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Für das Land, für die Ehre, für das Leben

Frankreich begeht am morgigen 14. Juli seinen Nationalfeiertag, in Erinnerung an den Volkssturm auf die Bastille vor 223 Jahren. Hunderttausende werden den Pracht-Boulevard Champs-Elysées säumen. Wir haben die strenge Generalprobe einer Feuerwehr-Brigade begleitet.

Von Suzanne Krause | 13.07.2012
    Sechs Uhr morgens, zwischen Arc de Triomphe und Place de la Concorde ist die Champs-Elysées für den normalen Verkehr weiträumig abgesperrt. Dafür fahren Armeejeeps und Polizeimotorräder herum. Der Tag ist schon angebrochen. Die Männer und Frauen jedoch, die gerade aus zwei Reisebussen klettern, wirken noch ein bisschen unausgeschlafen. Flott, flott, treiben die Ausbilder der Elite-Einrichtung für die Feuerwehr-Offiziere ihre Schüler voran. Alle tragen die traditionelle Kluft: dunkelblaue Hose, ebensolcher Gehrock, silbern-glänzender flacher Helm, ein Modell aus dem Jahr 1933, Schulter-Troddeln in den Nationalfarben Blau-Weiß-Rot. Sie zücken die Säbel und marschieren los. Hinter den Marine-Kadetten und vor der Motorradstaffel der Polizei. Philippe Bodino, Kolonel und Schuldirektor, gibt den Marschtakt an: und links, links, links.

    "Für die Viertelstunde Ruhm beim Defilee trainieren wir sehr, sehr viel. Denn unsere Schüler kennen weder den Marschschritt noch den Gleichschritt, sie verfügen ja nicht über eine militärische Ausbildung. Wir sind nun zum siebten Mal bei den Defilees dabei, für uns ist das sehr wichtig. Es ist eine große Ehre und wir sind stolz darauf."

    Konzentration! Den Ausbildern entgeht kein Fehltritt, wer patzt, wird sofort zur Ordnung gerufen.

    "Für unsere Schüler handelt es sich um eine wirkliche Übung bei ihrer Ausbildung, menschlich ebenso wie pädagogisch. Denn beim Defilee müssen sich alle aufeinander abstimmen. Wir bilden künftige Offiziere aus. Zuerst aber müssen sie lernen, zu gehorchen, bevor sie dann lernen, Befehle zu geben. Bei unserem Training für das Defilee handelt es sich um ein menschliches Abenteuer, das sechs Monate dauert."

    Den Blick geradeaus, die Mienen angespannt, marschieren die angehenden Offiziere im Stechschritt die Avenue hinunter. Unter ihnen kaum ein Farbiger. Das lässt erkennen, dass der soziale Aufzug ins Stottern geraten ist.

    In der letzten, sechsten Reihe marschieren die Frauen. Evelyne Moritz ist Pharmazeutin. Und bei der Feuerwehr, weil sie der Bevölkerung, der Nation dienen möchte, sagt die junge Frau.

    "Ich bin im Rahmen einer Schwangerschaftsvertretung zur Feuerwehr gekommen. Und die Stimmung dort gefiel mir auf Anhieb. Unsere Beziehungen sind sehr familiär, ganz anders als in meinem eigentlichen Beruf."

    Bei den Sapeurs-Pompiers werden die Werte der Republik hochgehalten: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Laizität. Die 250.000 französischen Feuerwehrleute, zu 80 Prozent Freiwillige, löschen nicht nur Brände, sondern sind auch die ersten Rettungshelfer bei Verkehrsunfällen. Bei all ihren Einsätzen repräsentieren sie die Republik. Das hat auch Kehrseiten. In Trabantensiedlungen rund um Paris und andere große Städte im Land zündeln Jugendbanden zunehmend Mülltonnen oder Autos an, um die Sapeurs-Pompiers anzulocken. Und sie mit Steinhagel und Geschossen zu empfangen.

    Das Defilee ist an der Place de la Concorde angelangt. Eine Ehrenrunde vor der nun noch leeren Präsidententribüne und dann atmet auch Jerome Guibert auf. Auf die Kehrseite seines Engagements angesprochen, wiegelt der Leutnant ab: Seit kurzem bietet die Elite-Feuerwehr Kurse zum Thema urbane Gewalt an. Doch allen aktuellen Problemen zum Trotz trägt er seine Uniform mit unvermindertem Stolz.

    "Das Defilee ankert in unserer Geschichte. Es verbindet uns mit unserer Vergangenheit, mit all unseren Ahnen. Die uns das Heimatgut übergeben haben mit all seinen Werten und Institutionen. Wir sind also sehr stolz, all das für unsere Generation repräsentieren zu können."

    Sieben Uhr morgens, die Generalprobe ist beendet. Die Elite-Feuerwehrgruppe fährt in die Kaserne zurück. Für das nächste Marsch-Training.