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Kein ehrenamtlicher DFB-Präsident mehr?

Der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga, Christian Seifert, wünscht sich in Zukunft einen hauptamtlichen Präsidenten. Beim weltgrößten Einzelsportverband steht bisher ein ehrenamtlicher Präsident an der Spitze. Ein heikles Thema.

Von Wolfgang Hettfleisch | 23.08.2014
    Christian Seifert ist ein Medienprofi. 2005 wurde der Vermarktungsexperte in die Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga berufen. Für den Erst- und Zweitliga-Fußball, den die DFL im Auftrag der Klubs verantwortet, ging es seitdem nur in eine Richtung: nach oben. Als die deutsche Auswahl in Rio den Weltmeistertitel gewann, wurde das im Ausland auch als Erfolg der Bundesliga gewertet. Englische Medien etwa werden nicht müde, die vor Investoren-Willkür geschützte deutsche Eliteklasse als Vorbild zu feiern.
    Der 45-jährige Seifert regiert in der Frankfurter DFL-Zentrale längst unangefochten. Selbst kritische Geister attestieren dem Badener wirtschaftliche Kompetenz und taktisches Geschick. Es war also sicher kein Zufall, dass sich Seifert vor gut zwei Wochen in die schon länger schwelende Debatte um eine zeitgemäße Führungsstruktur in deutschen Sportverbänden einschaltete. In der Sport Bild plädierte er für eine Reform beim Deutschen Fußball-Bund. Seifert wünscht sich einen hauptamtlichen Präsidenten an der Spitze des ehrenamtlich geleiteten DFB. Er argumentiert: Personal, das auf Top-Niveau agiere, sei auf Dauer nicht zu ehrenamtlichen Konditionen zu bekommen.
    Das Thema ist offenbar heikel. Seifert, der sich einen Kurzurlaub vor dem Bundesliga-Start genehmigte, war in der Angelegenheit nicht zu sprechen. Eine Nachfrage beim DFB blieb unbeantwortet. Gesprächspartner, die mit den Zusammenhängen vertraut sind, scheuen vor öffentlichen Stellungnahmen zurück. Klar ist: Die DFB-Spitze will vermeiden, dass die Debatte über die Bezüge von Präsident Wolfgang Niersbach wieder Fahrt aufnimmt. Dessen Vorgänger Theo Zwanziger hatte dem Nachfolger Heuchelei vorgeworfen. Niersbach soll als DFB-Generalsekretär mehr als das Dreifache der kolportierten 7000 Euro monatlich erhalten haben, die ihm - neben einem Dienstwagen - als Aufwandsentschädigung im Präsidentenamt zustehen. Doch er bezieht zusätzlich eine Betriebsrente in unbekannter Höhe. Von einer "deutlich sechsstelligen Größenordnung" sprach Zwanziger.
    Von Transparenz kann keine Rede sein
    Das DFB-Präsidium reagierte scharf und forderte den einstigen Chef zum sofortigen Rücktritt aus dem Exekutivkomitee des Weltverbands Fifa auf. Dort wird Zwanziger dem ungeliebten Nachfolger, der bereits der Exekutive der Europäischen Fußball-Union angehört, im nächsten Jahr ohnehin weichen müssen. Auch in den internationalen Gremien geht es um viel Geld. 100.000 Dollar stehen einem Ritter an der Tafelrunde von Fifa-König Sepp Blatter pro Jahr zu. Nach Unterlagen, die der britischen "Sunday Times" vorliegen, wurde die Summe im laufenden Jahr sogar verdoppelt. Auf rund 50.000 Euro werden die jährlichen Bezüge eines Mitglieds der UEFA-Exekutive um Michel Platini taxiert.
    Beim DFB gilt: Man redet nicht über Geld, man hat es. Der größte Einzelsportverband der Welt ist reich. Er verfügt über Immobilienbesitz und agiert über die eigene Wirtschaftsdienste GmbH auch unternehmerisch. Millionen Mitglieder und die Öffentlichkeit erfahren über die DFB-Finanzen so gut wie nichts. Was die Vergütung des Führungspersonals betrifft, ist das formal nicht zu beanstanden. Von Transparenz kann aber keine Rede sein.
    DFL-Chef Christian Seifert kennt die Verhältnisse gut. Er ist kraft seines Jobs Präsidiumsmitglied im DFB. Umso mehr drängt sich die Frage auf, was Seifert mit seinem Plädoyer für einen hauptamtlichen DFB-Präsidenten bezweckt. Es wird ihn kaum interessieren, ob Wolfgang Niersbach angemessen bezahlt wird. Ihm dürfte ein DFB vorschweben, dessen Präsidium die Arbeit eines hauptamtlichen Vorstands als Aufsichtsgremium begleitet. Denn das hieße wohl, dass sich die Verbandsspitze noch stärker als bisher aufs Kerngeschäft Nationalmannschaft konzentriert - zulasten der vielfältigen gesellschaftlichen Aufgaben des DFB. Bundesliga-Klubs und Liga könnten das nutzen. Sie haben ihr soziales und kulturelles Engagement immer mehr ausgeweitet und verschaffen sich so Anerkennung und Legitimation jenseits des Sports. Das hilft im Kampf gegen die potenziell geschäftsschädigende Vorstellung, im Profifußball regiere nur noch der Kommerz. Christian Seifert, der starke Mann der DFL, ist allemal clever genug, das zu erkennen.