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Gaming-Trends 2018
Zwischen Politik und Überlebenskampf

2018 werden Computerspiele keine wegweisenden Neuerungen mit sich bringen. Die Branche setzt auf Altbewährtes: Denn mit Fortsetzungen bekannter Titel verspricht man sich auch kommendes Jahr volle Kassen. Ein paar Veränderungen gibt es aber doch - sie stecken allerdings im Detail.

Von Tobias Nowak | 28.12.2017
    Ein Screenshot aus dem Ego-Shooter "Wolfenstein II" zeigt den sogenannten Super-Soldier
    Der Ego-Shooter "Wolfenstein II" wurde in den Vereinigten Staaten beworben mit dem Slogan: "Make America Nazi-free again!" (Bethesda 2017)
    Mit diesem Riesenerfolg hatte niemand gerechnet: Das Independent-Spiel "PlayerUnknown's Battlegrounds" wurde bereits in der Test-Phase mehr als 20 Millionen Mal gekauft. Die Spielidee ist einfach: 100 Spieler landen mit Fallschirmen auf einer Insel. Nur einer verlässt sie lebend.
    Das "Jeder gegen jeden"-Genre - unter Gamern "Battle Royale" genannt - ist bei Weitem nicht neu, aber mit "PlayerUnknown's Battlegrounds" erreichte es ungeahnte Beliebtheit - und das ohne die Unterstützung eines großen Spielverlags. 2018 wird "PlayerUnknown'Battlegrounds" voraussichtlich ein eSport-Titel, in dem Profis nicht nur ums virtuelle Überleben, sondern auch um hohe Preisgelder kämpfen werden. Und natürlich werden viele Nachahmer den Markt mit "Battle Royal"-Spielen überschwemmen, wie das jetzt schon erfolgreiche "Fortnite".
    Für das nächste Jahr ist außerdem zu hoffen, dass nach den Independent-Entwicklern nun auch die großen Entwicklerstudios langsam den Mut entwickeln, ihre Spiele explizit politisch werden zu lassen. Das 2017 heftig diskutierte "Wolfenstein II: The New Colossus" ließ den Spielhelden in einer alternativen Vergangenheit reihenweise Nazis "abballern …
    "Kommt her und holt mich, Ihr weißen Faschisten-Schweine!"
    … und wurde in den Vereinigten Staaten beworben mit dem Slogan:
    "Make America Nazi-free again!"
    Politische Statements? "Da werden immer wieder Chancen verpasst"
    2018 steht nun der Blockbuster "Far Cry 5" an. In der "Far Cry"-Reihe kämpfen die Spieler traditionellerweise gegen durchgeknallte Diktatoren in exotischen Weltgegenden. Diesmal geht es aber nach Montana, USA, gegen einen evangelikalen Führer, der in seiner Gemeinde mit Waffengewalt ein Gottesreich zu errichten sucht.
    "Und wir werden euch holen, freiwillig oder nicht! Ich bin Euer Vater und Ihr seid meine Kinder."
    Der Hersteller Ubisoft streitet jedoch ab, dass das Spiel irgendeinen realweltlichen Kommentar abgeben wolle. Kulturwissenschaftler und Computerspiel-Experte Christian Huberts:
    "Da werden immer wieder Chancen verpasst, eigentlich Computerspiele auch endlich als ein Medium zu betrachten, was politische Aussagen treffen kann, was sich innerhalb von gesellschaftlichen Diskursen irgendwie positioniert. Stattdessen geht man halt immer auf Nummer sicher, und das wär vielleicht auch 'ne Hoffnung für 2018, dass sich dort mehr Entwickler trauen, da auch politische Aussagen zu machen und dann diese politischen Aussagen, für die auch Verantwortung zu übernehmen und sich sowohl Kritik wie Zuspruch dafür anzuhören."
    Ferne Welten im Touristen-Modus besuchen
    Ein junger Trend, der sich 2018 verstärken wird, ist die Möglichkeit, die Schwierigkeitsstufen auch eigentlich anspruchsvoller Spiele individuell soweit herunterzudrehen, dass sie keine große Herausforderung an die Geschicklichkeit mehr darstellen. Das erlaubt den Gamern bei Story-basierten Spielen, sich ausschließlich auf die Handlung zu konzentrieren, die Action-Elemente entfallen.
    Ein junger Mann sitzt voer einem Bildschrim. Er trägt Kopfhörer und spielt "PlayerUnknown's Battlegrounds"
    Das Independent-Spiel "PlayerUnknown's Battlegrounds" wurde bereits in der Test-Phase mehr als 20 Millionen Mal gekauft (Tang Ke/Imaginechina/dpa)
    "Ganz prominentes Beispiel ist das aktuelle 'Assassin's Creed Origins', was demnächst einen Tourist-Mode bekommt, also einen Spielmodus, in dem man quasi die Spielwelt frei erforschen kann, ohne dabei die ganze Zeit Angst haben zu müssen von irgendwelchen Gegnern getötet zu werden", sagt Christian Huberts.
    Damit auch Geschichtsinteressierte ohne jegliche Spielerfahrungen das alte Ägypten in "Assassin’s Creed" konfliktfrei erforschen können, wird sogar die Navigation im Spiel völlig überarbeitet. Die Trend zum geruhsamen, stressfreien, beobachtenden Spiel erfasst inzwischen offenbar auch die Hochpreis-Titel.
    Blockbuster mit Entwicklungskosten im zwei- oder dreistelligen Millionenbereich
    Für große Vorfreude sorgt "Red Dead Redemption 2".
    "Maybe when you're mother's finished mourning your father, I'll keep her in black … on your behalf."
    Die Fortsetzung des extrem stimmungsvollen und prächtigen Wild-West-Spiels verspricht wieder cineastische Unterhaltung vom Feinsten, …
    "Where's our money?!?"
    … ist aber trotzdem "nur" die Weiterentwicklung eines bekannten Blockbusters. Noch einmal Kulturwissenschaftler Christian Huberts:
    "Da wird etwas Altes in besserer Form geboten, aber nicht zwangsweise irgendetwas, was jetzt das Computerspiel noch mal neu erfindet."
    Denn bei Entwicklungskosten im zwei- oder sogar dreistelligen Millionenbereich für die großen Blockbuster ist den meisten Verlagen das Risiko zu groß, von bewährten Konzepten abzuweichen. Es sind stattdessen die kleineren, unabhängigen Independent-Entwickler, oft Einzelpersonen, die mit originellen Ideen überraschen und begeistern. Die umwerfende Grafik der Blockbuster und die sprudelnde Kreativität der Indies werden auch 2018 wieder zu einem spannenden Gaming-Jahr werden lassen.