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Führen Ruß und Smog zu mehr Wärme?

Umwelt.- Joseph Alcamo, Chefwissenschaftler des United Nations Environment Programms (UNEP), sagt, eine Reduzierung von Ruß und Smog könnte das Voranschreiten der globalen Erwärmung stark verlangsamen.

Joseph Alcamo im Gespräch mit Ralf Krauter | 14.06.2011
    Ralf Krauter: Seit letzter Woche tagen in Bonn Klimaexperten aus aller Welt, um die Weichen für künftige Klimagipfel zu stellen. Hauptthema dabei natürlich wie immer die leidigen CO2-Emissionen. Aber: Ein aktueller Report des UNO-Umweltprogramms UNEP kommt zu dem Schluss, auch andere Baustellen verdienen Aufmerksamkeit. Nämlich Luftschadstoffe wie Rußpartikel, Ozon und Methan. Hat man den Einfluss der Luftverschmutzung auf die Erderwärmung also etwa zu lange unterschätzt? Das habe ich vorhin den Chefwissenschaftler des heute vorgestellten UNEP-Reports gefragt, den Amerikaner Joseph Alcamo, der viele Jahre Professor in Kassel war. Hier seine Antwort:

    Joseph Alcamo: Es ist so, dass die Klimawandel-Problematik so kompliziert ist, dass die UNEP seit langem vorgeschlagen hat, dass die internationale Community unbedingt CO2 die erste Priorität geben muss. Es stimmt immer noch, dass Reduzierungen von Kohlendioxid unsere Priorität sein müssen - aufgrund, dass sie der Hauptakteur sind, wenn wir über globale Erwärmung reden. Aber darüber hinaus müssen wir nicht nur mit CO2 umgehen, sondern auch auf die sogenannten Non-CO2-Gases, die Nicht-Co2-Gase und -substanzen, gucken. Um zu sehen, was für einen Einfluss die haben und wo Möglichkeiten sind, um die zu reduzieren. Und das haben wir tatsächlich getan. Wir haben uns in diesem Bericht auf drei Substanzen konzentriert: erstens Methan, zweitens Black Carbon - das ist der Kohlenanteil von Ruß, von den gesamten Rußpartikeln in der Atmosphäre - wir nennen das Black Carbon.

    Krauter: Schwarzer Kohlenstoff wäre die deutsche Übersetzung, ist aber nicht sehr gebräuchlich.

    Alcamo: Die dritte Substanz ist troposphärisches Ozon. Das ist das Ozon in der Nähe des Bodens, nicht das Ozon in der Stratosphäre. Und diese drei Substanzen - das haben wir schon gewusst - erklären ungefähr ein Drittel des jetzigen Klimawandels, den wir erfahren. Aber die Frage ist: Welche Gelegenheiten gibt es, um diese zu reduzieren? Was für Auswirkungen haben die auf die Gesamtperspektive, nicht nur aus der Perspektive der globalen Erwärmung? Wir haben also drei Sachen gefunden: Wir haben hauptsächlich herausgefunden, dass es große Vorteile hat, sich auf diese drei Substanzen zu fokussieren. Und hier sind die drei Gründe. Erstens: Die Reduzierung dieser Substanzen werden nicht langfristige, sondern relativ schnelle Auswirkungen auf die globale Erwärmung haben, um diese zu verlangsamen. Wir haben berechnet (...): Wenn man einige Maßnahmen ergreift, würde man die globale Erwärmung schon über die nächsten 20 Jahre halbieren. Warum? Weil diese drei Substanzen sind sogenannte Short Lived Climate Forcers. Die Verweilzeit in der Atmosphäre ist im Vergleich zu CO2 relativ kurz.

    Krauter: Man würde das vielleicht am besten als kurzlebige Klimatreiber übersetzen. Substanzen, die auf einer kurzen Zeitskala das Klima nachhaltig beeinflussen.

    Alcamo: Und das ist nur der erste Aspekt, dieser Aspekt der globalen Erwärmung. Der zweite Aspekt ist auch wichtig: Wenn wir diese Substanzen reduzieren, würden wir auch die regionalen Klimaauswirkungen vermindern. Und das ist wichtig, weil zum Beispiel die Absetzung von Black Carbon auf die Gletscher im Himalaja zum Beispiel das Schmelzen der Gletscher beschleunigt.

    Krauter: Ganz einfach, weil durch mehr Ruß mehr Sonne absorbiert wird und sich die Oberfläche der Gletscher stärker erwärmt.

    Alcamo: Genau. Und man sieht einen ähnlichen Effekt in der Arktis. Das ist ein regionaler Klimaeffekt, der vermindert wird, wenn wir diese Substanzen vermindern. Und der dritte Effekt ist vielleicht am wichtigsten: Wenn wir Black Carbon und troposphärisches Ozon und Methan reduzieren, würden wir die Bedrohung der Gesundheit vermindern - auch was den Feldfruchtertrag angeht.

    Krauter: Da steckt dahinter, dass Ozon unter anderem schlecht für den Ertrag vieler Feldpflanzen ist.

    Alcamo: Und zweitens, dass Black Carbon ein Anteil von Rußpartikeln hat. Und wenn die inhaliert werden, werden die große Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Es gibt also drei Aspekte: Es ist erstens dieser Globale-Erwärmung-Effekt, zweitens der Effekt des regionalen Klimawandels und drittens die Auswirkungen der Luftverschmutzung.

    Krauter: Wie optimistisch sind Sie denn, dass Ihr Bericht, der heute in Bonn präsentiert wurde, weltweit Dinge in Bewegung bringt?

    Alcamo: Mal sehen. Wir wollen die Diskussion ein bisschen verbreiten und hauptsächlich die Verbindung zwischen Luftverschmutzung und Klimawandel deutlich machen. Wir wollen deutlich machen, dass es eine Win-Win-Situation gibt. Man kann Maßnahmen ergreifen, um die Bevölkerung vor Luftverschmutzung zu schützen und gleichzeitig ein globales Klima-Benefit haben.