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Fußball-EM
Islands Saga geht weiter

Plötzlich sind alle Fans von Island, der Insel mit den wenigen Einwohnern. Der Fußball verleiht dem Land etwas Kultiges - und verleiht ihm Auftrieb. Denn die Isländer präsentieren sich vor einem europäischen Millionenpublikum als angenehmes, fröhliches Volk - und machen so Werbung in eigener Sache.

Von Jessica Sturmberg | 28.06.2016
    Fans beim Public Viewing in der isländischen Hauptstadt Reykjavik.
    Fans beim Public Viewing in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. (EPA)
    So einen sportlichen Erfolg, so eine Fußball-Saga hat die Nation noch nicht erlebt.
    Die Zehn-Uhr-Nachrichten im isländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk RÚV. Nachrichtenmoderatorin María Sigrún Hilmarsdóttir trägt das Trikot der isländischen Nationalmannschaft und macht die Sendung auf mit der Nachricht, die momentan alles überstrahlt.
    Ein Tag für die Geschichtsbücher
    Gesehen haben es wohl so gut wie alle 330.000 Isländer. Die Frage, so der Sportmoderator wird später einmal sein: Wo warst Du am 27.Juni 2016?
    Etwa zehn Prozent haben es in Frankreich erlebt inklusive dem neuen Präsident Guðni Jóhannesson samt Familie, ebenfalls im Trikot.
    Rund drei Prozent der Bevölkerung waren beim Public Viewing in Reykjavík, was man im hohen Norden bisher auch noch nicht so hatte. Die meisten in blau, im Trikot der Nationalmannschaft, das allerdings inzwischen ausverkauft ist. Überhaupt ist – ökonomisch betrachtet – der mit Abstand größte Gewinner der isländische Fußball, erläutert Wirtschaftsprofessor Thórólfur Matthiasson von der Universität Island.
    Aufschwung für den Fußball
    "Der Fußballverband KSI bekommt durch das Erreichen des Viertelfinales 14 Millionen Euro Preisgeld von der UEFA. Das ist fast das Vierfache des Gesamtbudgets vom vergangenen Jahr 2015."
    Dazu kommt noch der Verkauf von Merchandising-Artikeln. Und die Spieler können sich für die Topteams in Europa empfehlen.
    Für Thórólfur Matthiasson ist das ein gelungenes Beispiel, wie sich Investitionen auszahlen können. Denn dieser Erfolg wäre nicht möglich gewesen, wenn der Verband, zusammen mit den isländischen Gemeinden und auch einer Finanzspritze der FIFA viel Geld in riesige große Fußballhallen mit Kunstrasen gesteckt hätte, wo die Jugendlichen rund ums Jahr trainieren können und nicht mehr wie früher auf ein paar schöne Sommertage angewiesen sind.
    Visitenkarte für das ganze Land
    Eine Visitenkarte ist der Erfolg aber auch für das gesamte Land, die Isländer präsentieren sich vor einem europäischen Millionenpublikum als angenehmes, fröhliches Volk, haben die Sympathien auf ihrer Seite. Bessere Werbung kann es kaum geben, sagt Wirtschaftsprofessor Thórólfur Matthiasson.
    "Der Gewinn an Image, der Werbeeffekt für den Tourismus ist unbezahlbar, auch wenn wir jetzt schon an Kapazitätsgrenzen stoßen. Aber diese positive Ausstrahlung, das Bild, das in die Welt getragen wird, bleibt haften und wirkt sich auch nachhaltig aus."
    Da dürften beim Tourismusverband die Sektkorken knallen. Der Wirtschaftszweig ist neben der Fischindustrie mittlerweile der bedeutendste in Island.