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Frauke Petry
"Die AfD ist eine gesamtdeutsche Partei"

Zweitstärkste Kraft in Sachsen-Anhalt und zweistellige Ergebnisse für die rechtspopulistische AfD in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg: Die Ergebnisse bei den Landtagswahlen hätten gezeigt, dass Bürger in allen Regionen Deutschlands einen Politikwechsel wollten, sagte die Vorsitzende Frauke Petry im DLF.

Frauke Petry im Gespräch mit Sandra Schulz | 14.03.2016
    Die AfD-Vrositzende Frauke Petry spricht am Abend der Landtagswahlen in eine Mikrofon
    Die AfD-Vrositzende Frauke Petry am Abend der Landtagswahlen (imago stock and people / Pacific Press Agency)
    Als "überraschend gut" bezeichnete Petry die Ergebnisse in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Man wolle dort und auch im Landtag von Sachsen-Anhalt zunächst als Oppositionskraft arbeiten. Für die Übernahme von Regierungsverantwortung sei es noch zu früh. Insgesamt freue man sich aber über die "grandiosen" Ergebnisse in den Bundesländern: "Das sagt etwas darüber aus, dass die AfD eine gesamtdeutsche Partei ist", so Petry. Die Vorsitzende betonte zudem, dass die Partei auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehe.
    Dass das starke Abschneiden der AfD in Sachsen-Anhalt ihren parteiinternen Konkurrenten Björn Höcke stärken könnte, sieht Petry nicht. Sachsen-Anhalt sei ein "sehr, sehr kleines Bundesland". Die Frage nach einem Machtkampf in der AfD stelle sich nicht. Der thüringische Parteichef Höcke gilt als wichtiger Unterstützer des AfD-Spitzenkandidaten in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg. Beide werden dem rechtsnationalen Flügel der Partei zugerechnet. Höcke hatte wegen umstrittener rechtspopulistischer Äußerungen die Kritik des Bundesvorstands auf sich gezogen.

