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G20-Gipfel in China
Kritische Untertöne in Hangzhou

Beim G20-Gipfel im chinesischen Hangzhou haben die rund 50 Staats- und Regierungschefs heute weiter an Regeln für ein stabileres Weltfinanzsystem gefeilt. Dazu gehören auch Maßnahmen für mehr Freihandel und gegen Steuerhinterziehung. Bundeskanzlerin Merkel warnte in diesem Zusammenhang vor zunehmenden Ungleichheiten zwischen verschiedenen Gruppen in den Bevölkerungen.

Von Jule Reimer | 05.09.2016
    Bundeskanzlerin Merkel neben Chinas Präsident Xi Jinping bei der Aufstellung zum Gruppenbild des G20-Gipfels
    Bundeskanzlerin Merkel beim G20-Gipfel zu den Folgen der Globalisierung: "Kampf gegen die Ungleichheit ein wichtiges Thema" (picture alliance / dpa / How Hwee Young)
    Ein ganzes Symphonierorchester erklingt aus dem Dunkeln des berühmten West-Sees in Hangzhou. Mehrere Hundert Tänzer, als einfache Reisbauern gekleidet, gleiten über die Oberfläche, als könnten sie tatsächlich über Wasser laufen. Das Ganze in Szene gesetzt vor einem beeindruckenden Lichtspektakel: Gala-Kulturvorstellung für die G20-Regierungs- und Staatschefs zum Ausklang des ersten Gipfeltages.
    Inklusive zusätzlich geladener Regierungen wollen die rund 50 Führer – Institutionen wie IWF, Weltbank etc. sind sowieso standardmäßig bei den G20-Treffen dabei - heute weiter an Regeln für ein stabileres Weltfinanzsystem feilen. Sie wollen die Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und –vermeidung ausbauen und für mehr Freihandel werben. Doch in den letztgenannten Tagesordnungspunkt mischen sich neuerdings auch kritische Untertöne. Bundeskanzlerin Angela Merkel:
    "Insofern spielt in der Diskussion eine sehr große Rolle, dass die Globalisierung nicht nur eine positive Konnotation hat, sondern dass daraus auch zum Teil erhöhte Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Gruppen in den Bevölkerungen entstehen, und dass hier sozusagen der Ausgleich, also der Kampf gegen die Ungleichheit, auch ein wichtiges Thema ist."
    Ban Ki Moon fordert mehr Einsatz für Flüchtlinge
    Inklusives Wirtschaftswachstum, also eine Entwicklung, die die Umwelt schont und den Natur- und Ressourcenverbrauch deutlich reduziert und alle mitnimmt, lautet der proklamierte Anspruch. Das entspricht den 17 Entwicklungszielen, die die UN-Mitgliedsstaaten 2012 bei der großen UN-Konferenz Rio+20 verabschiedet hatten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte in Hangzhou an die G20, diese "Sustainable Development Goals" ernst zu nehmen.
    Angesichts von 65 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht appellierte der UN-Generalsekretär an alle Regierungen, dies nicht hinzunehmen, es handelte sich um die größte Flüchtlingswelle seit Ende des 2. Weltkriegs.
    Wie im Jahr zuvor in Antalya soll klar werden, dass sich kein Staat der Verantwortung für Flüchtlinge entziehen darf. Außerdem werden sich die G20 mit Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und den leichtfertigen Umgang mit Antibiotika als Gefahr für das Weltgesundheitssystem befassen.
    Treffen zwischen Merkel und Putin
    Fast zwei Stunden lang traf sich gestern Bundeskanzlerin Merkel am Rande des Gipfels mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Themen waren Syrien und die – so Merkel – unhaltbare Situation in der syrischen Stadt Aleppo. Beide hätten sehr konkret darüber gesprochen, wie der Minsk-Prozess zur Konfliktlösung in der Ostukraine fortgesetzt werden könnte, erklärte danach Regierungssprecher Steffen Seibert.
    Das Gipfel-Communiqué wird für mittags deutscher Zeit erwartet. Dann wird auch bekannt, inwieweit es China und den USA gelungen ist, die anderen Staats- und Regierungschefs für weitere, sehr konkrete Klimaschutzmaßnahmen zu gewinnen – zum Beispiel für die Einführung eines Emissionshandelssystems im Flugverkehr. China und die USA waren am Samstag öffentlichkeitswirksam dem Pariser Klimaschutzabkommen beigetreten.