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EU-Studie
Muslime fühlen sich wegen ihrer Religion diskriminiert

Eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zeigt, dass sich Muslime ihrem jeweiligen EU-Heimatland zugehörig fühlen. Dennoch sehen sich viele weiterhin diskriminiert - nicht nur wegen ihrer Hautfarbe.

Von Christine Auerbach | 21.09.2017
    Zwei Muslima mit Kopftuch und Kinderwagen, Kreuzberg, Berlin, aufgenommen am 28.02.2017. Two Muslim with Headscarf and Pram Kreuzberg Berlin Date at 28 02 2017
    39 Prozent der in der EU-Studie befragten Muslime fühlen sich wegen ihrer Herkunft benachteiligt (imago stock&people)
    Die Grundaussage der neuen Studie zur Integration und Diskriminierung von Muslimen in der EU lässt sich in einem Satz zusammenfassen:
    "Dass diese oft wiederholte Aussage, Muslime möchten sich nicht integrieren, können sich nicht integrieren, nichts mehr als ein Mythos ist."
    Sagt Katya Andrusz, die Sprecherin der Agentur für Grundrechte der Europäischen Union, die die Studie durchgeführt hat. Die Mehrheit der Muslime in der EU fühlt sich ihrem EU Heimatland zugehörig. Und hat Vertrauen in die demokratischen Institutionen dort. Ganze 92 Prozent sagen außerdem, dass es ihnen nichts ausmacht andersgläubige Nachbarn zu haben.
    Isolierung wegen Diskriminierung
    Allerdings zeigt die Studie auch, dass sich 39 Prozent der befragten Muslime wegen ihrer Herkunft benachteiligt fühlen. Und dass sich diese Leute, mit schlechter Erfahrung, deutlich weniger mit dem Land in dem sie leben verbunden fühlen, als die anderen Muslime. Das hat Folgen für die Integration warnt Ioannis Dimitrakopoulos, der Verantwortliche der Studie:
    "Das ist ein Zeichen für die Zukunft, eine Alarmglocke, dass wir Maßnahmen brauchen, damit sich diese Leute nicht isolieren, an den Rand gedrängt fühlen. Das müssen wir vermeiden."
    Denn die Studie macht außerdem deutlich, dass Muslime wegen ihrer Religion stärker diskriminiert werden als früher. Bei der ersten Studie der Agentur vor neun Jahren gaben zehn Prozent der Befragten an, wegen ihrer Religion diskriminiert zu werden, heute sind es 17 Prozent.
    Hautfarbe nicht relevant
    Die meiste Diskriminierung erfahren dabei muslimische Befragte, die aus Nordafrika und Ländern südlich der Sahara in die EU gekommen sind. Wobei es in Deutschland einen Unterschied zum Rest der EU gibt:
    "In Deutschland war im Vergleich zu anderen Ländern die Hautfarbe am unwichtigsten. Die Befragten haben angegeben, dass sie glauben, ihre Probleme in Deutschland haben entweder mit ihrer Religion zu tun oder mit ihrer Herkunft. Nicht aber mit ihrer Hautfarbe."
    In allen EU Ländern gleich ist aber, dass es am meisten Diskriminierung bei der Arbeitssuche gibt, sagt Ioannis Dimitrakopoulos:
    "Das macht mir Sorgen. Weil Länder wie Deutschland, Frankreich oder die EU selbst schon einiges gemacht haben, um Diskriminierung bei der Arbeitssuche zu verhindern. Und trotzdem gibt es das noch. Wir müssen also mit Gewerkschaften und Arbeitgebern sprechen - nicht nur mit großen Konzernen, sondern auch mit dem kleinen Laden ums Eck - warum sie so zögern, Immigranten anzustellen, und was wir dagegen tun können."
    Intensive Zusammenarbeit, bessere Ausbildung, härtere Strafen
    Um Diskriminierung zu stoppen, so die Wissenschaftler der Grundrechteagentur, braucht es vor allem eines: Härtere Strafen, sagt Katya Andrusz:
    "Wir haben in Europa sehr solide Antidiskriminierungsgesetze und es muss klar gemacht werden von Politikern, von Journalisten, dass Diskriminierung nicht akzeptabel ist und nicht nur das, sondern dass sie illegal ist."
    Außerdem schlagen sie eine bessere Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei vor und intensivere Zusammenarbeit mit der muslimischen Gemeinschaft. Um muslimische Opfer von Diskriminierung und Hasskriminalität besser unterstützen zu können.