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Zehn Jahre Duisburger Mafia-Morde
'Ndrangheta und Cosa Nostra noch immer aktiv

Auch zehn Jahre nach den Duisburger Mafia-Morden sind verschiedene Strömungen der italienischen Geheimbünde hierzulande aktiv. Und noch immer soll Deutschland für die Mafia ein Geldwäsche-Paradies sein.

Von Benjamin Sartory | 15.08.2017
    Ein Polizeiwagen spiegelt sich am Mittwoch (15.08.2007) in Duisburg in der Eingangstür des Restaurants "Da Bruno" in der Nähe des Tatortes
    Das Restaurant "Da Bruno" in der Nähe des Tatortes, wo bei einem Mordanschlag der Mafia am 15. August 2007 sechs Italiener mit Kopfschüssen kaltblütig getötet wurden. (dpa / Roland Weihrauch)
    Der Sechsfachmord vor einem italienischen Restaurant in Duisburg gilt zehn Jahre danach längst als aufgeklärt. Eine Fehde innerhalb der kalabrischen Mafia, der 'Ndrangheta, war der Hintergrund der Taten. Zwei Männer wurden deshalb in Italien zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Ein weiterer sitzt zwar nicht wegen Mordes, aber wegen Zugehörigkeit zur Mafia im Gefängnis. In dieser Brutalität blieben die Taten der 'Ndrangheta in Deutschland bis heute einzigartig. Das hat Gründe, sagt Thomas Jungbluth, der Abteilungsleiter für "Organisierte Kriminalität" beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt.
    "Um im Verdeckten zu arbeiten und nicht in den Fokus der Öffentlichkeit zu geraten ist es wichtig, dass man nicht auffällt. Und ein Tötungsdelikt wie in Duisburg vor zehn Jahren ist natürlich genau das Gegenteil. Das hat natürlich zusätzliche polizeiliche Aktivitäten ausgelöst, hat die Geschäfte gestört und deshalb glaube ich, war es nicht im Interesse der 'Ndrangheta, dass dieses Delikt in Duisburg begangen worden ist."
    Rauschgifthandel, Falschgeldschmuggel und Abgabenbetrug
    'Ndrangheta, Cosa Nostra und Camorra. Aktiv sind die verschiedenen italienischen Mafiaströmungen in Deutschland auch heute noch. Laut Ermittlern verdienen sie ihr Geld unter anderem mit Rauschgifthandel, Falschgeldschmuggel und Sozialabgabenbetrug im Baugewerbe. In NRW führten solche Vorwürfe in den vergangenen acht Jahren zu 26 konkreten Ermittlungen. Sebastian Fiedler ist der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter und meint: Da ist noch Luft nach oben.

    "Wir haben uns in der Tat bemüht, im Hinblick auf die Rechtshilfe mit Italien weitere Schritte nach vorne zu kommen. Wir haben im Bereich der Vermögensabschöpfung zumindest ein neues Gesetz jetzt bekommen, müssen mal abwarten, ob es uns nach vorne bringt. Aber eins kann ich im Resümee sagen: Riesengroße Schritte nach vorne gebracht haben uns die letzten zehn Jahre ganz sicher nicht."
    Kriminell erwirtschaftetes Vermögen leichter einzuziehen
    An zwei Stellschrauben hat sich wegen neuer Gesetze zumindest ein bisschen was geändert in Deutschland, wenn auch erst in den vergangenen Monaten. Behörden können kriminell erwirtschaftetes Vermögen jetzt leichter einziehen, auch das Geldwäschegesetz wurde verschärft. Grundsätzlich bleibt aber das Problem: Die Mafia agiert global, die Ermittler eher national – sagte Franco Roberti, der oberste Mafia-Jäger in Italien, im Mai dem ARD Studio Rom.

    "Wir leben in einem europäischen Kontext, in dem nicht alle Länder gleich sind. Zwischen den 28 Ländern gibt es große kulturelle Unterschiede in der Rechtsordnung. Das ist die Schwierigkeit, solange die Rechtsordnungen nicht harmonisiert sind, ist die Kommunikation und die internationale Kooperation schwierig."
    Wo sind die Belege für die Betrügereien
    Andere Aussagen aus Italien erwecken sogar den Eindruck, dass Deutschland ein regelrechtes Geldwäscheparadies für die Mafia sei. LKA-Ermittler Jungbluth will das nicht ausschließen. Er fragt sich aber schon, wo denn dann die Belege der italienischen Kollegen für diese These bleiben.
    "Was mit so ein bisschen fehlt, sind Informationen aus Italien, dass das genau der Fall ist, dass NRW beispielsweise Investitionsland für die italienische OK ist. Der Hinweis, dass hier gewaschen wird wie verrückt, der entspricht nicht den Hinweisen, die wir von den italienischen Ermittlungsbehörden erhalten haben, leider."

    In Duisburg erinnert zehn Jahre später nichts mehr an die Morde. Das italienische Restaurant gibt es nicht mehr, in die Räumlichkeiten ist ein anderes Lokal gezogen. Die italienische Mafia scheint wieder im Verborgenen zu agieren. Genauso, wie es ihr Geschäftsmodell vorsieht.