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Friedrich Fröbel
Der älteste Kindergarten der Welt

Vor 175 Jahren eröffnete der Pädagoge Friedrich Fröbel im thüringischen Bad Blankenburg den ersten Kindergarten der Welt. Die dort entwickelten pädagogischen Konzepte wurden ein Exportschlager. Noch heute sind sie in Bad Blankenburg Grundlage der Kindererziehung.

Von Bernhard Henry | 26.06.2015
    Bad Blankenburg (Thüringen): Auf Spaziergang gehen am 30.01.2001 die Knirpse der "Käfergruppe" aus dem Kindergarten "Fröbel-Haus" im thüringischen Bad Blankenburg. Der älteste Kindergarten der Welt war 1840 von dem Pädagogen Friedrich Fröbel (1782-1852) in Bad Blankenburg als "Spiel- und Beschäftigungsanstalt" gegründet worden.
    Die "Käfergruppe" aus dem Kindergarten "Fröbel-Haus" im thüringischen Bad Blankenburg erkundet die Umgebung (picture alliance / ZB / Jan-Peter Kasper)
    Die Sonnengruppe des Fröbel-Kindergartens in Bad Blankenburg beim Morgenkreis. Marion Kretzschmar stellt den Tagesplan vor. Flechten ist im Angebot. Ein paar Mädchen und ein Junge machen mit, die anderen verschwinden in der Bauecke oder in der Puppenwohnung.
    "So, Jasmin, wenn du so was machen willst, musst du dir Streifen schneiden."
    Jasmin und Charlotte ziehen Papierstreifen mit einer Flechtnadel durch ein Flechtblatt, sodass bunte Muster entstehen. "Das heißt flechten", sagt Jasmin, "wie bei den Haaren, nur eben auf Papier. Das ist aber fast so wie Haare. Und wie lange gibt es schon das hier mit dem, was ich hier mache?" Marion Kretzschmar erklärt es ihr: "Das gibt's schon so lange, wie der Friedrich Fröbel den Kindergarten erfunden hat." - "Cool!" - "Aber das, was du jetzt machst, das hat der Friedrich Fröbel erst mal den ganzen Kindergärtnerinnen gezeigt. Die mussten das erst bei dem Friedrich Fröbel lernen; und dann haben die das wieder den Kindern gelernt."
    Museum erinnert heute an den Pädagogen
    Die Prinzipien der fröbelschen Pädagogik gelten heute an vielen Kindergärten weltweit. Aber die ursprünglichen Ideen hat Johann Fröbel erstmals hier in Blankenburg verwirklicht, wo er vor 175 Jahren den ersten Kindergarten eröffnete. In dem Gebäude erinnert seit 1982 ein Museum an den Pädagogen. Margitta Rockstein leitet das Haus:
    "Das Kind soll weder schon beschult werden noch Industrietechniken durchführen, sondern er ist der Meinung: Das kleine Kind sollte spielen. Und er entwickelt dann Spiele, mit denen das Kind lernen und wachsen kann. Der Kindergarten ist ein Bildungsort, also keine Bewahranstalt."
    Im Fröbel-Museum sind die sogenannten Spiele-Gaben aufgereiht, die Kinder ganz nebenbei im Spiel die Welt verstehen und begreifen lassen sollen. Einfache Formen wie Kugel, Würfel, Kegel, Flechtspiele, sagt Margitta Rockstein:
    "Es geht um Feinmotorik. Wir wissen heute, dass Kinder das oft nicht schaffen; die werden dann in die Ergotherapie geschickt. Das entwickelt eine gute Kindergärtnerin mit im Tagesablauf! Und die Kinder lernen dabei zählen. Und es entsteht ein Muster - wir definieren heute Mathematik als Wissenschaft von Mustern! Wie einfach wäre das mit diesen fröbelschen Materialien, den Bildungsplan auch umzusetzen!?"
    Eine Idee geht um die Welt
    Fröbels Kindergarten musste zwar 1845 nach vier Jahren erst einmal wieder schließen, da die Finanzierung scheiterte, aber die Idee war in der Welt und verbreitete sich schnell. Friedrich Fröbel bildete Kindergärtnerinnen aus, die demokratisch über alle Klassen hinweg alle Kinder über das Spiel bilden sollten.
    "So, und jetzt darf jeder von euch die Würfel oder Ziegel in zwei gleich große Mengen teilen. Zwei Hälften! Der Niklas ist schon fertig, bei dem ging das ganz schnell."
    Jedes Kind in Marion Kretzschmars Bienen-Gruppe hat die dritte Spielegabe, eine kleine Holzschachtel mit Würfeln darin, vor sich.
    "Und jeder hat zwei Hälften gebildet. Und in jeder Hälfte sind jetzt wie viele Rechtecke oder Würfel?" - "Vier!", rufen die Kinder. "Genau! Und das bedeutet: Zwei mal vier Würfel sind ...?" - "Acht."
    Margitta Rockstein: "Hier die dritte Spielgabe, acht Würfel, die gilt ihm sozusagen als Schlüssel zu seinem gesamten Spielgabensystem."
    Marion Kretzschmar: "Und jetzt schieben wir wieder alle acht zusammen, so wie sie aus dem Kasten rausgekommen sind. Die untere Schicht liegt in der Mitte vom Tablett, und außen herum könnt ihr jetzt die andere Schicht zerteilen und damit ein Muster legen."
    Aus den überall gleichen Würfeln entsteht nun auf jedem Tablett ein anderes Muster, andere Konstruktionen. Marion Kretzschmar:
    "Also, das Erste war ersichtlich Mathematik. Und das Zweite, das ist schon eher was, was in Richtung Architektur geht, mit Gleichmäßigkeit und Symmetrie. Also, das hat der Friedrich Fröbel Schönheitsformen genannt, um eben ein Empfinden für Formen, Flächen und Gestaltung zu bekommen bei den Kindern."
    Festakt zum Jubiläum
    Am Wochenende werden ein Festakt und eine Fachtagung zum Kindergarten als Bildungsort und als Spitzenexportartikel seit dem 19. Jahrhundert Gäste aus aller Welt nach Bad Blankenburg ziehen. Sie werden ähnliche Fragen diskutieren wie schon vor 175 Jahren: Welchen Wert hat frühkindliche Bildung - für das Kind und für die Gesellschaft? Wie bildet man die nötigen Kindergärtner-Erzieher-Pädagogen aus? Und was ist uns deren Arbeit wert?