Aus diesem Grund gibt es jetzt Überlegungen, das Senden zu verzögern. Die Oscar-Preisverleihung in Los Angeles, die am 29. Februar über die Bühne geht, soll genau fünf Sekunden später ausgestrahlt werden, als sie tatsächlich stattfindet. Es sind diese fünf Sekunden, die ein Tittenwächter braucht, um auf einen Abschaltknopf zu dreschen oder einen Stecker rauszureißen, falls sich ein unsittlicher Quickie anbahnt. Die fünf Anstandssekunden schaffen allerdings medienpolitisch eine neue Lage: Frank Pierson, Präsident der amerikanischen Filmkunstakademie, welche die Oscars vergibt, spricht schlicht und einfach von Zensur. Denn wahrhaftig, wenn man das Prinzip der Live-Sendung mit Zeit-Sicherung erst einmal akzeptiert, gibt es nur zwei Möglichkeiten der Weiterentwicklung: zum einen die Verlängerung des Hiatus zwischen Geschehenem und Gesendetem, zum anderen die Erweiterung des Index’ der zu unterbindenden Vorkommnisse.
Natürlich wäre ein einzelner Zensor mit solchen Sekunden-Entscheidungen schwer überfordert. Selbst ein größeres Gremium bräuchte zur gründlichen Begutachtung des Materials mehrere Stunden, ungefähr so lang, wie der Zeitunterschied zwischen Deutschland und Amerika ist. Warum also nicht gleich und künftighin und immerdar die ganze Oscar-Show bei uns aufzeichnen? Dann wäre wenigstens sicher gestellt, daß überhaupt nichts Aufregendes passiert.