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Fußball-WM
Diskussionen um Umgang mit dem MH17-Abschuss

Der Bericht zum MH17-Absturz kam für die russische Regierung zur Unzeit - drei Wochen vor dem Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland, die ein Aushängeschild für Präsident Putin sein sollte. Jetzt gibt es unterschiedliche Forderungen aus der Politik, welche Konsequenzen gezogen werden sollen.

Von Victoria Reith | 25.05.2018
    Präsentation der Ergebnisse einer russischen Untersuchungskommission in Zusammenarbeit mit dem russischen Rüstungskonzern Almaz-Antey, zum Absturz der MH17 am 28.09.2016
    Präsentation der russischen Untersuchungen zum Absturz der MH17 (dpa/Sergei Ilnitzsky)
    Internationale Ermittler haben mitgeteilt, dass nach ihren Erkenntnissen der Flug MH17 im Jahr 2014 durch eine russische Rakete abgeschossen wurde. Die Reaktionen aus der deutschen Politik sehen unterschiedlich aus. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, äußerte sich heute Morgen im Deutschlandfunk. Zur Frage, ob man in einem Land, das Zivilisten vom Himmel schießt, noch eine Fußball-WM veranstalten kann, sagte der CDU-Politiker:
    "Russland beschädigt seine Reputation, auch seine Glaubwürdigkeit dadurch enorm, und verliert als Gastgeber an Würde. Ich bin trotzdem der Meinung, dass Sportereignisse erst am Ende gesehen werden sollten. Wir sollten in der Reaktion im Bereich der Politik bleiben und uns nicht auf den Sport ausdehnen."
    Die Grünen-Europapolitikerin Rebecca Harms hat sich gegenüber der "Bild"-Zeitung weniger zurückhaltend geäußert. Sie forderte zwar keinen Boykott durch die Sportler, aber einen politischen Boykott der WM in Russland. Sie halte es nämlich für europäische Staats- und Regierungschefs für "überhaupt nicht angemessen, sich bei Putins Spielen zu präsentieren".
    Kritik kommt spät
    Die Forderungen kommen spät - Russland ist nicht erst seit gestern wegen des Abschusses der MH17 in der Kritik. Krim-Annexion, Ukraine, Umgang mit Oppositionellen sind Probleme, die lange bekannt waren - die WM wurde bereits im Jahr 2010 vergeben und seither hätte es für Politik und Sportverbände viele Gelegenheiten gegeben, Konsequenzen zu ziehen.
    Einige politische Folgen hatten die Skandale um Russland jedoch: Nach dem Giftanschlag auf den ehemaligen Spion Skripal und dessen Tochter in England haben Island und Großbritannien mitgeteilt, keine Politiker zum Turnier nach Russland zu schicken.
    Amnesty-Russland-Koordinator wirbt für den Dialog
    Allerdings halten selbst Vertreter von Menschenrechtsorganisationen den politischen Boykott nicht für die beste Variante. So zum Beispiel Peter Franck, Russland-Koordinator von Amnesty Deutschland. Er setzt auf den Dialog:
    "Es ist natürlich immer eine Chance, dass sich mehr Leute als sonst auch mit der Menschenrechtssituation in Russland befassen, das versuchen wir zu nutzen. Und wenn man solche Großereignisse in autokratischen Regimen hat, dafür sorgt, dass die Rechnung dieser Regime dann nicht aufgeht."
    Dazu gehört auch, dass Fußball-Verbände gut vorbereitet in solch ein Turnier gehen, was die politischen Hintergründe betrifft.
    Sportler werden als öffentliche Personen gefordert
    Der Deutsche Fußball-Bund ist laut Peter Franck aktiv auf Amnesty zugegangen und sei seit einem Jahr in regem Kontakt mit der Menschenrechtsorganisation. Es hätten mehrere Treffen stattgefunden. Durch den Austausch will man dafür sorgen, dass die Spieler, die ja während der WM im Rampenlicht stehen, gut informiert werden. Peter Franck:
    "Wir haben jahrelang Informationen über die Situation in Russland gesammelt und stellen diese den Leuten zur Verfügung und was die dann damit machen ist letztlich ihre Verantwortung. Wir haben da jetzt nicht spezifische Erwartungen und sehen durchaus, dass man da Sportler auch nicht überfordern darf. Die machen ihren Sport da, aber sie sind auch nicht ohne Verantwortung."
    Sportliches Geschehen wird im Fokus stehen
    Man will den Spielern keine Haltung aufzwingen. Wie genau die Informationen über Russland bei den Spielern ankommen, ist aber Sache des DFB, weil es bisher kein direktes Treffen der Spieler mit Menschenrechtsorganisationen gegeben hat.
    Realistisch betrachtet werden ab dem Turnierbeginn am 14. Juni für den DFB die Partien gegen Schweden, Mexiko und Südkorea im Mittelpunkt stehen. Das hat auch die Pressekonferenz gezeigt, die Manager Oliver Bierhoff gegeben hat. Da ging es dann doch eher darum, welche Spieler fit sind und um die mögliche Titelverteidigung.