Dienstag, 19. März 2024

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Fußball in Russland
"WM als Staatsziel"

Der russische Sportminister Witali Mutko ist wieder zum Präsidenten des russischen Fußballverbandes gewählt worden – trotz heftiger Kritik. "Der wichtigste Sportfunktionär wird vom wichtigsten Politiker des Landes, dem Staatspräsidenten Wladimir Putin, noch unterstützt. Solange er dieses Vertrauen hat, wird er im Amt bleiben", sagte Journalist und Buchautor Olaf Sundermeyer im DLF.

Olaf Sundermeyer im Gespräch mit Astrid Rawohl | 24.09.2016
    Der russische Sportminister Witali Mutko nach seiner Wiederwahl
    Wiedergewählt: Der russische Sportminister Witali Mutko (DPA/Picture Alliance/Maxim Shipenkov )
    Die Vorwürfe, die in der Sportwelt, vor allem in den internationalen Medien gegen Russland und Mutko persönlich vorgetragen werden, verstehe der Kreml wiederum sehr gut umzukehren, erklärte Olaf Sundermeyer: "Das ist dort eine sehr beliebte Strategie gegen Vorwürfe aus dem Ausland. Die werden als unberechtigte Angriffe gegen die Nation interpretiert und die Dopingskandale sind eine aus dem Ausland gesteuerte Kampagne."
    In der Zeit nach dem Zuschlag für die WM war Russland sehr selbstbewusst aufgetreten. Die Erwartungen sind nach wie vor sehr hoch, berichtet Russland-Kenner Sundermeyer. "Die Realität sieht anders aus als diese hoch trabende Pläne. Der letzte Erfolg war der UEFA-Cup-Sieg von Zenit St. Petersburg vor acht Jahren. Danach wurden riesige Summen in die heimische Liga gesteckt, um sie auf das Niveau der Spitzenligen in Westeuropa zu treiben, das aber nur mit mäßigem Erfolg." Die Nationalmannschaft schied bei der EURO in der Vorrunde aus, bei der WM 2014 war ebenfalls nach der Vorrunde Schluss. Mutko habe heute eine mit Präsident Wladimir Putin abgestimmte Strategie für 2030 ausgerufen. "Wie die aussieht, darauf darf man gespannt sein."
    Fans als Kulisse staatlicher Inszenierung?
    An einer erfolgreichen WM-Ausrichtung 2018 hat Sundermeyer keine Zweifel. "Mutko hat ja schon die Olympischen Winterspiele in Sotschi zu Putins Zufriedenheit auf die Reihe gebracht." Russland sei keine Demokratie, sondern ein halbtotalitärer Staat. "Die WM wird verordnet als Staatsziel, dem muss sich jeder unterordnen. Behörden, Medien auch die staatshörige Wirtschaft. Widerstand wird nicht geduldet. Das macht es für die FIFA und das Organisationskomitee einfach, die WM zu organisieren."
    Die Fans müssten sich aber schon fragen, ob sie als Kulisse einer staatlichen Inszenierung überhaupt dorthin fahren wollen. Ein Sicherheitsproblem sieht Sundermeyer nicht. "Ich glaube, dass die sehr nationalistisch aufgeladenen Hooligans in Russland die WM schützen werden und dort nicht für Ausschreitungen sorgen."
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    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.