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Friedrich Fröbel
Der Vater des Kindergartens

Vor 175 Jahren gründete Friedrich Fröbel den ersten deutschen Kindergarten. Inzwischen gibt es kaum noch eine Stadt, in der nicht ein Kindergarten oder zumindest eine Straße nach ihm benannt ist. Geboren wurde Friedrich Fröbel in dem beschaulichen Örtchen Oberweißbach im Thüringer Wald.

Von Iris Milde | 28.06.2015
    Bad Blankenburg (Thüringen): Auf Spaziergang gehen am 30.01.2001 die Knirpse der "Käfergruppe" aus dem Kindergarten "Fröbel-Haus" im thüringischen Bad Blankenburg. Der älteste Kindergarten der Welt war 1840 von dem Pädagogen Friedrich Fröbel (1782-1852) in Bad Blankenburg als "Spiel- und Beschäftigungsanstalt" gegründet worden.
    Der Kindergarten "Fröbel-Haus" im thüringischen Bad Blankenburg ist der älteste Kindergarten der Welt. (picture alliance / ZB / Jan-Peter Kasper)
    Die schönste Weg nach Oberweißbach führt nicht über die Straße, sondern über die Schiene. Der Zugführer im blauen Arbeitskittel wienert noch schnell das Fahrgestell des historischen Triebwagens. Dann springt er in die Führerkabine und los geht's mit der Schuckelpartie durch das malerische Schwarzatal. An der Talstation klettern die Fahrgäste in den offenen Wagen der Bergbahn. Und während bei strahlendem Sonnenschein die dunklen Fichten des Thüringer Waldes rechts und links vorbeiziehen, unterhält Zugbegleiterin Annett Selmikat die Mitfahrenden.
    "Insgesamt ist unsere Strecke 1380 Meter lang. Wir überwinden einen Höhenunterschied von 323 Metern und die Fahrtzeit beträgt 15 Minuten. Ein langes Seil, an jedem Ende von dem Seil hängt eine Bahn."
    Die Oberweißbacher Standseilbahn verfügt über eine Steigung von 25 Prozent. 1922 wurde sie gebaut, um die abgelegenen Orte auf dem Hochplateau des Thüringer Waldes an das Schwarzatal anzubinden. So auch Oberweißbach.
    "Er hat eine schlimme Kindheit erlebt"
    Der Ort erhielt 1932 das Stadtrecht. Doch statt munterem Treiben herrscht in dem 1800-Seelen-Ort Dorfidylle. Kleine Schieferhäuser säumen die Hauptstraße. In einem wunderschönem Fachwerkhaus in der Dorfmitte wohnte früher die Pfarrersfamilie.
    "Also das ist das Geburtshaus Friedrich Fröbels. Es ist über 400 Jahre alt. Und Fröbels Vater war ja der Pfarrer."
    Am 21. April 1782 erblickte Friedrich Fröbel hier das Licht der Welt. Heute beherbergt das Haus ein kleines, aber feines Museum, durch das Gerd Eberhardt nach fast 20 Jahren immer noch mit spürbarer Begeisterung führt.
    "Er hat hier eine schlimme Kindheit erlebt. Seine Mutter war kurz nach der Geburt verstorben, es kam eine Stiefmutter, wie man sie aus dem Märchenbuch kennt."
    Und auch mit dem streng gläubigen Vater war nicht immer gut Kirschenessen.
    "Der kleine Friedrich Fröbel musste selbst im tiefen Winter in der Sakristei in der Kirche auf der Bank sitzen, musste dem Vater bei der Predigt zuhören und er hat ihn anschließend abgefragt. Sein Onkel hat ihn aber dann, als er zehn Jahre alt war, hier herausgeholt, weil er ihn fördern wollte. Er merkte, dass das ein besonderer Junge ist. Ja, und da ist er seinen Weg gegangen, letztendlich bis zum Kindergärtner Friedrich Fröbel."
    Büste von Friedrich Fröbel
    Büste des Pädagogen Friedrich Fröbels im Fröbelmuseum im thüringischen Bad Blankenburg. (picture alliance / dpa / Foto: Jan-Peter Kasper)
    Fröbel entwickelte ein Erziehungsmodell, das sich grundsätzlich von dem unterschied, was er als Kind selbst erlebt hatte und das ihn weltberühmt machte.
    "Fröbel sagte, ein kleines Kind ist wie ein Samenkorn. Es sind alle Anlagen vorhanden. Man muss nur dafür sorgen, dass dieses Samenkorn, sprich dieses Kind, wachsen, aufgehen und gedeihen kann, aber immer gehütet und gepflegt und in die richtige Richtung gelenkt von dem Gärtner."
    1940 gründete Fröbel den ersten "Allgemeinen Deutschen Kindergarten" im nahen Bad Blankenburg. Die antiken Möbel in der ehemaligen Wohnstube der Fröbels sind prall gefüllt mit Spielzeug, das Fröbel für seine Kinder erfunden hat.
    "Fröbel sagte, wir müssen altersadäquates Spielzeug entwickeln. Das erste, womit sich ein Baby so befasst, ist der Ball oder die Kugel. Ein kleines Kind rollt und wuselt mit dem Ball wie eine Katze mit dem Wollknäuel. Und dann merken Sie: Aha, das ist ja etwas ganz anderes als das hier. Er fügte zur Kugel die Walze und den Würfel hinzu."
    Aus einfachsten Formen und Materialien können kleine Fantasiewelten entstehen.
    Handel mit Olitäten
    Zu Fröbels Zeiten war Oberweißbach nicht etwa ein unbedeutendes Bergdorf. Damals blühte hier der Olitätenhandel.
    "Es ist ein Sammelbegriff für Naturheilmittel: Balsame, Tinkturen, Pillen, Pflaster, aber auch die Schnäpse gehörten dazu. Denn auch unsere Vorfahren wussten schon: Nur gesund ist ungesund. Also Sammelbegriff Olitäten, abgeleitet von "olium", das Öl."
    Von der Decke im Olitätenstübchen hängen getrocknete Kräutersträuße. In Vitrinen liegen Mörser, Tonkrüge, Rezeptbüchlein sowie winzige Spanschachteln und Fläschchen. Es duftet nach Gewürzen.
    "Es gab drei große Berufe, die Kräuterfrauen, die haben die Kräuter gesammelt. Die Laboranten haben die Olitäten hergestellt. Und die Buckelapotheker - Buckelapotheker nicht weil sie einen Buckel hatten, sondern weil sie es auf dem Rücken getragen haben - haben diese Olitäten verkauft."
    "Das Arbeitsgerät der Buckelapotheker war das „Reff", ein hohes Holzgestell, das sie auf dem Rücken trugen. Jeder Buckelapotheker hatte seine Route, den sogenannten Strich."
    "Sie sind bis nach Polen, Frankreich, Ungarn, Dänemark gelaufen und haben diese Waren vertrieben! Aber wenn 800 Buckelapotheker unterwegs sind, da muss man bisschen Ordnung reinbringen, sonst gibt's Krieg. Im ursprünglichen Wortsinn verkauft man auf einem Strich etwas."
    Der Olitätenhandel war ein einträgliches Geschäft. Ganze Fässer voll Geld sollen die fahrenden Apotheker zurück in den Thüringer Wald gebuckelt haben. Dieser Wohlstand erlaubte es den Oberweißbachern, eine stattliche Kirche zu bauen. Der gelbe Barockbau auf einer Anhöhe gegenüber dem Pfarrhaus gilt als größte Dorfkirche Thüringens.