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Frühere DDR-Ministerin
Margot Honecker im Exil gestorben

Die Witwe des früheren DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker ist tot. Margot Honecker starb im Exil in Chile im Alter von 89 Jahren an den Folgen von Krebs. Auch mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall hielt sie daran fest, dass die DDR, in der sie auch Ministerin war, ein guter und gerechter Staat gewesen sei.

Von Julio Segador | 07.05.2016
    Margot Honecker 2010 bei einer Veranstaltung in Santiago de Chile
    Margot Honecker 2010 bei einer Veranstaltung in Santiago de Chile (picture alliance / dpa / Marcelo Hernandez)
    Oktober 2000, ein trister Nebenraum in der Zentralbibliothek in Santiago de Chile. Es war - wie inzwischen festseht - der letzte öffentliche Auftritt von Margot Honecker.
    Honecker: "Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bedanken…"
    Margot Honecker war damals Ehrengast bei der Präsentation des Buches "Das andere Deutschland, die DDR", des chilenischen Altkommunisten Luis Corvalán. Es war ein Auftritt, der klar machte, dass die Witwe des langjährigen Staats- und Parteichefs der DDR Erich Honecker die Alte geblieben war. Von Selbstkritik keine Spur.
    "Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich bei aller kritischen Betrachtung von Versäumnissen und Fehlern mit denen übereinstimme, die dafür eintreten, dass es die historischen Erfahrungen des Sozialismus zu bewahren gilt für ein besseres Morgen."
    Honecker bestritt Unrechtsstaat
    Margot Honecker war an der Seite ihres Mannes Erich Honecker Ministerin für Volksbildung der DDR. Unter anderem führte sie in dieser Funktion den Wehrunterricht für Schüler der 9. und 10. Klassen ein.
    1992, nach der Wende, reiste Margot Honecker zu ihrer Tochter Sonja nach Chile aus. Erich Honecker saß zu dieser Zeit in Berlin-Moabit in Untersuchungshaft. Ein halbes Jahr später folgte ihr ihr krebskranker Mann nach.
    Erich Honecker starb 1994. Seither lebte seine Frau Margot zurückgezogen in einem Reihenhäuschen in La Reina, einem gutbürgerlichen Viertel der Hauptstadt Santiago, in dem vorwiegend Ärzte, Anwälte und Lehrer wohnen. Nachbarn sahen sie gelegentlich bei Spaziergängen im Viertel. Interviews lehnt sie grundsätzlich ab.
    Kein Mitleid für die Maueropfer
    Allerdings machte sie 2012 eine Ausnahme. Für den NDR-Film "Der Sturz – Honeckers Ende" gelang es Regisseur Eric Friedler, Margot Honecker vor die Kamera zu bringen. Sie verteidigte dort einmal mehr die Politik in der DDR und zeigte sich fest davon überzeugt, dass das Land kein Unrechtsstaat gewesen sei, es auch keinen Schießbefehl gegeben habe. Für die Maueropfer hatte sie bis zuletzt kein Mitleid.
    "Es lässt einen nicht ruhig, wenn ein junger Mensch auf diese Weise ums Leben gekommen ist. Denn das brauchte ja nicht sein, der brauchte ja nicht über die Mauer zu klettern. Diese Dummheit mit dem Leben zu bezahlen, das ist schon bitter, vor allen Dingen auch für die Mütter, die das betrifft."
    Bis zuletzt versuchte sich Margot Honecker an der Reinwaschung des DDR-Regimes. Den Sturz ihres Mannes bezeichnete sie als Konterrevolution, als Verrat an den Menschen im Osten Deutschlands. Und sie ging davon aus, dass – aus ihrer Sicht – wieder bessere Zeiten kommen würden.
    "Ich bin auch immer mehr der Meinung, dass wir da ein Korn in die Erde gelegt haben. Da wird der Samen aufgehen. Es war nicht umsonst, dass die DDR existiert hat."
    Kalt und von sich und dem DDR-Regime überzeugt – so zeigte sich Margot Honecker bis zu ihrem Tod. Sie sollte keine Gelegenheit mehr haben, in dieses – nach ihrer Überzeugung – bessere System zurückzukehren. Ihre Familie bestätigte chilenischen Medien, dass die 89-Jährige im Beisein ihrer Tochter Sonja an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben ist.