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Fünf Jahre KIT in Karlsruhe
Wo Forschung und Lehre eins werden

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird fünf Jahre alt. Als deutschlandweit erste Verschmelzung von Forschungsinstitut und Universität wird die Einrichtung vor allem von Bildungspolitikern gelobt. Trotz des relativ guten Betreuungsverhältnisses zwischen Professoren und Studierenden gibt es noch einige Baustellen – zum Beispiel das Schattendasein der Geistes- und Sozialwissenschaften.

Von Thomas Wagner | 29.09.2014
    Das Logo des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an einem Eingang der Einrichtung.
    In der dritten Runde der Exzellenz-Initiative verlor das KIT 2012 den Titel "Elite-Uni". (picture alliance / dpa – Uli Deck )
    Das Audimax auf dem sogenannten "Campus Süd" in Karlsruhe, ein nüchterner, grauer Zweckbau: Das Hochschul-Kammerorchester spielt eine Strawinsky-Suite: Es gibt etwas zu Feiern. Fünf Jahre "Karlsruher Institut für Technologie", hervorgegangen aus der Fusion der einstigen Technischen Universität, dem heutigen Campus-Süd, mit dem nahegelegenen nationalen Helmholtz-Forschungszentrum, dem heutigen Campus-Nord.
    "Wenn Sie vor fünf Jahren über den Campus Nord gegangen wären und hätten dort einen Studierenden gesehen, dann hätten Sie ihn als Eindringling wahrgenommen. Wenn Sie heute über den Campus-Nord gehen, dann sehen Sie dort Studierende, Wissenschaftler bei der Arbeit, eine kunterbunte Mischung."
    Dass Universität und Forschungszentrum immer mehr zusammen wachsen, freut Professor Holger Hanselka. Ebenso freut sich der Präsident des KIT über eine weitere Beobachtung: Die Wissenschaftler des einstigen Forschungszentrums, die noch vor über fünf Jahren eher selten in Hörsälen und Seminarräumen gesichtet wurden, lassen genau dort Studierende an ihren Forschungen teilhaben. Julia Vogel studiert am KIT Karlsruhe im siebten Semester Wirtschaftsingenieurwesen.
    "Die Fusion hat gebracht, dass ich jetzt eine sehr einfache Verbindung zwischen Studium, theoretischem Wisse, und der Forschung und den praktischen Anwendungen herstellen kann, und das war der primäre Bonus der Fusion."
    Einen weiteren Bonus nennt Theresia Bauer, Grünen-Ministerin für Bildung und Wissenschaft in Baden-Württemberg:
    "Das KIT ist bundesweit unter den technischen Universitäten der Ort, an dem die Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Studierenden am besten ist. Also hier kommen auf jeden Professor 70 Studierende. Das ist nirgendwo günstiger als hier."
    Das stimmt aber nur im nationalen Vergleich. Denn:
    "Wenn wir uns mit den Vereinigten Staaten vergleichen, dann kommen da auf einen Professor zehn Studierende. Da sind wir noch Dimensionen weit entfernt."
    Unterschiedliche Denkschulen prallen aufeinander
    Oder anders herum formuliert: Es gibt auch in Zukunft bei der Ausgestaltung des KIT noch einiges zu tun, so Uni-Präsident Holger Hanselka. Beispiel: Immer noch treten bei den Uni-Forschern und bei den Helmholtz-Forschern in der täglichen Forschungsarbeit unterschiedliche Denkschulen zutage – aus Sicht von KIT-Präsident Hanselka ein Defizit, das es zu beseitigen gilt. Er will deshalb Universitätsforscher und Helmholtz-Forscher mit ihren unterschiedlichen Denkschulen noch intensiver als bisher mit gemeinsamen Projekten betrauen, um
    "…über das freie Denken der Universität in die Köpfe der Helmholtz-Forscher sozusagen mehr Individualität und mehr wissenschaftliche Neugierde hineinzubringen, um gewissermaßen einige grundsätzliche wissenschaftliche Fragen zu stellen, die man, wenn man normalerweise Projektarbeit macht, gar nicht stellen würde."
    Dies will Hanselka gerade auch vor dem Hintergrund der größten Schlappe vorantreiben, die das KIT in seiner Geschichte hinnehmen musste: In der dritten Runde der Exzellenz-Initiative verlor Karlsruhe 2012 den Titel "Elite-Uni".
    "Für die Einrichtung ist das ein ganz hoher Reputationsverlust gewesen, ohne Frage. Es hat aber intern hohe Kräfte geweckt, sodass ich sagen kann: Die eigentliche Reform hat stattgefunden, nachdem das Auslaufen der Exzellenzinitiative da war. Das war dann die Phase der Nachhaltigkeit. Das hat dem KIT sehr genützt und hat uns intern sehr gestärkt."
    Daneben führen die Geistes- und Sozialwissenschaften in dem technologisch ausgerichteten KIT allenfalls ein Schattendasein. Auch dies sollte sich zukünftig ändern, wünscht sich Baden-Württembergs Wissenschaftsministern Theresia Bauer:
    "Nehmen wir den Schwerpunkt, der den Bereich Energie, Mobilität und IT angeht. Also im Dreieck dieser drei Themen haben wir viele gesellschaftlich hoch brisante Fragen, die weit mehr als technische Fragen sind. Die durchdringen unsere Gesellschaft insgesamt. Und die treffen daher auch Sozial- und Geisteswissenschaften."