Dienstag, 19. März 2024

Archiv


Gaddafis Kampf um Machterhaltung

Als die Zusammenstöße zwischen dem libyschen Regime und seinen Gegnern begannen, da ließ Abdel Rahman Shalgham sich Zeit: Der libysche Botschafter brauchte vier Tage, um anderen Diplomaten seiner UN-Vertretung zu folgen und sich von Muammar al-Gaddafi loszusagen.

Von Peter Philipp und Rolf Clement | 15.03.2011
    Inzwischen ist er zum Vertreter des "Interim-Rates" bei den Vereinten Nationen berufen, je mehr die Gegner Gaddafis aber in Bedrängnis geraten, desto mehr teilt Shalgham Kritik auch an die aus, auf deren Beistand er eben noch gehofft hatte: Die USA und Europa würden "mit der Schande leben" müssen, wenn sie den Aufständischen nicht zu Hilfe kämen. Der bisherige libysche Botschafter in Washington, Ali Suleiman Al Aujali, appelliert noch an die Welt: Ohne ihre Hilfe drohe seiner Heimat Schlimmes:

    "Diese Revolution wird nicht stoppen. Die Libyer haben keine Alternative: Entweder Sieg oder Tod. Es gibt keine Wahl: Wenn sie nicht im Krieg sterben, dann wird Gaddafi sie massakrieren."

    Den beiden Diplomaten ist – jedem auf seine Weise – deutlich anzuhören, dass das Blatt sich zu wenden beginnt und aus der Perspektive der Aufständischen Gaddafi die Oberhand zu gewinnen droht – mit allen Konsequenzen, die solch eine Entwicklung mit sich bringen dürfte. Für die Rebellen, für Überläufer wie Shalgham und Aujali wie auch für die Region und die Welt.

    Innerhalb nur weniger Tage hatte der Aufstand gegen Gaddafi den ganzen Osten des Landes erfasst, vor allem die Cyrenaika mit der zentralen Stadt Bengasi, wo sich – quasi als Übergangsregierung – ein "Interimrat" etablierte. Und auch im Nordwesten des Landes, zwischen Tripolis und der tunesischen Grenze, kontrollierten die Gaddafi-Gegner verschiedene Orte. Eine Machtübernahme – das war den Rebellen aber klar – wäre nur möglich, wenn entweder Gaddafi das Land verlässt oder aber die Hauptstadt Tripolis eingenommen wird.

    Hierzu aber fehlt ihnen die Stärke: Die Gegner Gaddafis waren und sind nicht nur schlecht organisiert, sie haben weniger und schlechtere Waffen als die offiziellen Streitkräfte, die sich auch noch auf afrikanische Söldner stützen können, auf Panzer, Artillerie und – vor allem – die Luftwaffe.

    Sehr früh schon war man auf die Idee gekommen, dass die Verhängung einer Flugverbotszone über Libyen die Antwort sein könnte. Mustafa Abdel Jalil, der Chef des "Interimrates", forderte sie bereits, als das Kriegsglück noch auf Seiten der Rebellen zu sein schien:
    "Die Unterstützung für Gaddafi bricht zusammen. Jetzt kann er sich nur noch auf Söldner verlassen. Die internationale Gemeinschaft bitten wir nur um eines: Eine Schließung des Luftraums, die verhindert, dass Flugzeuge diese Söldner ins Land bringen."

    Der Appell blieb ohne Wirkung: Die Welt diskutierte zwar darüber, sie handelte aber nicht. Zwar gibt es in Europa und in den USA durchaus Befürworter solch einer aktiven Unterstützung für die Gaddafi-Gegner, andere aber – als einer der ersten US-Verteidigungsminister Robert Gates - warnen, dass solch eine Maßnahme ein erster Schritt in ein direktes militärisches Engagement in Libyen sein könnte – mit unabsehbaren Folgen für alle Beteiligten.

