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Für eine Ahndung der Fremdnutzung

Deutsche Verleger fordern ein Leistungsschutzrecht. Damit wären nicht die Urheber der Texte, sondern deren Vermittler, also die Verlage geschützt. Immer, wenn die von ihnen vertriebenen Inhalte ein Dritter im Internet nutzt, könnten sie dafür Geld verlangen - so der Plan.

Von Vera Linß | 28.11.2009
    Für die Presseverleger ist klar: So wie bisher kann es mit Google nicht weitergehen. Während Printhäuser in ihre Inhalte investieren, leitet die Suchmaschine die Texte weiter und kassiert dafür über Werbung. Eine Ungerechtigkeit, findet Christoph Fiedler vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger.

    "Wenn derjenige, der die bloße Vermittlung macht, die im Vergleich zu dem teuren journalistischen Inhalt sehr viel weniger kostet, wenn der den Löwenanteil aus den Erlösen daraus zieht, dann ist das ein Problem."

    Deshalb fordern deutsche Verleger seit längerem ein Leistungsschutzrecht. Damit wären nicht die Urheber der Texte, sondern deren Vermittler, also die Verlage geschützt. Immer, wenn die von ihnen vertriebenen Inhalte ein Dritter im Internet nutzt, könnten sie dafür Geld verlangen – so der Plan. Der sich nicht nur gegen Suchmaschinen wie Google richtet, sondern so Christoph Keese vom Springer-Verlag,

    "Es richtet sich die ungenehmigte gewerbliche Nutzung. Gewerblich heißt, dass es zu kommerziellen, gewerblichen Zwecken gemacht wird. Das bedeutet nicht unbedingt Verkauf. Natürlich kann man auch gewerblich nutzen, indem man sich die Informationen zu eigen macht, die auf einer Seite stehen, wenn es nicht vorher genehmigt wurde."

    Wie diese Ahndung der Fremdnutzung von Inhalten konkret aussehen und wer davon alles betroffen sein könnte, weiß heute allerdings noch niemand. Der Urheberrechtsexperte Till Kreutzer konstatiert,

    "Dass bisher noch keiner, vor allen auch niemand von den Leuten, die das befürworten, genau erklärt hat, worum's dabei eigentlich gehen soll. Es wurde bisher kein Vorschlag vorgelegt, aus dem man genau entnehmen könnte, worauf diese Forderung denn überhaupt abzielt."

    Diesen Einwand nehmen die Verleger gelassen. Sie selbst sagen, sie seien gespannt, was sich die Politik wohl ausdenken werde. Hauptsache, am Ende fließt mehr Geld in die Kassen, das – so die Vorstellung – von einer neuen Verwertungsgesellschaft eingetrieben werden soll. Die Kritiker eines Leistungsschutzgesetzes hingegen befürchten Einschränkungen bei der Nutzung des Internets. Nicht zu unrecht, wie Till Kreutzer erklärt.

    ""Was man den Äußerungen, die da von Verlagsseite ergangen sind, entnehmen kann, ist, dass in der Tat dieses Recht zum Beispiel ermöglichen soll, für kleinste Ausschnitte aus Texten, die in Presseerzeugnissen veröffentlicht wurden, Vergütungen zu bekommen oder sogar verbieten zu können, dass andere die benutzen."

    Damit ließe sich nicht nur eine Suchmaschine wie Google zum Zahlen verpflichten. Gerade Google verwendet auf seinem erfolgreichen Newsaggregator "Google News" kleine Textausschnitte, sogenannte Snippets, über die der Leser dann zu den Originaltexten geleitet wird. Betreffen könnte solch eine Regelung auch ganz andere Teile der Netzkultur. Der Jurist Till Kreutzer warnt,

    "Dass die Praxis der Blogosphäre oder bei Twitter, kleine Ausschnitte aus Texten zu benutzen und die dann hin und her zu schicken, und selbst wenn man nur von gewerblicher Nutzung ausgeht, dann hat man halt einen Blog auf dem Werbung geschaltet ist, dass die von so einem Leistungsschutzrecht auch erfasst sein könnte und das wäre natürlich höchst problematisch für solche Arten von Publikationen."

    Zwar glaubt Kreutzer nicht, dass auch das Versenden von Links unter das Leistungsschutzgesetz fallen würde. Geschützt aber werden könnten Überschriften, Unterzeilen, Vorspänne – vielleicht sogar Informationen, die bisher frei zur Verfügung für jedermann sind. Für Kritiker wie den Fachjournalisten Matthias Spielkamp stünden solcherart Einschränkungen in keinem Verhältnis zum öffentlichen Interesse an Information.

    "Das Leistungsschutzrecht würde Dinge verunmöglichen, von denen man sagen kann, dass die gesellschaftlichen Nutzen haben. Und wenn dieses Leistungsschutzrecht tatsächlich solche Dinge verhindern würde, dann muss man sehen, ob die Verlage wirtschaftlich nicht ohne das Leistungsschutzrecht existieren können. Das ist für mich in keiner Weise bewiesen."

    Diese Frage wurde bisher genauso wenig beantwortet, wie die, ob die Verleger tatsächlich gegen Google vorgehen wollen. Schließlich brauchen sie den Suchmaschinen-Riesen spätestens dann, wenn sie ihre Paid-Content-Angebote unter die User bringen wollen.