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Fruchtbare Zusammenarbeit

Klimawandel. Afrika hat am stärksten unter dem von den Industrienationen zu verantwortenden Klimawandel zu leiden. Wissenschaftler beginnen erst, das Ausmaß dieser Entwicklung zu erahnen und beraten seit neuestem afrikanische Kleinbauern, wie sie ihre Erträge sichern können.

Von Jan Lublinski | 14.11.2006
    Dürre, große Hitze, extreme Regenfälle - der Klimawandel wird dort am meisten Schaden anrichten, wo die ärmsten Menschen in Afrika leben. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam. Es hat geografische und ökonomische Daten Afrikas kombiniert mit Szenarien, die Klimaforscher weltweit nutzen, um auf der Grundlage der zu erwartenden Treibhausgas-Emissionen die Zukunft des Planeten vorherzusagen. Hinzu kamen außerdem landwirtschaftliche Faktoren, etwa die Wachstumsgeschwindigkeit von Pflanzen unter bestimmten Wetterbedingungen.

    Ergebnis der neuen Studie: Die Vulnerabilität, also der gesellschaftliche Zustand der Verwundbarkeit oder Anfälligkeit, ist südlich der Sahara generell sehr groß. Alarmierend ist die Situation in Ruanda, Burundi und Äthiopien. Auch in einigen Teilen Eritreas, des Tschad und Niger wird der Klimawandel die Kleinbauern besonders hart treffen. Mario Herrero vom International Livestock Research Institute in Nairobi, einer der Autoren der Studie

    "Wir haben in unserer Analyse sehr unterschiedliche Datensätze auf verschiedenen Ebenen ausgewertet und verglichen. Dabei stellt sich heraus, dass es einen sehr engen Zusammenhang gibt zwischen dem landwirtschaftlichen Potenzial einer Gegend und dem finanziellen Engagement der Regierung in Sachen Ackerbau und Viehzucht. Es reicht also nicht aus, wenn die Dorfgemeinschaften versuchen, sich an den Klimawandel anzupassen. Viele Probleme lassen sich nur dann lösen, wenn auch die Behörden und andere Akteure aktiv werden und diese informellen und formellen Bereiche eng zusammenarbeiten."

    Zukünftige Maßnahmen für die Entwicklung der ärmsten Länder müssen aber mehr leisten, als die nur die negativen Effekte des Klimawandels abzufangen. Es reicht nicht aus, wenn die Bauern ein schlechtes Erntejahr gerade noch überleben, letztlich aber in ihrer Armut gefangen bleiben. Peter Cooper vom Agrarforschungsinstitut ICRISAT in Nairobi sucht darum nach innovativen Strategien für die Ertragssteigerungen der Bauern - in Zeiten des Klimawandels.

    "Auch in Afrika stehen langfristige Klimadaten zur Verfügung. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts haben die Menschen hier Wetteraufzeichnungen gemacht. Wenn man sich dann die Veränderungen über die Jahrzehnte anschaut, dann hat man eine gute Grundlage für die Planung. Wir speisen diese Daten in Computersimulationen ein und rechnen dann die Bedingungen für verschiedene Getreide, Boden und Wasserstrategien durch."

    Mit seinen Computersimulationen hat Peter Cooper in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Bauern in Simbabwe bei der Planung ihrer Arbeit beraten, etwa beim gezielten Einsatz von Stickstoff-Dünger. Dabei stellte sich heraus, dass die Düngermittelhersteller viel zu hohe Mengen empfohlen hatten - Mengen, die sich die meisten Bauern gar nicht leisten konnten. Tatsächlich aber reicht eine deutlich geringere Dosierung völlig aus.

    "Wir machen diese Computersimulationen nicht einfach nur am grünen Tisch, sondern wir sind mit den Rechnern in die Dörfer gegangen, haben den Bauern erklärt, das wir mit Computern viele ihrer Fragen beantworten können. Die Bauern haben dann zunächst Fragen gestellt, deren Antwort sie bereits kannten. Und sie erhielten das Ergebnis der Simulation dann in Form einer sehr einfachen Grafik. Dann stellten sie Fragen, auf die sie noch keine Antwort hatten. Und so ergab sich eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Bauern und Wissenschaftlern. Sie analysierten verschiedene Anbaustrategien, bis die Batterien der Computer leer waren."

    200.000 Bauern in Simbabwe haben in den vergangenen drei Jahren mit der Mikrosdosierung von Düngemittel ihren Ertrag um durchschnittlich 37 Prozent steigern können. Ein Beispiel, das zeigt: Afrika kann dem Klimawandel begegnen, wenn es gelingt, wissenschaftliche Daten so herunterzubrechen, dass die Menschen vor Ort mit ihnen arbeiten können.