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Futuristischer Container

Umwelt.- Im Schweizerischen Dübendorf steht zurzeit ein futuristischer Container, der – zumindest optisch – an eine Mondstation erinnert. Dahinter verbirgt sich das Schweizer "Self-Projekt", das Wohnen energieeffizienter machen soll.

Von Thomas Wagner | 16.02.2010
    Jeder, der über das weitläufige Gelände der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt Empa im Schweizerischen Dübendorf spaziert, reibt sich beim Anblick dieses futuristischen Gebildes verwundert die Augen: Ein Container, dessen Außenwände zum Teil nicht rechtwinklig aufeinander stehen, in dem nur wenige runde Fenster erkennbar sind, und der auf den ersten Blick den Eindruck einer Mondstation vermittelt.

    "Self hat eine sehr spezielle Farbe. Self ist goldig, schimmernd von außen. Das spezielle an der Form ist, dass sie verwinkelte Seitenzellen hat. Wenn man sich also um die Raumzelle bewegt, dann sieht man immer alle Kanten und Winkel an der Außenhülle, was das Ganze fürs Auge sehr interessant macht",

    erklärt Sandro Macchi, der als Designer die sogenannte energieautarke Raumzelle mitentwickelt hat. Den zukunftsträchtigen Wohncontainer muss man sich vorstellen wie eine Art Riesen-Wohnwagen ohne Räder.

    "Die Raumzelle steht auf vier Füßen, die hydraulisch ausfahrbar sind. Und dadurch kann man das immer dem Untergrund anpassen, dass das nicht schräg steht oder irgendwelche Spannungen in der Außenhülle auftreten",

    erklärt Björn Olsson, der ebenfalls die Raumzelle mit geplant hat.

    Weil's draußen klirrend kalt ist, gibt Björn Olsson auf einer Tastatur an der Eingangstür einen Code ein. Die Tür öffnet sich. Innen ist es angenehm warm, obwohl vom Container weder Rohrleitungen noch Kabel nach außen führen. Eine sogenannte Luft-Luft-Wärmepumpe sorgt für angenehme Temperaturen. Sandro Macchi:

    "Das, was sie macht, tut sie sehr effizient: Sie entzieht der Abluft, also der Luft, die aus dem Raum herausgesogen wird, die Wärme und fügt diese Wärme der neu eingeblasenen Luft wieder hinzu. Und damit muss man nicht immer wieder komplett aufwärmen."

    Ein Schritt in einen kleinen Nebenraum zeigt auch, woher der Strom für die Wärmepumpe kommt: Unter einem der beiden Doppelstock-Betten befinden sich leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien. Deren Strom reicht aus, um den Energiebedarf des Containers einen Monat lang zu decken. Allerdings offenbart ein Blick im gegenüberliegenden Bad, dass es eine Nachlademöglichkeit gibt – für länger andauernde Einsätze:

    "Man sieht die Photovoltaik-Anlage einerseits aus der Dusche. Dort gibt es ein Dachfenster. Dort sieht man die Photovoltaikzellen. Dann gibt es ein Vordach. Und dort sieht man dann auch diese Energieversorger. Das ganze Dach ist mit Photovoltaik ausgelegt. Und hier wurden sehr effiziente Zellen verwendet mit einem Zellwirkungsgrad von 23 Prozent. Das ist das höchste, was man auf dem Markt erhalten kann."

    Gerade im Sommer, erklärt Björn Olsson, kann es schon mal zu einem Stromüberschuss kommen. Die Energie der Solarzellen geht dabei aber nicht verloren.

    "Es gibt zusätzlich auch noch einen Wasserstoff-Speicher. Im Sommer haben wir soviel Stromüberschuss mit der Photovoltaik. Und mit diesem Stromüberschuss erzeugen wir Wasserstoff. Und mit dem können wir kochen oder zusätzlich in kalten Perioden heizen."

    Der Wasserstoff-Speicher befindet sich in einer Art aufklappbarem Kofferraum, gegenüber dem Eingang des Containers. Dort sind die Wasserstofftanks, die so ähnlich aussehen wie große Gasflaschen, untergebracht. Fließend Wasser in der kleinen Kochnische – auch das gewinnt "Self", der Raumcontainer aus der Schweiz, autonom:

    "Das Regenwasser wird auf dem Dach gesammelt, fließt von dort in den Innenraum zu einem Membranfilter, und der funktioniert so gut, das man es nachher als Trinkwasser verwenden kann. Der Filter ist wie ein sehr, sehr kleines Sieb, eben diese Membran. Und der filtert auf mechanischer Weise einerseits und andererseits auch über einen Schlammfilm, der sich auf der Membran bildet, alle nicht gelösten Partikel aus dem Wasser."

    Das Abwasser wird wiederum gefiltert und fließt in einen zweiten Kreislauf für Brauchwasser beispielsweise zum Duschen oder für den Abwasch. Die Schweizer Forscher verfolgen ein wichtiges Ziel. Sandro Macchi:

    "Es geht bei Self darum, zu zeigen, wie energieeffizient man heute schon wohnen, arbeiten und bauen könnte. Und damit man das eindrücklich verdeutlichen kann, hat man dafür entschieden, eine Raumzelle zu machen, die komplett energieautark ist, also die nicht abhängig ist von externer Energie außer in der Photovoltaik. Das ist der Hauptgedanke: Man will den Leuten zeigen, welche Möglichkeiten man heute hat, wohin es eventuell gehen sollte. Es geht darum, ein Konzept zu zeigen."

    Ein Jahr lang, so die Berechnungen der Empa-Experten, könnten zwei Menschen in der Raumzelle energieautark leben. Nur genügend Lebensmittel müssten sie mitbringen. Eine Erprobung im Rahmen einer wissenschaftlichen Mission böte sich an, meint Björn Olsson:

    "Dass zum Beispiel Forscher auf einem Gletscher zum Beispiel Proben nehmen und da eine Unterkunft brauchen, das kann aber auch sein, dass man den Container in ein schönes Gebiet stellt und zu einem späteren Zeitpunkt touristisch vermietet, um den Leuten eine komfortable Wohngelegenheit bieten kann fernab von jeglicher Zivilisation."