Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Fussball-WM in Katar
Menschenrechtler: WM ist Motor für Reformen

Sepp Blatter erhält in Sachen WM-Standort Katar unerwartete Unterstützung. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sieht in der WM im Wüstenstaat eine große Chance, extrem ausbeuterische Arbeitsverhältnisse auf Dauer zu ändern.

Von Tom Mustroph | 05.02.2015
    Nächtlicher Blick auf die beleuchtete Skyline von Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar.
    Katars Hauptstadt Doha boomt - die einfachen Arbeiter profitieren davon bislang kaum. (DLF / Thorsten Gerald Schneiders)
    "Das ist ganz sicher ein Motor für Reformen. Wir sind froh, dass die WM nach Katar kommt. Das ist eine gute Möglichkeit zur Entwicklung und für Jobs für Millionen von Arbeitern. Wir wollen, dass Katar von dieser internationalen Aufmerksamkeit profitiert, indem es Reformen umsetzt. Es reicht nicht, tolle Türme zu bauen. Es ist wichtig, sich auch um die Arbeiter zu kümmern, die diese tollen Türme errichten."
    Das sagte Sarah Leah Whitson, Direktorin von Human Rights Watch für Nordafrika und den Nahen Osten heute nachmittag bei der Vorstellung des Jahresberichts ihrer Organisation. Dass sie als Ort Katars Hauptstadt Doha auswählte, unterstreicht die Bedeutung der hiesigen Vorgänge hier.
    Whitsons Kollege Nicholas McGeehan, der wegen seines Engagements Einreiseverbot im Nachbar-Emirat Dubai hat, nennt die wichtigsten Kritikpunkte: "Kafala-System mit der Herrschaft der Arbeitgeber. Einzug der Reisepässe. Ausreisevisa. Die horrend hohen Vermittlungsgebühren, die illegal erhoben werden. Der fehlende Zugang der Arbeiter zum Rechtssystem. Das sind alles für sich genommen schon schlechte Mechanismen. Aber zusammen werden sie extrem giftig. Sie ergänzen und verstärken sich gegenseitig. Und sie erzeugen ein Regime der Zwangsarbeit."
    Die Reformen reichen den Menschenrechtlern nicht
    Einige Dinge will Katar reformieren. Reisepässe dürfen nicht mehr eingezogen werden. Arbeitern werden Ausreise und Jobwechsel erleichtert. Human Rights Watch ist dies nicht genug. Besonders kritikwürdig: Das Kafala-System soll nur reformiert, nicht abgeschafft werden. Das liefert Arbeiter völlig der Gnade ihrer Arbeitgeber aus. Sie sind bei ihnen oft wegen der Vermittlungsgebühren verschuldet. Und nicht selten halten Arbeitgeber Lohn zurück, wenn die Visa ablaufen und die Arbeiter das Land verlassen müssen.
    Die WM ist hier eine Chance auf Verbesserung - vielleicht sogar die letzte Chance. "Wenn wir es nicht schaffen, durch diese WM signifikante Verbesserungen zu erreichen, dann scheitern wir als Menschenrechtsvertreter", prognostiziert McGeehan düster.