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Friesland
Frischer Käse von glücklichen Schafen

In Schleswig-Holstein gibt es nicht nur viel Strand, sondern auch jede Menge Käse. Auf rund 500 Kilometern führt quer durchs Land die Käsestraße. Sie verbindet mehr als 30 Käsereien. Besucher können hier Schafs-, Kuh- oder Ziegenkäse probieren, etwas über die Herstellung erfahren und Familien kennen lernen, die mit Leib und Seele ihren Hof bewirtschaften.

Von Margret Bielenberg | 14.06.2015
    Der Schäfer Holger Banzhaf aus Heldenfingen hütet am Freitag (22.08.2008) beim Leistungshüten des Landesschafzuchtverbandes in Markgröningen eine fremde Herde mit ca. 200 Schafen
    Grasen auf der grünen Weide ist gut für Käse aus Schafsmilch. (dpa / Norbert Försterling)
    Mitten auf dem flachen Land, von grünen Wiesen und Schafen umgeben liegt die Friesische Schafskäserei von Familie Volquardsen. Mittelpunkt ist das große Backsteingebäude aus dem 19. Jahrhundert. Sein Elternhaus - erzählt Redlef Volquardsen der Besuchergruppe. Er und seine Frau halten 130 friesische schwarze und weiße Milchschafe. Mit drei Festangestellten und immer wieder Lehrlingen und Praktikanten bewerkstelligen sie ihre Käserei ganz allein.
    Volquardsen: "Und weil wir die ganze Wertschöpfung auf dem Hof behalten, kommt keine Molkerei, die die Milch holt, es kommt kein Viehhändler, der die Lämmer holt. Auch das managen wir alles selber. Die Lämmer bringen wir zum Biometzger, der schlachtet die uns und wir kriegen unser Lammfleisch und nachher die Wurst, die wir dann hier wieder vermarkten." Wir folgen Redlef Volquardsen an seinem Haus entlang zwischen Bäumen hindurch in den Melkstall. Die Schafe sind auf der Weide und so stehen wir jetzt da, wo die Tiere sonst sind: Zwölf auf der linken Seite, zwölf rechts, in der Mitte eine Vertiefung.
    Volquardsen: "Stecken ihre Köpfe durch so Gatter, die hinter Ihnen sind. Da gibt es Hafer als Lockfutter. Das wollen sie fressen, stecken den Kopf durch. Es geht ein Haken über deren Hals drüber und dann sind sie gefangen. Ein sogenanntes Fressfanggitter, weil man beim Fressen gefangen wird. Und dann stehen sie mit dem Euter in unsere Richtung. Wir selber stehen dann da unten und können ganz gemütlich mit den Melkmaschinen abmelken."
    Besucher aus ganz Deutschland
    Die Besucher und Besucherinnen kommen aus ganz Deutschland. Einige interessiert die Käseherstellung, andere die Schafhaltung und die Kinder wollen die Schafe anfassen. Ein Ehepaar aus Lübeck: "Wir wohnen gerade in Friedrichstadt und grasen hier so die Gegend ab. Waren in St. Peter schon und in Husum. Da wir so alte Städter sind müssen wir mal gucken was auf dem Dorf und auf dem Bauernhof so los ist."
    Direkt neben dem Melkstall ist die Käserei. Hinein dürfen wir nicht. Wegen der Hygiene. Aber durch eine große Glasscheibe können wir den sogenannten Käsekessel sehen, indem sich eine Rührmaschine dreht. Auf einem Tisch daneben liegen Käseformen. Sie sehen aus wie Backformen in verschiedenen Größen und haben kleine Löcher. Volquardsen erzählt von den Milchsäurebakterien, die der Schafsmilch zugefügt werden.
