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Freundschaftsspiel

2006 haben zwei junge Filmemacher einen kuriosen Feldversuch gewagt. Sie initiierten ein Freundschaftsspiel zwischen einer Berliner Mädchenbezirksmannschaft und der iranischen Frauen-Nationalmannschaft in Teheran. Ein Film, der in dieser Woche anläuft, dokumentiert dieses Spiel und zeigt: Es ist mancherlei möglich, wenn man das unmögliche zu denken wagt.

Von Josef Schnelle | 23.04.2008
    Ein guter Dokumentarfilm muss vor allem eines haben: eine gute Idee, besser ist aber wenn er auf einer verrückten Idee basiert. Dokumentarfilme sind jedoch immer auch Untersuchungen der Wirklichkeit. Vor dem Film "Football under cover" hat zum Beispiel bestimmt niemand gewusst, dass es im Iran eine Frauennationalmannschaft der Fußballerinnen gibt. Sie darf nur in der Halle trainieren, hat noch nie gegen eine andere Mannschaft trainiert, selbst Zuschauerinnen haben die Sportlerinnen bei ihren Spielen nicht. Auf der Suche nach einer guten Filmidee haben sich Ayat Najafi und David Assmann nun ausgedacht, den BSV Al-Dersimspor aus Berlin gegen diese Mannschaft antreten zu lassen. Das ist die Idee von Marlene gewesen, Davids Assmanns Schwester, die in dem Kreuzberger Bezirksverein mitspielt und eine der Hauptfiguren ist. Es handelt sich also um einen Film über ein Ereignis, dass ohne die Idee, diesen Film zu machen, nie stattgefunden hätte. Dokufiktion, gestaltete Realität, beobachtender Feldversuch? Im April 2006 hat jedenfalls nach fast einem Jahr Vorbereitung dieses Spiel tatsächlich stattgefunden, vor 1000 begeisterten Frauen, die das Spiel zur Selbstfeier und zu einer politischen Demonstration nutzten. Die Sprechchöre sind deftig wie in jedem Fußballstadion - iranische Frauenpower.

    Die Männer mussten draußen bleiben. Die umgekehrte Situation zu dem iranischen Spielfilm "Offside" aus dem Jahr 2005, bei dem die Frauen nicht zum Spiel der Männernationalmannschaft dürfen und draußen vor dem Stadion protestieren. Also doch Politik, nicht einfach Fußball, die schönste Nebensache der Welt. Das müssen die kleinen Heldinnen dieses Dokumentarfilms mühsam lernen. Die bürokratische Stolpersteine, die der Mannschaft in den Weg gelegt werden, sind mindestens so zahlreich wie die Schwierigkeiten, das auch filmisch zu dokumentieren. Das Ereignis entsteht ja parallel zu den Produktionsphasen des Films. Irgendwann steht für die Mädchen aus Kreuzberg verschiedener Herkunft tatsächlich die Reise in den Iran an. Die Sicherheitshinweise des Bundesaußenministeriums werden verlesen. Da kann man ja nie lüften wird ein Mädchen am Ende verlegen kommentieren.

    "Football under cover" ist ästhetisch kein besonders anspruchsvoller Film. Mit kleiner Digitalkamera gedreht und oft auf Zufälle angewiesen, damit man überhaupt drehen konnte, ist der Film doch ein bewegendes Dokument. Es ist ein politischer Film, der zeigt, wie viel Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie doch in der iranischen Gesellschaft vorhanden ist. Aber auch, wie viele Vorurteile überwunden werden müssen, damit ein schlichtes Fußballspiel zu Stande kommen kann. Das Spiel endete wie jedes gute Freundschaftsspiel 2:2. Das Rückspiel in Berlin-Kreuzberg kam bisher nicht zu Stande.