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Fuchsbandwurm
In den Hund gekommen

Den Verzehr von Waldbeeren meiden! Was früher als wichtigster Ratschlag galt, ist heute überholt. Die Hauptrisikofaktoren für eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm sind für Fachleute mittlerweile andere: Leben auf dem Land, das Betreiben eines Vorgartens und vor allem: der Besitz eines Hundes.

Von Joachim Budde | 06.05.2014
    Ein Beagle-Hund
    Hunde stecken sich bei kranken Mäusen mit dem Fuchsbandwurm an. (picture alliance / Hans-Joachim Rech)
    Vorsicht bei Waldbeeren – diesen Ratschlag kennen die meisten Menschen, um sich vor dem Fuchsbandwurm zu schützen. Denn Füchse leben im Wald, und wenn ein infiziertes Tier seine Ausscheidungen auf Beeren fallen lässt, können Bandwurmeier an den Früchten kleben bleiben. Wenn ein Mensch sie verspeist, entwickeln sich Larven, wandern in die Leber und wachsen dort über Jahre vor sich hin. Doch eine neue Studie belege, dass die größte Gefahr anderswo zu finden ist, sagt Professor Joachim Richter, Oberarzt der Tropenmedizinischen Ambulanz am Universitätsklinikum Düsseldorf.
    "Die zeigt, dass das, was man früher gemeint hat, nämlich dass Waldbeeren zu verzehren das große Risiko sind, das hat sich eigentlich nicht bestätigt, das hätte sowieso nur Waldbeeren betroffen, die am Boden liegen, also Walderdbeeren, denn Brombeeren wachsen ja weiter oben, das ist sowieso kein Risiko, sondern der Besitz von Hunden, das Leben auf dem Land und das betreiben eines eigenen Vorgartens die Hauptrisikofaktoren darstellen. Und unter diesen Hauptrisikofaktoren ganz klar der Besitz eines Hundes."
    Hunde stecken sich bei kranken Mäusen an. Die Nager sind die eigentliche Zwischenstation der Fuchsbandwurmeier auf dem Weg vom einen in den anderen Fuchs. Der Mensch ist für den Parasiten eine Sackgasse in der Fortpflanzung. Viel mehr Nager tragen heutzutage den Bandwurm in sich als noch vor zehn oder 15 Jahren.
    Wurmkur für Hunde zur Vorbeugung
    "Es sind unsere Hunde, die nämlich diese schwer kranken Mäuse, auch selbst, wenn sie ganz gemütliche Stuben-Haushunde sind, natürlich ganz gut jagen können. Als langsam bewegliches Happy finden die das natürlich ganz prima. Und wir sind nah mit unseren Hunden in Kontakt, und das täglich. Und wenn die Hunde ausscheiden, ist natürlich das Risiko, dass wir uns infizieren, enorm viel höher als ein sporadischer Kontakt mit irgendeinem Fuchs."
    Und darum sei der beste Schutz, seine Hunde regelmäßig einer Wurmkur zu unterziehen, rät Richter. Auch die Hundedecke sollte regelmäßig in die Waschmaschine, um Eier darauf abzutöten.
    Wie aber gelangen die Eier in die Vorgärten? Eine Frage an Dr. Michael Petrak, er leitet die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung des Landes Nordrhein-Westfalen in Bonn.
    "Die Fuchspopulation hat insgesamt zugenommen. Einmal, weil die Bejagung nicht mehr so intensiv ist wie früher, früher spielte eben die intensive Fuchsbejagung durchaus auch eine Rolle zur Aufbesserung des Einkommens, wenn die Bälge sehr viel wert waren. Und der zweite Punkt ist, weshalb die Füchse nach dem Tollwutseuchenzug wieder zugenommen haben, weil die Tollwut natürlich den Fuchsbestand selber auch stark betroffen hat. Und diese Sterblichkeitskomponente fällt heute zum Glück natürlich für Fuchs und Mensch weg."
    Weil sie sicherer leben, haben viele Füchse ihre Scheu verloren. Sie kommen auch in die Städte herein, sagt Petrak.
    "Es gibt praktisch keine Tabu-Zone. Überall da, wo sie Nahrung finden, das ist das entscheidende, und sie brauchen ein Rückzugsbereich, wo sie in den Bau hineingehen können. Und wenn Grünanlagen in der Stadt sind, ist der Fuchs im Prinzip auch da. Da sind ja natürliche Verbundsysteme, die in die Stadt praktisch hineinreichen."
    Gerade in ländlichen Gebieten oder am Stadtrand trauen die Tiere sich nachts an Häuser heran und in die Vorgärten, denn die stehen ihnen häufig offen, sagt Joachim Richter.
    "Und wenn man im Vorgarten seine Kräuter natürlich da kultiviert, dann ist da das natürlich Risiko auch größer, dass das so mal kontaminiert wird von Fuchskot."
    Für den Menschen ist die Infektion mit einem Fuchsbandwurm gefährlich, denn sie verläuft schleichend.
    "Meistens merken die Menschen eigentlich gar nichts."
    Erst nach 10 bis 15 Jahren werden die Zysten in der Leber meist zufällig entdeckt. Nur wenige Patienten können dann noch ganz geheilt werden, die meisten müssen ihr Leben lang Medikamente nehmen. Weil die Zahl der kranken Mäuse und Füchse wächst, fürchtet Joachim Richter, dass in einer Dekade auch deutlich mehr Menschen an einer Echinokokkose leiden werden.
    "Wir müssen jetzt natürlich speziell wachsam sein, jetzt kann man ja vielleicht noch was verändern, denn bis das dann beim Menschen gemerkt wird durch die Zunahme der Fallzahlen, ist es natürlich schon relativ spät. Zu überlegen wäre: Wie kann man die Durchseuchung bei den Füchsen senken? Man könnte zum Beispiel - so wie man Impfköder gemacht hat für die Tollwut, könnte man ja auch antiparasitäre Medikamente nehmen, das wäre möglich."
    Denn den Hund entwurmt man schließlich auch.