    Andere Experten verweisen darauf, dass die Verhängung einer Flugverbotszone nicht kriegsentscheidend sein müsse. Dies könne man am Beispiel des Irak ablesen: Die USA hatten nach der Vertreibung der irakischen Truppen aus Kuwait 1991 Flugverbotszonen im Norden und Süden des Irak verhängt, um die dort lebenden Kurden und Schiiten vor den Angriffen und der Willkür Saddam Husseins zu schützen. Sie wurden zwar tatsächlich nicht mehr mit Kampfflugzeugen angegriffen, ihre Lage verschlechterte sich dennoch: Jahrelang litten sie unter Verfolgung.

    Die Europäer verfielen deswegen im Fall Libyens auf die Idee, dass man sich Rückendeckung in der arabischen Welt holen sollte. Besonders, wenn die Arabische Liga zustimmen würde, dann sähe die Sache doch ganz anders aus. Und natürlich müsse das Ganze von der UNO beschlossen werden. Der italienische Außenminister Franco Frattini:

    "Italien kann das akzeptieren. Vorausgesetzt, es gibt einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und der NATO und die klare Unterstützung durch die Arabische Liga und eine Hinzuziehung der Afrikanischen Union. Ich sehe dann durchaus eine Option für eine Flugverbotszone. Was aber sehr wichtig ist, das ist das Gipfeltreffen der Arabischen Liga am Samstag, das über diese Option entscheiden soll."

    Die 1945 gegründete Arabische Liga mit ihren 22 Mitgliedsstaaten ist bisher noch nie als wirkungsvolles Instrument bei der Schlichtung innerarabischer Probleme aufgetreten. Weder im Jemen in den 60er-Jahren und dann wieder in den 90ern, nicht im Libanon, in Algerien noch im Irak hat die Arabische Liga eine entscheidende Rolle gespielt. Zum Teil, weil es zu den verbrieften Grundsätzen der Liga gehört, sich nicht in die internen Angelegenheiten ihrer Mitgliedsstaaten einzumischen. Zum anderen aber auch, weil die Organisation ihre Daseinsberechtigung allzu lange aus dem Israel-Palästina-Konflikt ableitete.

    Umso überraschender, dass die Liga schon bald nach Ausbruch der Unruhen in Libyen beschloss, dieses Land "bis auf weiteres" von ihren Sitzungen auszuschließen. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Moussa, begründete den Beschluss des Ministerrats:

    "Der Rat verurteilt die Verbrechen, die gegen die friedlichen Demonstrationen und den Protest in vielen libyschen Städten und in der Hauptstadt Tripolis begangen wurden. Der Rat verurteilt auch auf das Schärfste jede Gewalt gegen die Demonstranten. Dies kann in keiner Weise akzeptiert oder gerechtfertigt werden – besonders, wenn dazu fremde Söldner eingesetzt werden, scharfe Munition und schwere Waffen."

    Gegenüber keinem Mitglied wäre es leichter gewesen, solch einen Beschluss herbeizuführen: Das Libyen Muammar al Gaddafis galt auch in der Arabischen Liga seit Langem als gefährlicher Einzelgänger, mit dem keiner etwas zu tun haben wollte. Wenn Gaddafi nicht zu den Gipfelkonferenzen der Liga erschien, dann atmete man auf, denn meist arteten seine Auftritte zu Beschimpfungen der anderen Teilnehmer aus. Ohne libysche Beteiligung hatte die Arabische Liga denn auch kein Problem, sich in der Frage der Flugverbotszone zu einigen. Einstimmig wurde beschlossen, einer solchen Maßnahme zuzustimmen und sie auch aktiv im UN-Sicherheitsrat zu beantragen. Amre Moussa erläutert die plötzliche Bereitschaft zu größerem Engagement:

    "Was die Flugverbotszone betrifft, so hat sie ein Ziel: Die Zivilbevölkerung zu schützen. Ohne Rücksicht auf irgendeinen Präzedenzfall: Wir wollen die Zivilbevölkerung in Libyen schützen – nach all den Berichten von Angriffen und Verlusten und einer sehr gespannten, einer sehr blutigen Lage dort."

