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Fußball-Krawalle
Was folgt aus Rostock?

Mit der Partie Bayern München gegen Bayer Leverkusen beginnt die 55. Saison in der Fußball-Bundesliga. Unmittelbar vor dem Saisonstart bestimmen die Fans die Debatten. Ultras, die die Kommerzialisierung kritisieren und gewaltbereite Chaoten, wie die in Rostock, die fast für einen Spielabbruch gesorgt hätten.

Von Matthias Friebe | 17.08.2017
    Fanausschreitungen beim Spiel Hansa Rostock - Hertha BSC
    Fanausschreitungen beim Spiel Hansa Rostock - Hertha BSC (dpa / Axel Heimken)
    Erst flogen am Montag beim DFB-Pokalspiel Bengalos und Raketen zwischen den Fanblöcken von Hansa Rostock und Hertha BSC, dann sorgen zwei Vorschläge dafür, dass der Umgang mit den Fans das große Thema vor dem Saisonstart in der Bundesliga ist. Niedersachsens Innen- und Sportminister Boris Pistorius von der SPD denkt an die kontrollierte Freigabe von Pyrotechnik:
    "Wenn es einigen so wichtig ist, dieses Zeug in den Stadien zu zünden, dann müssen sie auch bereit sein, dafür verbindliche Absprachen zu treffen, an die sich dann alle halten müssen, sonst funktioniert so etwas nicht."
    "Das ist Nonsens"
    Pistorius ist der erste Minister, der so etwas vorschlägt. Freuen dürfte das die Ultra-Gruppen, zu deren Kultur es gehört, unabhängig vom gewalttätigen Einsatz, Pyrotechnik zu zünden, um für Stimmung zu sorgen und ihrer Freude Ausdruck zu verleihen. Doch das Echo ist gespalten:
    "Das ist Nonsens", entgegnet hörbar aufgebracht Fanforscher Gunter Pilz. "Es gab ja vor zehn Jahren schon entsprechende Bemühungen. Alle die Vorschläge, die er da gemacht hat, die Einschränkungen, sind damals auch vorgeschlagen worden. Man hat dann in intensiven Gesprächen und Diskussionen feststellen müssen, dass die so gar nicht umsetzbar sind."
    Ein Versuch ist es wert
    Deshalb sei so ein Vorschlag unverantwortlich, so Pilz. Knickt der Minister also nur ein, weil man eh nicht verhindern kann, dass Pyros gezündet werden? Im Deutschlandfunk verteidigte sich Boris Pistorius. Natürlich müsse es enge Absprachen geben, aber auf einen Versuch wolle er es ankommen lassen und sagte Richtung Fans:
    "Ihr seid in der Lage, Choreografien zu verabreden, Gesänge, Auswärtsfahrten, Feierlichkeiten, Demonstrationen, also werdet ihr ja wohl auch in der Lage sein, eine solche Absprache mit der anderen Seite auszuhandeln und dann dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden. Wenn das nicht klappt, wird der Versuch sofort beendet."
    Vereine in der Pflicht
    Auch aus der Politik gibt es Gegenwind. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht die Vereine in der Pflicht.
    "In der Tat ist meine Erwartung auch: Wer nicht in der Lage ist, Gewaltfreiheit in seinem Stadion zu organisieren, der wird auf Dauer ein Problem bekommen als Veranstalter. Und das ist übrigens nicht nur eine nationale Frage, das ist in ganz Europa so, das ist weltweit so."
    Stadionverbote gegen Krawallmacher
    Gewalttäter müssen schneller überführt und mit Stadionverboten belegt werden, so Herrmann im Deutschlandfunk. Er sei kein Freund von Kollektivstrafen. Die will DFB-Präsident Reinhard Grindel ganz aktuell auch aussetzen. Kein leeren Tribünen oder Stadien mehr nach Ausschreitungen:
    "Weil ich in diesem Punkt den Kollektivstrafen den wesentlichen Kritikpunkt sehe der Ultra-Szene und viele andere Diskussionen, die wir führen, wahrscheinlich eher vorgeschoben sind."
    Der Gesprächsfaden wird wieder aufgenommen
    Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, spricht sich Niedersachsens Minister Boris Pistorius auch weiter für Kollektivstrafen aus:
    "Aber ich mag Kollektivstrafen nicht und deswegen finde ich es richtig, es zu versuchen, sie vorübergehend auszusetzen und miteinander zu reden und dann zu klaren Verhaltensregeln zu kommen."
    Diesen Versuch wird es geben, ob das auch für Pistorius' Pyrotechnik-Überlegungen gilt, ist fraglich. Wichtigstes Zeichen in der Debatte scheint aber zu sein, dass der Gesprächsfaden wieder aufgenommen wird.