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Fußball
"Bella Ciao" zum Abschied

Der FC Parma war einst der Stolz des italienischen Provinzfußballs. Drei Europapokaltriumphe gelangen. Doch jetzt droht der Konkurs - nach der Parmalat-Pleite vor fünfzehn Jahren bereits zum zweiten Mal. Grund dafür war unter anderem ein besonderes Geschäftsmodell.

Von Tom Mustroph | 17.03.2015
    Cristian Zaccardo und Alessio Cerci kämpfen um den Ball.
    Parmas Spieler Cristian Zaccardo beim Duell mit Alessio Cerci vom AC Mailand. (picture alliance / dpa / Matteo Bazzi)
    Sie singen Partisanenlieder, haben bei nur 10 Grad die Oberkörper entblößt und schwenken ihre Fahnen. 500 Ultras begleiteten den FC Parma bei der wohl letzten Auswärtsfahrt in der Serie A. Am Donnerstag entscheidet der Staatsanwaltschaft über den Konkurs. Der Klub ist am Ende. Die genaue Höhe der Schulden kennt nicht einmal Parmas Teammanager Alessandro Melli:
    "Ich weiß, es sind ganz viele. Man redet von 90 oder 100 Millionen. Manche sagen, es seien auch mehr. Wir hier drinnen wissen gar nichts. Jetzt müssen die zuständigen Stellen ran."
    Zuständig ist die Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt gegen Altbesitzer Tommaso Ghirardi wegen betrügerischeren Bankrotts. Schon jetzt funktioniert das Alltagsgeschäft nur mühsam. Teammanager Melli:
    "Wir haben keine Wäscherei mehr. Uns fehlen die Computer. Die Mailadresse ist abgemeldet. Und auch das Restaurant mussten wir aufgeben."
    Geschäftsmodell: Spieler verkaufen
    Schuld daran ist ein besonderes Geschäftsmodell. Parma hat mehr als 200 Profis unter Vertrag. Das Ziel: Sie gewinnbringend zu verkaufen. Das ging daneben. Die Transfererlöse waren gering. Viele Spieler wurden nur verliehen. Verspätete Zahlungen der Einkommensteuer für diese Spieler kosteten den Klub die Teilnahme an der Europa League.
    Altbesitzer Ghirardi stoppte ab Juli sogar die Gehaltszahlungen für den in Parma verbliebenen Kader. Jetzt springt die Liga ein und streckt fünf Millionen Euro vor, damit der FC Parma bis zum Saisonende wenigstens den Strom im Stadion und die Stewards bezahlen kann. Die Fans allerdings wollen das Geld der Liga nicht.
    "Ich bin eigentlich dagegen, dass die Mannschaft mit dem Geld der Liga die Meisterschaft beendet. Sie soll das nicht. Am 19. wird sie Bankrott anmelden. Und sie sollte auch nicht mehr spielen - anders, als sie das vorhaben. Sie werden vom System des Fußballs verpflichtet, die Meisterschaft zu beenden, um sie nicht zu verfälschen. Aber eigentlich nur, damit das Fernsehen weiter übertragen kann und das Wettgeschäft weitergeht. Wir sind in der Hand des Fernsehens", sagt Enrico Frambati, Ultra seit 44 Jahren, und auf der letzten Auswärtsfahrt nach Reggio Emilia dabei.
    Für ihn ist das Geld der Liga ein fauler Kompromiss. Sofortiger Bankrott und Neuanfang in der Serie D sind ihm ehrlicher. Zu diesem Szenario passt dann das Lied der italienischen Partisanen auch besser.