    Der Beschluss der Arabischen Liga erscheint mehr als zwiespältig: Einerseits Zustimmung zur Flugverbotszone und kurz darauf – im Auftrag der Liga – der Antrag des Libanon im UN-Sicherheitsrat, eine solche Zone einzurichten. Gleichzeitig aber auch eine unmissverständliche und kompromisslose Ablehnung der Arabischen Liga von jeder Art fremder militärischer Intervention in Libyen.
    Und zudem fehlt bisher jeder Hinweis, dass Mitglieder der Arabischen Liga bereit wären, sich an den Maßnahmen zur Einrichtung und Überwachung der Flugverbotszone zu beteiligen - haben doch die meisten arabischen Staaten gerade ihre eigenen Probleme mit Bürgerprotest und gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Demonstranten. So zieht man sich gerne hinter den Grundsatz der Liga zurück, jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Mitglieder zu unterlassen. Grundsätzlich einer Flugverbotszone zuzustimmen, war wohl das Maximum, das von der Arabischen Liga zu erwarten und zu bekommen war.
    Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass nur Stunden nach diesem Beschluss saudische Panzerfahrzeuge und Truppen in Bahrein einrückten, um das sunnitische Königshaus dort gegen den anhaltenden und wachsenden Protest vor allem der schiitischen Bevölkerungsmehrheit zu schützen. Schiitische Sprecher werfen den Saudis vor, als Besatzer aufzutreten, Riad aber verweist auf ein Hilfsersuchen des bahreinischen Königshauses. Doppelte Moral? Zumindest formal liegen die Dinge hier anders als im Fall der Arabischen Liga und Libyen: Bahrein und Saudi-Arabien gehören dem "Golf-Kooperationsrat" (GCC) an, dessen Mitglieder einander Beistand und Unterstützung zugesichert haben.

    Die Arabische Liga hat zwar ihre Zustimmung gegeben, aber niemand weiß, wie lange es noch dauern wird, bis in Libyen eine Flugverbotszone eingerichtet wird. Wenn dies überhaupt noch geschieht. Ein Gaddafi-Gegner zu einem Journalisten der "New York Times":
    Gaddafi-Gegner: "Ich hoffe das. Es ist sehr, sehr ... schwierig für uns. Wir warten jetzt auf Obama – dass er mit Flugzeugen anfängt. Verstehen Sie? Wir können gar nichts machen."

    Der amerikanische Präsident verschanzt sich unterdes hinter vermeintlichen Erfolgsmeldungen auf anderem Gebiet und erwähnt die Flugverbotszone gar nicht erst:

    Obama: "Wir ziehen die Schlinge um Gaddafi immer fester. Er ist international immer mehr isoliert – sowohl durch Sanktionen als auch durch ein Waffenembargo."

    Und vor Ort nutzt Gaddafi unterdessen die Unfähigkeit des Auslandes, der Opposition zu Hilfe zu kommen: Binnen weniger Tage haben Regierungstruppen – ein Teil von ihnen unter dem Befehl verschiedener Söhne Gaddafis – Orte zurückerobert, die bereits unter Kontrolle der Opposition standen. Hierbei werde rücksichtslos vorgegangen, wie ein Gaddafi-Soldat stolz verkündet:

    Gaddafi-Soldat: "Wie der Bruder, der Führer gesagt hat: Wir gehen von Haus zu Haus vor, von Wohnung zu Wohnung, von einem zum anderen, von einer Gasse zur nächsten, Zentimeter für Zentimeter. Bis wir die ägyptische Grenze erreichen – Insh-Allah. Diese Banden – wir haben viele von ihnen gefangen genommen – die wissen nicht, was sie sagen, man kann nicht verstehen, was sie sagen. Sie benehmen sich nicht wie normale Menschen. Am nächsten Tag, wenn sie nicht mehr "high" sind, dann sagen sie: Was tun wir hier in Bin Jawad? Was tun wir hier in Ras Lanuf? Wir sagen unserem Führer, was wir auch in der Vergangenheit gesagt haben: Wir stehen zu Dir, du Held der Helden, du mutiger Ritter zu Pferde. Wir stehen zu dir, wir werden dich nie verlassen."
    Die Regierungstruppen nähern sich immer mehr der Stadt Bengasi. Der Kampf um den Machterhalt Gaddafis wird immer verbissener geführt, von regimetreuen Truppen gegen Teile des eigenen Volkes. Auf welche Weise könnte die Staatengemeinschaft unter diesen Bedingungen der libyschen Bevölkerung Schutz durch eine Flugverbotszone gewähren?

