt. Mit ehrenamtlich arbeitenden Frauen tut sich die katholische Kirche auch nicht schwer. Aber sie tut sich schwer damit, Frauen Macht zu geben, Entscheidungsbefugnisse zu geben. Ich glaube, das hat auch psychologische Gründe. In einem Männerbund ist es einfach so, dass die Frauen als die Verführerinnen gelten. Die sind irgendwie etwas Gefährliches, die haben eine subtile Macht und da will man ihnen nicht auch noch ein Amt geben. Fairerweise muss man sagen, dass es kein katholisches Alleinstellungsmerkmal ist. Religionen sind patriarchalisch – das sieht man in anderen Religionen auch. Auch die evangelische Kirche hat eine Weile gebraucht, bis Frauen dort ordiniert wurden. Ende der 50er fing das an und in manchen Landeskirchen hat das wesentlich länger gedauert.
    Fritz: Führt das zu Konflikten innerhalb der Kirche, dass Frauen als etwas herabgesetzt wahrgenommen werden?
    Florin: Ja, natürlich. Dieses ganze Thema Frauenweihe war bisher ein vermintes Gelände. Wer etwas in der Kirche werden wollte als Theologe oder als Priester, der war gut beraten sich nicht positiv zur Frauenweihe zu äußern. Der Präfekt der Glaubenskongregation hat mehrfach gesagt, eine Diakoninnen-Weihe gibt es nicht, weil die Ämter Diakon, Priester, Bischof, zusammenhängen. Und wenn man an unten anfängt, dann muss man irgendwann auch Bischöfinnen weihen. Kurienerzbischof Gänswein hat gesagt, Frauenweihe sei Verrat an Jesus. Da gibt es eine ganz starke, zumindest lautstarke Fraktion, die dagegen ist. Die Hauptbegründung ist, dass der Amtsinhaber sozusagen Jesus vertritt, und Jesus nun mal ein Mann war. Und oft wird auch angeführt, dass beim Abendmahl nur Männer dabei waren. Und die Priesterweihe basiert theologisch auch auf dem Abendmahl.
    Fritz: Katholikinnen beklagen den Ausschluss der Frauen von den Weiheämtern ja schon länger als diskriminierend. Welche Argumente lassen sich für die Diakoninnen-Weihe finden?
    Florin: Wichtig ist, dass es nicht nur pragmatische Argumente sind, dass es nicht das Hauptargument ist: Wir haben Priestermangel und – salopp gesagt – wenn die Jungs dann eben nicht wollen, dann sollen die Mädels ran. Dieses Pragmatische allein reicht nicht, sondern es muss theologische Argumente geben. In der katholischen Kirche, die immerhin ein Traditionsbetrieb ist, ist es immer ein ganz gutes Argument zu sagen: Das hat es doch früher schon gegeben. Das hat Franziskus ja auch so gesagt. Er wolle prüfen lassen, wie sich das eigentlich mit den Diakoninnen früher verhalten habe. Da gibt es unterschiedliche Ansichten. In der Ostkirche gab es Diakoninnen – das ist gesichert. Deren Rolle in der Westkirche ist nicht so ganz eindeutig zu bestimmen. Die Frage ist auch, dürften die Frauen dasselbe wie männliche Diakone. Früher war ja auch für Männer das Diakonat eigentlich nur die Vorstufe zum Priesteramt. Das hat sich erst durch das Zweite Vatikanische Konzil vor 50 Jahren geändert. Seit dem gibt es die sogenannten ständigen Diakone, also eigenständige Diakone, die auch eine ganze Menge dürfen, predigen, Taufen spenden, aber nicht die Wandlung vornehmen. Das ist der entscheidende Unterschied. Und – vielleicht nicht ganz unwesentlich – Ständige Diakone dürfen verheiratet sein. Ich glaube aber, man muss das theologische Argument trotzdem nicht alleine darauf stützen, was es so schon mal gab. Das ist eigentlich auch sehr schwach, denn die Unfehlbarkeit des Papstes, die gab es ja auch nicht und die ist dann auch eingeführt worden. Ich glaube, man braucht schon eine Antwort darauf, warum eigentlich das Geschlecht bei der Berufung eine so große Rolle spielt. Eine Frage, die auch Sabine Demel, Theologin aus Regenburg, immer wieder aufwirft. Ich glaube, wo ein Wille ist, ist auch eine Weihe.