    Das Interview in voller Länge:
    Sandra Schulz: Das gehört schon fast zur Folklore nach Wahlen, die Interpretationen, wer Sieger ist und wer Verlierer, und auch, dass sie ganz unterschiedlich ausfallen. Aber in zwei Punkten sind sich nach den drei wichtigen Landtagswahlen von gestern alle einig: Winfried Kretschmann hat einen historischen Wahlerfolg geschafft und die Alternative für Deutschland, die hat triumphiert. In Sachsen-Anhalt wird sie mit gut 24 Prozent zweitstärkste Kraft, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz schafft sie zweistellige Ergebnisse, ist allerdings eine Partei, mit der niemand koalieren will. Was folgt aus dieser Ausgangslage? Das wollen wir in den nächsten Minuten besprechen. Am Telefon begrüße ich die Vorsitzende der Alternative für Deutschland, Frauke Petry. Guten Morgen.
    Frauke Petry: Guten Morgen, Frau Schulz.
    "Wir wollen natürlich auch irgendwann regierungsfähig werden"
    Schulz: Ist mit den Wahlergebnissen von gestern jetzt der Machtkampf in Ihrer Partei entschieden?
    Petry: Nein, es geht hier gar nicht um Machtkampf. Wir wollen innerhalb der AfD gemeinsam nach vorne gehen. Wir wollen in den Landtagen als Oppositionskraft arbeiten. Das war immer unser gemeinsames Ziel. Und wir wollen natürlich auch irgendwann regierungsfähig werden, aber dafür ist es aktuell noch zu früh. Wir haben gestern Abend ganz eindrucksvoll beweisen können, dass die Bürger eine Alternative wollen, dass sie mit den Antworten der etablierten Parteien, allen voran den großen, ehemals großen Volksparteien, komplett unzufrieden sind.
    Schulz: André Poggenburg, der gehört zum rechtsnationalen Flügel Ihrer Partei, ist ein ganz enger Verbündeter von Björn Höcke aus Thüringen, und der fährt nun ausgerechnet doppelt so viele Prozentpunkte ein wie die Kollegen oder Mitstreiter im Westen. Ist damit nicht ganz klar festgelegt, wer in Ihrer Partei das Sagen hat?
    Petry: Sachsen-Anhalt ist ein sehr, sehr kleines Bundesland und dass wir ausgerechnet in Baden-Württemberg und auch in Rheinland-Pfalz für uns so überraschend gute Ergebnisse einfahren konnten, das sagt etwas darüber aus, dass die AfD eine gesamtdeutsche Partei ist und dass Bürger in allen Regionen Deutschlands einen Politikwechsel wollen. Das zeigt diese Wahl und wir freuen uns mit jedem der drei Landesverbände über ihre grandiosen Ergebnisse.
    "Inhaltlicher Streit gehört dazu"
    Schulz: Aber Sie hatten ja ganz schroffe Auseinandersetzungen auch speziell mit Björn Höcke, der wie gesagt engstens zusammenarbeitet mit André Poggenburg. Wie wollen Sie sich denn gegen den jetzt durchsetzen mit einem Ergebnis weit über 20 Prozent?
    Petry: Frau Schulz, vielleicht sollten wir anfangen - und das ist leider sinnbildlich für die letzten Monate -, einmal tatsächlich über die Machtverhältnisse in der AfD zu sprechen, wie die sind, und da gibt es große und kleine Landesverbände und da gibt es Akteure, die in der Partei wichtig sind. Am Ende entscheidet der Bundesvorstand, was passiert. Mit allen arbeiten wir zusammen und inhaltlicher Streit gehört dazu. Ich wünschte mir, die anderen Parteien würden auch wieder einmal im Kern mehr streiten, dass zumindest eine Diskussion sichtbar wäre. Was das Land lähmt ist, dass wir zu vielen Politikfeldern keine Diskussion, keine Kontroverse hatten, und das Ergebnis haben die anderen Parteien gestern bekommen.
    Schulz: Aber dass der Bundesvorstand das letzte Wort hat, das haben speziell Sie ja schmerzlich zu spüren bekommen, als Sie Sanktionen durchsetzen wollten gegen Björn Höcke, als er gesprochen hat von dem lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstypus. Da sind Sie ja krachend gescheitert.
    Petry: Abgesehen davon, dass das nicht wahr ist, Frau Schulz, wissen Sie, reden wir wieder einmal nur im Deutschlandfunk nicht über die politischen Inhalte der AfD, sondern immer nur über einzelne Personen.
    Schulz: Inwiefern ist das nicht wahr? Hat es die Sanktionen, die Sie angestrebt haben, denn gegeben?
    Petry: Frau Schulz, noch mal: Wollen Sie mit mir über die Inhalte der AfD sprechen, die für die Bürger interessant sind, oder wollen wir über Einzelpersonen sprechen, die in der Partei keine große Machtbasis haben? Ich glaube, wir sollten endlich zu den Inhalten zurückkehren und die Etiketten mal außen vor lassen. Das ist die Fortsetzung dessen, was wir im Wahlkampf erlebt haben. Damit können wir doch nun endlich aufhören.
    Schulz: Frau Petry, ich habe darauf reagiert, dass Sie mir unterstellen, ich würde hier Unwahres verbreiten. Das ist ein sehr schroffer Vorwurf in einem Interview und deswegen möchte ich jetzt gerne noch mal wissen, was daran unwahr ist, wenn ich sage, Sie haben sich mit Ihrem Wunsch, Björn Höcke zu sanktionieren, nicht durchgesetzt.
    Petry: Wir haben einen ganz klaren einstimmigen Beschluss gefasst im Dezember, wo wir gesagt haben, was wir von solchen Äußerungen halten. Das war ein voller Erfolg, weil wir nämlich alle einer Meinung waren. Das habe ich Ihnen so gesagt, korrigiert, und ich habe es zum ich weiß nicht wievielten Mal von Journalisten gehört. Ich wünschte mir, dass das von vornherein besser recherchiert würde. Außerdem muss es für Sie doch wie für die Hörer viel interessanter sein, was die AfD will, anstelle immer wieder Einzelpersonen herauszuzitieren, die für die Bürger gar nicht so interessant sind.
    "AfD steht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung"
    Schulz: Was Sie wollen und auch wie Sie positioniert sind, und da frage ich mich, mit welcher Positionierung Sie in den Bundestagswahlkampf gehen wollen, auf den Sie jetzt verschärft blicken. Werden Sie als eine Partei antreten, die auf dem Boden des Grundgesetzes ist?
    Petry: Ja. Frau Schulz, schauen Sie, die AfD steht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Sie ist eine demokratische Partei, auch wenn das Herr Kretschmann gestern Abend in der Diskussion offenbar nicht zu sagen wusste. Wir haben neben den Themen von Eurokritik, EU-Kritik große Themen angepackt und werden die auf dem Programmparteitag verabschieden wie eine neue Familienpolitik, Vorschläge zur Energiepolitik, Vorschläge zur Steuerreform, und natürlich werden wir uns auch weiterhin mit Themen oder mit Fragen der Migrationspolitik befassen müssen, weil das das drängendste Thema in Deutschland ist und alle Parteien sich damit befassen müssen.
    Schulz: Wenn Sie auf dem Boden des Grundgesetzes agieren wollen, warum dann Ihre Äußerungen und die Äußerungen von Beatrix von Storch über den Schusswaffengebrauch an der Grenze?
    Petry: Sie kennen genau die Grenzsituation. Sie wissen, dass Deutschland seine Grenzen nicht kontrolliert. Ich habe mich zur Rechtslage in Deutschland geäußert und wir haben immer auf dem Boden des Grundgesetzes agiert. Frau Schulz, das wissen Sie auch.
    Schulz: Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry heute hier in den "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk. Ganz herzlichen Dank für das Interview.
    Schulz: Ihnen auch, Frau Schulz.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.