    Verbindlich beschließen kann eine Flugverbotszone nur der UN-Sicherheitsrat, der nach dem Völkerrecht das Gewaltmonopol in der Welt besitzt. Er kann eine solche Zone zum Schutz der Zivilbevölkerung anordnen. Allerdings wurde das Ansinnen der Arabischen Liga beim UN-Sicherheitsrat in New York nicht gerade mit Jubel begrüßt. Zwar konferierten die Botschafter gestern, um über die weitere Behandlung des Flugverbots zu sprechen, aber inhaltlich kam wenig Konkretes zustande: Man vereinbarte, sich nochmals zu treffen. Der Libanon will mit Großbritannien und Frankreich einen Resolutionsentwurf für das Flugverbot erarbeiten, drei Staaten, die sich für eine solche Zone ausgesprochen haben. Das vermag aber nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die 15 Länder, die dem Gremium gegenwärtig angehören, sich nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten, man verständigte sich lediglich über dieses Vorgehen.

    Dabei ist vor allem ein Blick auf die Interessenlage der fünf ständigen Mitglieder entscheidend, weil diese durch ein Nein, ihr Veto, einen Beschluss verhindern können. Die Kernfrage ist, wer denn ein solches Flugverbot, wenn man es denn beschlösse, durchsetzen könnte. China und Russland haben kein Interesse daran, ausgerechnet die NATO, das westliche Verteidigungsbündnis, das als US-geführt wahrgenommen wird, offiziell zu legitimieren, diesen Kriegseinsatz durchzuführen. Gestern verlautete: Es gäbe noch Gesprächsbedarf hinsichtlich der Umsetzung eines solchen Beschlusses. Hinzu kommt: Die Arabische Liga hat deutlich gemacht, dass sie ein Eingreifen von außen eigentlich nicht, von Seiten der NATO schon gar nicht möchte.

    Auch in der Atlantischen Allianz wird das Thema Flugverbotszone heiß diskutiert. Die militärischen Dienststellen der NATO, vor allem das Hauptquartier für Einsätze im belgischen Mons, haben den Auftrag bekommen, Optionen für eine entsprechende Operation zu erarbeiten – Optionen, die den politisch Handelnden als Entscheidungsgrundlage dienen könnten. US-Verteidigungsminister Robert Gates letzte Woche nach einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister:

    "Wir waren uns alle einig, dass die NATO nur handelt, wenn sie dazu aufgefordert wird und es notwendig erscheint, und wenn starke regionale Unterstützung gegeben ist. Wir waren uns auch einig, dass alle militärischen Optionen in Betracht gezogen werden sollten."

    Da gibt es zunächst einmal politische Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, bevor die NATO sich überhaupt offiziell mit der Flugverbotszone befasst. Zuerst, so heißt es in der Allianz, müssten die regionalen Organisationen einer Flugverbotszone zustimmen. Die Arabische Liga hat dies getan, aber es werden auch Stimmen laut, die einen ähnlichen Beschluss der Organisation Afrikanischer Staaten noch vermissen – oder vielleicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch vermissen wollen.

    Die zweite Voraussetzung, die in den Wandelgängen der NATO-Zentrale zu hören ist: eine Zustimmung der direkten Nachbarn. Diese liegt noch nicht vor. Außenminister Guido Westerwelle geht noch einen Schritt weiter:

    "Es ist richtig, dass die Vereinten Nationen ihr Wort machen müssen, und mindestens so wichtig ist, dass die Arabische Liga nicht nur politisch unterstützt, sondern jede Maßnahme, die über gezielte Sanktionen hinausgeht, auch selber mit trägt, indem sie sich daran beteiligt."

