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Fünf Jahre Bundesfreiwilligendienst
Wichtige Orientierungshilfe für den Berufsweg

Mehr als 216.000 Freiwillige haben sich seit der Einführung im Jahre 2011 für den Bundesfreiwilligendienst entschieden - Tendenz weiter steigend. Die sogenannten Bufdis arbeiten an vielen Stellen, an denen die ehemaligen Zivis große Lücken hinterlassen haben. Davon profitieren auch viele Jugendzentren, Kitas und Schulen.

Von Meriem Benslim | 01.07.2016
    Eine Bundesfreiwillige arbeitet in einer Kindertagesstätte mit einem Kind
    Eine Bundesfreiwillige in einer Kindertagesstätte (dpa/picture alliance/Robert B. Fishman)
    Merle tippt und erklärt.
    "Ich erstell grad eine Adressliste für eine Veranstaltung für unser Projekt "Herzwerk" und dafür suche ich jetzt grade die Firmen, die uns unterstützt haben und die zugehörigen Kontaktdaten."
    Merle Gielen sitzt vor ihrem Computer. Ihre blonden Haare hat sie in einem lockeren Dutt zusammengebunden. Sie trägt ein T-Shirt, das mit Wölfen bedruckt ist, dazu Jeans. Seit 10 Monaten arbeitet die 21-Jährige hier als Bufdi im Bereich Marketing und Kommunikation.
    "Ich wollte bevor ich studiere erstmal was ausprobieren, aber ich wollte nicht nur ein Zwei-Wochen-Praktikum machen, sondern ich wollte halt einen Beruf ausprobieren und gucken ob das was für mich ist, langfristig."
    Erste Erfahrungen in der Berufswelt
    In der Geschäftsstelle des Deutschen Roten Kreuzes in Düsseldorf hat sie ihr eigenes kleines Büro im Erdgeschoss.
    "Ich bin zum Beispiel zuständig für das Merchandise. Wenn irgendwelche Einrichtungen des Kreisverbandes Give-Aways brauchen, Bonbons oder Schlüsselanhänger oder Flyer, dann stell ich denen das zusammen. Und sonst bin ich halt auch zuständig für den Pressespiegel. Das sind die zwei beständigsten Dinge, die ich tue."
    Jeden Tag pendelt sie für ihre Arbeit zwei Stunden von Krefeld nach Düsseldorf. Für den Vollzeitjob bekommt sie ein Taschengeld von 360 Euro im Monat. Trotzdem würde sich Merle Gielen immer wieder als Bufdi bewerben.
    "Ich werde hier nicht behandelt, wie ein Mensch der hier ein Praktikum macht und ich werde auch nicht behandelt wie ein Bufdi, sondern ich bin vollwertiges Mitglied des Teams. Das ist auch wichtig für’s spätere Leben, dass man das mal so mitbekommen hat. Wenn man ein Praktikum macht, ist das ja oft so: Geh mal Kaffee kochen oder so! Bei mir ist das halt so, als ob ich hier arbeiten würde als Kollege halt."
    Vollwertiges Mitglied im Team
    Vor ihrem Bundesfreiwilligendienst hatte sie überlegt Medienwissenschaften oder Eventmanagement zu studieren. Durch die Arbeit in der Kommunikationsabteilung weiß sie nun genau, was sie will.
    Und dann ist mir aufgefallen, dass ich dieses kreative mehr mag. Weil wir auch ganz viel mit unserem Grafiker zusammenarbeiten und wir haben hier auch unsere Mitarbeiterzeitung. Ich fand das ganz spannend, wie das so entsteht. Flyer und so was erstellen und deswegen studiere ich jetzt ab September Kommunikationsdesign.
    So geht es auch vielen anderen jungen Freiwilligen, die nach ihrem Dienst klarere Vorstellungen von einem Beruf bekommen, sagt Antje Mäder vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln.
    "Und zwar sagen uns insbesondere die jüngeren Menschen - dass so grade von der Schulbank, noch nicht wissend, was mach ich denn jetzt weiter - das eine ganz wichtige Hilfe sein kann, sich in diesem Bundesfreiwilligendienst auszuprobieren. Wir bekommen die Rückmeldung, dass ganz vielen jungen Menschen das geholfen hat bei der Berufsfindung und viele sich nach dem Freiwilligendienst auch nochmal umentschieden haben."
    Diese Erfahrungen kennt auch Merle Gielen von ihren Bufdi-Kollegen. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen besucht sie regelmäßig Seminare in Köln. Dort tauschen sich die Bufdis auch über ihre Jobs aus.
    Manche Leute wollten zum Beispiel unbedingt was im Krankenhaus machen, wollten unbedingt Pfleger werden und die haben jetzt gemerkt, das ist nichts für mich. Und die anderen waren halt gefestigter in ihrem Wunsch. Eine zum Beispiel, die jetzt bei mir bei den Seminaren dabei war, die war als Pflegerin tätig in einem Altenheim und die hat jetzt schon ihre Ausbildungsstelle und alles klar, was die will.
    Maximal 18 Monate Arbeit
    Jeder Bufdi muss mindestens sechs Monate arbeiten, maximal sind 18 Monate möglich. Das monatliche Taschengeld liegt meist bei rund 370 Euro. Manche Träger zahlen außerdem Unterkunft und Verpflegung. Von den kostengünstigen Helfern profitieren auch viele Bildungseinrichtungen, sagt Antje Mäder.
    "Viele Freiwillige sind zum Beispiel in Kindertagesstätten eingesetzt, machen bei der Schulbegleitung mit. Und das ist genau der wichtige Punkt in den Bildungseinrichtungen: die hauptamtlichen Mitarbeiter können sich auf andere Aufgaben konzentrieren durch die Unterstützung mit den Freiwilligen."
    Die Nachfolge des ehemaligen Zivis hat sich nach fünf Jahren gut etabliert. Zurzeit arbeiten bundesweit rund 40.000 Bufdis in gemeinnützigen Einrichtungen. Sogar der Duden hat das Wort "Bufdi" nun in die aktuelle Auflage aufgenommen. Merle Gielen darf sich jetzt noch zwei Monate Bufdi nennen. Ab September studiert sie dann an der Fachhochschule in Krefeld Kommunikationsdesign.
    Ich find’s schön, dass man halt nicht irgendeinen Studiengang jetzt auswählt, damit man sich einschreiben kann, keine Lücke im Lebenslauf hat. Sondern ich hab jetzt ein Jahr meines Lebens in einem Bereich was gemacht, womit ich auch was anfangen kann, was mir sehr wichtig ist und hab was für‘s Leben gelernt und find das super, dass ich das jetzt weiter umsetzen kann. Das ist halt einfach ein Rutsch im Moment, das ist halt einfach klasse!