    "Impfen Sie immer mit der selben Bakterienkultur und kriegen dann trotzdem unterschiedliche Käsesorten?", will ein Besucher wissen. Volquardsen: "Nein, wir verwenden mittlerweile für den Weichkäse eine andere Kultur, dann mischen wir zwei Kulturen und arbeiten mit anderen Temperaturen auch, dass wir dann diesen Käse hinkriegen. Käsemachen ist total einfach, könnte ich Ihnen ein Rezept in die Hand drücken, können Sie danach Käse machen. Aber den Käse immer gleich hinzukriegen und guten Käse zu machen - das ist das Komplizierte."
    350 Jahre alter Reifekeller
    Weiter geht es Richtung Reifekeller. Wieder am alten Backsteinhaus entlang, gucken wir durch ein großes Kellerfenster. Kleine und große Käselaibe, eng an eng. Seine Schatzkammer, sagt Redlef Volquardsen stolz. Dieser Keller ist noch älter als das Gebäude, 350 Jahre. Ideal für die Käselagerung: "Die liegen da nicht einfach nur, die müssen gepflegt werden. Jeden zweiten Tag werden sie gewendet. Mit Salzwasser abgewischt. Und dann wachsen auf der Oberfläche Bakterien. Die wollen wir da drauf haben, ganz bestimmte Rotkulturbakterien, die fördern wir, indem wir die mit Salzwasser wischen, das hält sie schön feucht. Und das Salz im Wasser ist dafür da, um Schimmel zu vertreiben. Wir könnten ihn auch verschimmeln lassen, dann hätten wir eine andere Käsesorte."
    Wächst Schimmel auf Käse ist er nicht gefährlich, sagt der studierte Bio-Landwirt. Käse habe keine Stärke, deshalb bilden sich keine Toxine: "Wir kennen in Deutschland eigentlich nur den weißen und den blauen Schimmel. Aber wenn man nach Frankreich, Italien, Spanien guckt, dann lässt man die teilweise einfach wild verschimmeln, sehen sehr wild aus. Teilweise krabbeln da noch Maden drin. Ist dort eine Spezialität. Nur unsere Kultur kennt das nicht."
    Besucherin: "In Lübeck in einem edlen Käseladen hat mein Mann ein kleines Stück Käse gekauft für unglaublich viel Geld und dann schnitt ich den an und die Maden kamen raus und ich hab ihn dann sofort weggeschmissen, bis mir dann jemand sagte, Mensch das war doch die Köstlichkeit." Besucher: "Die werden dann doch zu Fliegen und fliegen einfach weg." "Ja, ich fand es so ekelhaft, ich hab es gleich weggeschmissen aus Unkenntnis."
    Käse aus Schafsmist
    Aber auch in Nordfriesland gab es ganz spezielle Käsesorten, erzählt der Käsemacher. Einer wurde mit Schafsmist gemacht, der grüne Käse. Ein anderer war der Bitterkäse, in dem sich auch Maden tummelten. Ihn habe man im Boden vergraben. Volquardsen: "Teilweise in Tontöpfen, teilweise auch einfach so vergraben und reifen lassen. Und der war, nachdem man den nach ein paar Wochen wieder ausgegraben hat, auch sehr belebt. Mein Urgroßvater hat dann Branntwein rübergegossen."
    Trotz der Spezialitäten von damals freuen sich die Besucher auf die kulinarischen Leckereien von heute: Schafskäse in verschiedenen Variationen. Frischkäse, Weichkäse, Schnittkäse. Mit Kräutern oder ohne. Doch die Kinder wollen erst mal zu den Schafen auf die Weide. "Kam her, kam her! Das sind friesische Milchschafe, die sprechen friesisch." "Kam her" ist nicht englisch, sondern nordfriesisch. "Das ist meine Muttersprache. Hier kommt gerade mein persönliches Lieblingsschaf, das ist Mareike. Sind sehr kuschelig. Was passieren wird, die Schafe werden mit ihrem Kopf gegen Ihre Beine schuppern. Das ist kein Stoßen, sondern das ist ihre Art zu streicheln und die lieben es, gestreichelt zu werden. So eine kleine Massage am Rücken mögen sie sehr gerne. Hinterm Ohr ist auch gut und auf der Brust ist auch ganz schön für die."