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Gabriels Israel-Reise
Absage verdeckt alles

Der Antrittsbesuch von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel in Israel wurde von der Absage des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu überschattet. Von der eigentlichen Intention des deutschen Außenministers für seine Reise sprach niemand.

Von Klaus Remme | 26.04.2017
    Außenminister Sigmar Gabriel äußert sich in Jerusalem zum abgesagten Treffen mit Ministerpräsident Netanjahu.
    Außenminister Sigmar Gabriel äußert sich in Jerusalem zum abgesagten Treffen mit Ministerpräsident Netanjahu. (dpa)
    Schlechte Diplomatie heißt es in der "Bild"-Zeitung, gut gemacht, kommentiert die "Süddeutsche Zeitung". Das Medienecho auf den Israel Besuch von Sigmar Gabriel ist vielfältig. Abgesehen von vereinzelter Kritik etwa durch die Deutsch-Israelische Gesellschaft, die Gabriel mangelndes Fingerspitzengefühl vorwarf, bekommt der Bundesaußenminister politisch vor allem Unterstützung. Vor der Absage des Termins durch den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu war über Stunden versucht worden, das Problem durch telefonisches Hin- und Her zu entschärfen, das Ganze offensichtlich in Absprache mit der Regierungszentrale in Berlin.
    Unterstützung für Gabriel in Berlin
    "Das Kanzleramt und der Außenminister waren regelmäßig in Kontakt", so Regierungssprecher Steffen Seibert heute, der inhaltlich völlige Übereinstimmung von Kanzlerin und Außenminister unterstrich: "Auch die Bundeskanzlerin sieht es als bedauerlich an, dass es gestern nicht zu einem Treffen zwischen Außenminister Gabriel und Premier- und Außenminister Netanjahu gekommen ist, auch bei Auslandsreisen der Bundeskanzlerin stehen regelmäßig Begegnungen mit Nicht-Regierungsorganisationen, mit Vertretern der Zivilgesellschaft auf dem Reiseprogramm und in einer Demokratie sollte es für ausländische Besucher ohne Probleme möglich sein, mit kritischen Vertretern der Zivilgesellschaft zu sprechen."
    Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich wurde am Morgen im Deutschlandfunk deutlicher:
    "Es geht natürlich nicht im Verhältnis von zwei Regierungen, dass man sich öffentlich erpressen lässt und genau das ist der Aspekt, den Ministerpräsident Netanjahu eingeführt hat, das versucht er immer wieder in der Innenpolitik aber er muss sich darüber im Klaren werden: Das ist für das diplomatische und internationale Geschäft nicht das Instrument der ersten Wahl."
    Gründe für Absage in israelischer Innenpolitik
    Mützenich nannte die israelische Innenpolitik, in der Tat sieht Sigmar Gabriel hier wesentliche Gründe für die gestrige Eskalation. Der frühere israelische Botschafter in Deutschland Avi Primor stimmt dieser Einschätzung zu. Primors direkter Amtsnachfolger Shimon Stein gab dem ZDF und dem Deutschlandfunk Interviews. Er sagte:
    "Ich habe immer die Ansicht vertreten und bleibe dabei, dass deutsche, europäische, amerikanische, wie auch immer, wenn sie Israel besuchen, sich nicht nur auf die Politik beschränken, sondern sich auch einen Eindruck über die Vielfältigkeit der israelischen Zivilgesellschaft machen und dazu gehören auch die zwei oder drei Organisationen, die für Netanjahu ein Dorn im Auge sind."
    In Berlin hofft man nun darauf, dass dieser Eklat ein Einzelfall bleibt. Sicher ist, er hat den Antrittsbesuch Gabriels überschattet, denn von der eigentlichen Intention des deutschen Außenministers, einem Anstoß für neue Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern, redet niemand.