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Freiwillige gründen Raumfahrtagentur

Raumfahrt. - Afrikas Länder gelten als Nachzügler in Sachen Weltraumforschung. Nur die wohlhabenderen Staaten wie Nigeria, Südafrika und Kenia haben bereits eine Raumfahrtagentur. In Uganda haben sich Freiwillige zusammengeschlossen, um sich den Weg zur Umlaufbahn zu ebnen. Die erste Mission soll in die Stratosphäre gehen.

Von Simone Schlindwein | 02.02.2012
    In einem Garten zwischen kleinen Backsteinhäuschen in Ugandas Hauptstadt Kampala steht ein seltsames Gefährt. Es ähnelt einem kleinen Flugzeug, doch es hat keine Propeller und auch kein Fahrgestell. Rund ein Dutzend Männer polieren mit Schmirgelpapier die Oberfläche der Flügel glatt, um sie lackieren zu können. Chris Nsamba steht neben dem Fluggerät mit seinen rund 10 Metern Spannweite und begutachtet die Arbeit. Der 27-jährige Ugander weiß: Jede Unebenheit, jede Ungenauigkeit kann ihn als Pilot das Leben kosten. Denn Nsamba will mit diesem geflügelten Gefährt bis in die Stratosphäre empor steigen. Ein Trägerflugzeug soll es in zehn Kilometer Höhe bringen. Dort wird es ausgeklinkt und von Raketen-Triebwerken weiter nach oben getragen. Die Landung wird im Gleitfug stattfinden. Schließlich will er wie ein Amphibienflugzeug auf dem Victoria-See aufsetzen, erklärt Nsamba.

    "Was Sie hier sehen, ist ein Raketenflieger. Wir bauen daran seit knapp zwei Jahren. Ziel der Mission ist es, Meteoriten zu orten, die in die Atmosphäre eindringen. Das Gefährt kann zwei Menschen an Bord nehmen, den Piloten, der das Flugzeug steuert, und den Co-Piloten, der die Meteoriten ortet und vermisst und deren Flugbahn ausrechnet. Wir haben im vergangenen Mai einen Prototyp getestet, damit bin ich bis an den Rand der Troposphäre geflogen. Das hat uns bestätigt, dass die Technologie funktioniert. Dieser Flieger hier soll uns bis auf eine Höhe von 45.000 Fuß bringen."

    Das sind knapp 14 Kilometer Höhe, also bis in die Stratosphäre. Der Testflug soll noch dieses Jahr stattfinden. Gelingt er, will Nsamba ein Gefährt bauen, das letztlich auch das Weltall erreicht. Der Traum von der Schwerelosigkeit verfolgt den jungen Flugingenieur und gelernten Piloten schon seit seiner Kindheit. Der Ugander ist in Texas in den USA aufgewachsen und kannte dort Leute, die bei der Nasa arbeiteten. Schon mit 13 bastelte er seine erste Rakete. Während seines Studiums konstruierte er sein erstes Flugzeug, das er selbst testete. Als Nsamba nach seinem Studienabschluss in seine Heimat zurückkehrte, entschied er, eine ugandische Raumfahrtagentur zu gründen.

    "Die Raumfahrtagentur hat mittlerweile 632 Mitglieder. Diese Mitglieder finanzieren das Projekt mit Beiträgen und Spenden. Wir bekommen auch Spenden aus den USA. Wir haben am Anfang Werbung im Radio und Fernsehen geschaltet, um Leute anzulocken, bei uns mitzumachen. Das hat gut geklappt. Diese Männer, die hier an dem Fluggerät arbeiten, sind alles Mitglieder und arbeiten freiwillig und ohne Bezahlung."

    Einer der Arbeiter ist Nixon Lugenke. Der 25-Jährige ist gelernter Drucker. Doch auch er träumt seit seiner Kindheit vom Flug in den Weltraum.

    "Die Initiatoren des Projekts weckten mein Interesse. Sie sind Piloten und Ingenieure. Diese private Raumfahrtagentur kann ein gutes Erbe sein für unsere Nachfahren in Uganda. Und wir machen den Anfang, das ist doch toll! Auch wenn uns manche Leute für verrückt erklären. Ich will Astronaut werden und hier lerne ich, wie das geht."

    Doch bei allem guten Willen und Träumen – das größte Problem der Raumfahrtbegeisterten ist die Finanzierung. Knapp 90.000 Dollar haben sie über Spenden gesammelt. Doch das reicht bei weitem nicht. Jetzt hat überraschenderweise Präsident Yoweri Museveni weitere 90.000 Dollar zugesagt. Nsamba hofft, damit die Hürden zu bewältigen, die noch vor ihm liegen.

    "Es gibt noch viele Herausforderungen. Wir müssen noch Präzisionsarbeit leisten, um jede kleine Kante und jede Fuge zu glätten, die wir an dem Gleiter finden können. Dann müssen wir es schaffen, die Bauteile durch den Zoll zu bekommen, die wir in Amerika bestellt haben: Das Antriebsaggregat, das Fahrgestell, die Avionik. Doch das größte Problem wird es, die Präsidenten Ostafrikas über unser Projekt aufzuklären. Denn wenn wir durch deren Luftraum fliegen, dann könnte man den Gleiter auch für eine Rakete halten und denken, wir sind Terroristen."