    Wenn die arabischen Staaten einen Einsatz der NATO nicht wollen, gäbe es eine Alternative: Auch die Europäische Union verfügt über einen militärischen Arm. Nach den Regeln, die 1996 bei einer Tagung der NATO-Außenminister in Berlin beschlossen und später immer weiter entwickelt wurden, kann die EU eine solche Mission übernehmen und dabei auf Einrichtungen der NATO zurückgreifen – zum Beispiel auf Planungselemente aus dem Hauptquartier in Mons oder auch auf militärische Verbände, die eigentlich der NATO unterstehen, dann aber "ausgeliehen" würden. Die politische Führung dieses Einsatzes läge dann bei der EU, die militärische bei dem Stab, der dafür festgelegt wird. Das kann auch ein NATO-Stab sein.

    Um so vorzugehen, bedürfte es eines Beschlusses der EU und einer Zustimmung der NATO. In der NATO würde eine solche Zustimmung aber nicht zustande kommen, weil dort das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Die Türkei würde aus politischen Gründen einer Bereitstellung von NATO-Kräften für die EU nicht zustimmen. Aufgrund des Zypern-Problems wendet sich die Türkei prinzipiell gegen jede Zusammenarbeit zwischen NATO und EU.

    Somit bliebe als Durchführungsorgan wieder nur die NATO. Für sie ist zwingend erforderlich ein Beschluss des UN-Sicherheitsrates, der bisher nicht vorliegt. Die spürbare Unschlüssigkeit der Botschafter in der gestrigen Sitzung lässt nicht erwarten, dass es in New York schnell zu einer Beschlussfassung kommen könnte.
    Die politischen Gremien der NATO sind zudem auf die Expertise der Militärs angewiesen. Dabei geht es um die Frage, mit welchem Aufwand und mit welchen Folgen eine solche Flugverbotszone durchgesetzt werden kann. Denn daran, dass der libysche Diktator Gaddafi einen solchen Beschluss akzeptieren würde, glaubt niemand.
    Die bisherigen Erfahrungen mit Flugverbotszonen stimmen da eher bedenklich. Sowohl in Bosnien-Herzegowina wie auch im Irak – in den beiden Ländern, in denen es in den letzten Jahrzehnten international verhängte und durchgesetzte Flugverbotszonen gab – führten diese Zonen unweigerlich auch zum Einsatz von Bodentruppen.

    Mit der militärischen Durchsetzung einer Flugverbotszone übernimmt die Staatengemeinschaft politisch auch eine Verantwortung für den Wiederaufbau des Landes, gegen das die Flugverbotszone durchgesetzt werden muss. Also besteht die Gefahr, dass die Staatengemeinschaft in einen Einsatz schlittert, in den sie eigentlich nicht hineingezogen werden will. Und dies geschähe wiederum in einem islamischen Land – was trotz des Beschlusses der Arabischen Liga zu unliebsamen Reaktionen führen könnte. Bundesaußenminister Guido Westerwelle:

    "Meine Aufgabe als deutscher Außenminister ist es, dafür zu sorgen, dass Freiheit und Frieden sich verbreiten können, aber es ist nicht meine Aufgabe, zuzusehen, wenn wir durch unüberlegte Handlungen in einen neuen Krieg hineingezogen würden."
    Offiziere der NATO betonen nachdrücklich, dass man prüfen müsse, ob es denn noch eine Bedarfslage für die Durchsetzung einer Flugverbotszone gäbe. Was würde sie tatsächlich helfen? Benötigt Gaddafi in diesem Stadium der Auseinandersetzung seine Luftwaffe noch? Ist die militärische Lage in Libyen noch so offen, dass durch die libysche Luftwaffe ein Vorteil für die Gaddafi-treuen Kräfte entsteht, den sie nicht auf andere Weise bereits erreicht haben? Ein NATO- Offizier äußerte gestern denn auch: Die Flugverbotszone komme, wenn man sie denn wolle, zu spät. Gaddafis Truppen seien doch schon um die entscheidende Ecke. Demnach erscheint fraglich, ob heute noch ein militärischer Bedarf für eine Flugverbotszone besteht.

    Derjenige, der einen solchen Einsatzbefehl gibt, hat auch zu bedenken, wie ein Ausstiegsszenario aussehen könnte, das heißt, wie sich eine derartige militärische Operation beenden lässt. Dass darüber jetzt schon vor der Beschlussfassung gesprochen wird, ist eine Lektion, die man bei den bisherigen Einsätzen in Afghanistan und auf dem Balkan gelernt hat.