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50 Jahre "Abbey Road"-Album
Vier Beatles, ein Zebrastreifen und viele Konflikte

Für viele Musikkritiker ist "Abbey Road" das beste Album der Beatles. Das Coverfoto, das die vier Musiker beim Gang über einen Zebrastreifen in der Nähe des Londoner Studios zeigt, ist weltberühmt. Das Album erschien am 26. September 1969. Die Aufnahmen dafür gestalteten sich jedoch schwierig.

Von Alfried Schmitz | 26.09.2019
    Das Schild der Abbey Road Studios mit vielen Unterschriften.
    Die Zusammenarbeit der Beatles-Chefdenker Lennon und McCartney, die jahrelang gut funktioniert hatte, wurde während der Aufnahmen auf eine harte Probe gestellt (imago / CTK Photo)
    "Das Album sollte eigentlich ‚Everest‘ heißen. Symbolisch natürlich. Die "Beatles" auf dem Gipfel ihrer Karriere. Und man hatte tatsächlich vor, zum Himalaya zu fliegen und dort das Foto für das Albumcover zu schießen. Auf dem Gipfel des Mount Everest."
    So der Anglist und Beatles-Experte Jörg Helbig. Zu einer Fotosession auf dem "Dach der Welt" kam es jedoch nicht. Die vier Musiker steckten mitten in der Arbeit an ihren neuen Songs und hatten keine Lust, sich auf diese weite Reise zu begeben.
    Und so entstand das Foto für die wohl bekannteste Schallplattenhülle der Musikgeschichte im Londoner Stadtteil Westminster.
    "Man engagierte dann den Fotografen Iain Macmillan. Die Kreuzung vor den Abbey-Road-Studios, dieser berühmte Zebrastreifen, wurde von der Polizei eine Viertelstunde abgesperrt, die Beatles überquerten den Zebrastreifen ein paar Mal und nach fünfzehn Minuten war das Ganze erledigt."
    Coverfoto sorgt für Aufsehen
    Das legendäre Coverfoto bot Anlass für wilde Spekulationen. Seit ein paar Jahren kursierte unter einigen Fans das Gerücht, Beatle Paul McCartney sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen und durch ein Double ersetzt worden. Dass Paul auf dem Foto als einziger der vier Bandmitglieder barfuß ging und als Linkshänder die Zigarette in der rechten Hand hielt, sollte für diese verrückte These sprechen.
    Die Studios in der Londoner Abbey Road waren für Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr zur zweiten Heimat geworden. Dort hatten sie 1962 ihren Erfolg begründet, dort waren seitdem fast alle "Beatles"-Songs entstanden.

    Sieben Jahre später war die Stimmung in der Band auf einem Tiefpunkt angelangt. Jeder ging privat seiner eigenen Wege. Auch musikalisch stimmte die Harmonie nicht mehr. Von den Songs, die die Vier bereits Anfang 1969 für das Album "Let it be" aufgenommen hatten, das aber erst im März 1970, nach der offiziellen Trennung der Beatles veröffentlicht wurde, war niemand so recht überzeugt.
    "Wahrscheinlich das schlechteste Album, das die Beatles je produziert haben. Und sie sagten dann: So wollen wir nicht abtreten. So wollen wir nicht in Erinnerung bleiben. Und sie waren dann Profis genug, um sich noch einmal zusammenzureißen und eine gemeinsame Platte zu produzieren, die dann auch die entsprechende Qualität hatte."
    Gruppenfoto von den Beatles in dem Film "A Hard Day's Night", Großbritannien 1964, Regie: Richard Lester, Darsteller: The Beatles: John Lennon, Ringo Starr, Paul McCartney, George Harrison.
    Die "Fab Four", 1964. Damals zog "A Hard Day's Night" die Fans ins Kino. (picture alliance/dpa/United Archives/IFTN)
    Blick vom Regieraum in einen Aufnahmeraum des Abbey Road Studios in London (aufgenommen am 10.7.2001). Die Studios wurde 1960 durch die Beatles berühmt.
    Die Studios sind berühmt durch die Beatles - Blick vom Regieraum in einen Aufnahmeraum des Abbey Road Studios in London. (picture alliance / dpa / FT Trevor Humphries)
    Yoko Ono war Dauergast im Studio
    Die Zusammenarbeit der Beatles-Chefdenker Lennon und McCartney, die jahrelang gut funktioniert hatte, wurde bei den Aufnahmen an "Abbey Road" durch ständige Meinungsverschiedenheiten auf eine harte Probe gestellt. Dass zu all dem auch noch Lennons Frau Yoko Ono Dauergast im Studio war und die Aufnahmen ständig kommentierte, machte die Sache nicht einfacher.
    "Sie lag die ganze Zeit im Bett. Man hatte extra ein Bett im Studio aufgestellt und sie lag da im Negligé, angeblich, um sich zu regenerieren. Die Lennons hatten kurz vorher einen Autounfall in Schottland. Und diese Anwesenheit von Yoko Ono hat die drei anderen ‚Beatles‘ tatsächlich sehr genervt."
    Trotz der angespannten Atmosphäre waren schließlich alle mit dem Ergebnis zufrieden. Für viele Musikkritiker ist "Abbey Road" das beste Beatles-Album. Am 26. September 1969 wurde es veröffentlicht und entwickelte sich mit über 30 Millionen verkauften Exemplaren zu einem wahren Kassenschlager.

    George Harrison, dessen Kreativität oft im Schatten von Lennon und McCartney gestanden hatte, war darauf mit gleich zwei Songs vertreten und Ringo Starr durfte sich nicht nur als Sänger, sondern auch zum ersten Mal mit einem Schlagzeug-Solo präsentieren.
    Regal mit Beatles-CDs in London
    Mit 30 Millionen verkauften Exemplaren entwickelte sich "Abbey Road" schnell zum Kassenschlager (picture alliance / dpa / Daniel Kalker)
    Ungewohnt experimentierfreudig
    Auch sonst gaben sich die Vier ungewohnt experimentierfreudig, nutzten einen Synthesizer, ergötzten sich an genialen Gitarrensoli und erlaubten sich die künstlerische Freiheit, die Songs auf der zweiten Platten-Seite nahtlos ineinanderfließen zu lassen.
    Für "Abbey Road" standen die vier Beatles zum letzten Mal gemeinsam im Studio. Ein Stück des Albums heißt daher wohl programmatisch "The End" mit einer Schlusszeile, die wie ein Nachruf klingt.
    "'In the end the love you take is equal to the love you make."
    Was gibt es Schöneres, als diesen Schlusssatz zum Werk der Beatles.