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Fünf Jahre Juniorprofessur

Die Bilanz ist positiv, aber es muss noch einiges verbessert werden. So laute kurz gefasst das Resümee, das der Förderverein Juniorprofessur an der Universität Bremen fünf Jahre nach Einführung des neuen Status' zieht.

Von Christina Selzer | 12.10.2007
    Kurosch Rezwan Professor an der Uni Bremen, ist der Vorsitzende des Vereins:

    " Das Positive ist sicherlich, dass die Juniorprofessur etabliert ist, im Sinne von, dass wir 800 Stellen haben, die sind nicht abgebaut, sondern die sind bestehend. "

    Einiges funktioniert aber immer noch nicht reibungslos. Zum Beispiel, was die Zwischenevaluation angeht. Nach drei Jahren steht die besagte Zwischenevaluation an, das heißt, es wird geprüft, ob die Leistung so gut ist, dass die Stelle als Juniorprofessor noch einmal drei Jahre verlängert wird. Immerhin, an vielen Unis sind nach ersten Anfangsschwierigkeiten mittlerweile die Standards dafür festgelegt. An anderen Unis ist man dagegen noch lange nicht so weit.

    Johannes Heverhagen von der Uni Marburg bekam zum Beispiel vor eineinhalb Jahren seine Berufung als Juniorprofessor im Fach Medizinische Physik. In ungefähr einem Jahr muss er seine Unterlagen für die erste Begutachtung einreichen. Johannes Heverhagen weiß aber nicht, was genau bewertet wird:

    " Die Regeln der Evaluation sind sehr unklar. Bei uns in Marburg wird nur gesagt, dass man sich an Berlin orientiert. Aber es gibt im Prinzip keine Regeln. Wie viel und gut hat man gelehrt, wie viel und gut hat man publiziert und wie viele Drittmittel wurden ein geworben. Das sind die üblichen wissenschaftlichen Kriterien. Aber es wird einem nirgendwo gesagt, wie viel muss es denn sein. Zum Beispiel: Ich muss jetzt 500.000 Euro eingeworben haben und dann ist gut. Das wäre ne schöne Zahl, wenn man die wüsste zum Beispiel. "

    Ein noch größeres Problem ist allerdings die fehlende Zukunftsperspektive - darin sind sich alle einig. Denn nach den sechs Jahren ist Schluss, und wer dann keine feste Stelle bekommt, steht im schlimmsten Fall auf der Straße. Petra Huhn, Juniorprofessorin für Wirtschaftsmathematik an der TU Clausthal, muss jetzt langsam anfangen, sich umzuschauen:

    " Ich habe 2003 angefangen, ich bin letztes Jahr positiv zwischenevaluiert worden, sonst wäre ich jetzt nicht mehr da. Jetzt beginnt für mich die heiße Phase, in der ich auf der Suche nach der Lebenszeitstelle bin, also einer Dauerprofessur. "

    Eine Studie des Zentrums für Hochschulentwicklung CHE kam zu dem Ergebnis, dass nur 20 Prozent nach Ablauf der regulären Anstellung die Option auf Weiterbeschäftigung haben, dem so genannten Tenure Track. Eine große Unsicherheit, kritisiert Petra Huhn:

    " Weil man natürlich mit diesen Zeitverträgen, man ja ein gewisses Alter erreicht, wieder vor dem Aus steht und sich überlegen muss, wo kommt meine neue Stelle her. Und man hat natürlich schon sehr viel Zeit und Arbeit investiert. Und ist natürlich die Frage, kann man solchen Leuten eine Perspektive anbieten. Natürlich kann man nicht jedem eine Perspektive an der Universität anbieten, aber eine Option auf eine Dauerstelle ist etwas, was wir gerne hätten, diese Tenure-Track-Option. "

    Viele entscheiden sich deshalb doch für die Habilitation - obwohl die Juniorprofessur sie ja eigentlich ersetzen soll. Da sie aber nicht wissen, wie es nach den sechs Jahren weitergeht, gehen sie lieber auf Nummer Sicher. Das bedeutet dann Lehre, Forschung, viel Verwaltungskram und dann auch noch die Habilitation, was zusätzlichen Stress bedeutet.

    Der Förderverein will, dass sich Deutschland stärker an internationalen Vorbildern orientiert. In der Schweiz, in Großbritannien und in den USA gibt es zum Beispiel das Modell der Assistenzprofessur. Mit der Aussicht, eine feste Stellen zu bekommen, wenn man sich bewährt. Martin Raubal hat zum Beispiel solch eine Stelle in Kalifornien, an der Universität Santa Barbara. Jedoch, sagt er, der Leistungsdruck ist hoch:

    " Man wird nach sieben Jahren evaluiert, in meinem Fall an der USB ist es so, dass man von acht internationalen Gutachtern evaluiert wird, sehr stark auf Forschungsleistungen. Die Lehrleistung ist auch wichtig, kann aber nie eine mangelnde Forschungsleistung aufwiegen. Wenn man schlechte Gutachten und keinen Tenure Track bekommt, dann muss man gehen. Ich kann dann nicht an der Uni bleiben. Von daher ist das schon gewagt, wenn man bedenkt, dass man mit Familie und zwei Kindern dorthin zieht. Sechs und vier Jahre alt, Schulbeginn usw. Das war schon eine gravierende Entscheidung. "

    Martin Raubal ging mit seiner Familie nach Santa Barbara, obwohl er in Münster eine Juniorprofessur hatte. Die Zukunftsaussichten in Deutschland waren ihm einfach zu schlecht. Hätte es den Tenure Track gegeben, dann wäre er vielleicht doch in Münster geblieben, sagt er heute. Denn die Bedingungen in seinem Fach, der Geoinformatik waren dort sehr gut. Als Juniorprofessor fühlte er sich von den Kollegen voll akzeptiert. Das sei ja in vielen anderen Fächern, wie zum Beispiel der Medizin nicht der Fall.