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Gangsterserie "Peaky Blinders"
Am schlimmsten sind die Bestechlichen

In ihren Hutkappen, den "Peaks", haben sie Rasierklingen eingenäht, die sie als Waffen benutzen: Die "Peaky Blinders" sind eine üble Gangstertruppe, die im Birmingham der 1920er-Jahre ihr Unwesen trieb. Die BBC hat aus ihrer Geschichte eine Gangsterserie gemacht, Arte zeigt die deutsche Fassung.

Von Michael Meyer | 12.03.2015
    Der irische Schauspieler Cillian Murphy posiert auf der Pressekonferenz für "Aloft" am 12.02.2014 während der 64. Internationalen Filmfestspiele in Berlin.
    Der irische Schauspieler Cillian Murphy spielt den Anführer der Gang, Thomas Shelby. (dpa / picture alliance / Daniel Naupold)
    "Die Peaky Blinders ... die brutale und gnadenlose Bande, die die Sehenden blendet, und den Sprechenden die Zungen herausschneidet. Sie sind aber noch schlimmer. Die unter ihnen, die sich bestechen lassen seit dem Ende des Krieges, die unter ihnen, die einfach wegsehen."
    Chester Campbell, ehrgeiziger Polizei-Ermittler, gespielt von Sam Neill, ist eigens aus Belfast herübergekommen, um in dem stinkenden Industriemoloch Birmingham aufzuräumen, und das nicht nur in der Unterwelt, sondern auch innerhalb der Polizei. Die Stadt ist im Jahr 1919, in dem die Serie spielt, eines der industriellen Zentren Großbritanniens. Arbeit gibt es zwar - aber eben auch jede Menge Korruption, Prostitution, Waffen- und Drogenhandel, Wettbetrug. Für all diese Verbrechen stehen die "Peaky Blinders", eine Jugendgangstertruppe, die im echten Leben bereits in den 1870er Jahren Birminghams Unterwelt beherrschten.
    In der Serie wird die Gang von Thomas und Arthur Shelby angeführt. Thomas, der jüngere, gespielt von Cillian Murphy, hat ein Problem: Durch ein Versehen haben seine Männer eine Waffenlieferung der britischen Regierung erbeutet, die für Libyen bestimmt war:
    - Das liegt jetzt alles in Charlie Strongs Hinterhof.
    - Sag mir, du hast sie weggeworfen.
    - Erstmal haben wir sie da trocken untergestellt. Geschmiert sind sie noch nicht.
    - Darum haben sie also diesen Typen aus Belfast geschickt.
    - Vielleicht, aber vielleicht auch nicht. Thomas, du bist Buchmacher, Dieb, tapferer Kämpfer, kein Schwachkopf. Verkaufst du die Waffen an jemanden, der sie einsetzt, wirst du hängen.
    Brutale Verhörmethoden, Gebrochenheit der Figuren
    Doch das heikle Diebesgut loszuwerden, ist nicht so einfach. Zu alldem ist der clevere Ermittler Campbell den Gebrüdern Shelby auf den Fersen. Durch einen Hinterhalt bekommt Campbell den älteren Bruder Arthur in die Finger und verhört ihn brutal:
    - Das einzige, was mich auf dieser Welt interessiert, ist die Wahrheit. Also: Was wissen Sie von dem Diebstahl?"
    - Welcher Diebstahl?
    - Ich frage Sie noch einmal: Was wissen Sie von dem Diebstahl?
    - Ich schwöre bei Gott, ich weiß nicht, wovon Sie reden. Was für ein verfluchter scheiß Diebstahl?
    Das Spannende an der Serie, und darin ist "Peaky Blinders" vielen anderen Serien nicht unähnlich, ist die Gebrochenheit der Figuren. So ist der junge Held Thomas Shelby nie ganz durchtrieben und nur schlecht, er zeigt auch menschliche Züge und ist selbst Opfer seiner eigenen Erlebnisse: Er kämpft mit - wie man heute sagen würde - posttraumatischem Stress. Seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg in Frankreich ließen ihn zum Opium greifen. Albträume plagen ihn: "Thommy!!!"
    Auch mit der eigenen Familie hat es Thomas Shelby nicht leicht: Seine hübsche Schwester Ada macht ihm Ärger, weil sie sich ausgerechnet in einen Rädelsführer der Kommunisten verliebt. Seine Tante Polly, eine Art whiskeytrinkende Patin des Familienclans, redet ihm in die Geschäfte hinein. Und dann ist da noch die blonde Grace, die als Kellnerin ausgerechnet in dem Pub anheuert, das den Peaky Blinders als Hauptquartier dient. Doch Grace ist in Wahrheit Spionin für die Polizei.
    Großer Erfolg in der BBC
    Drehbuchautor Steven Knight hat eine Welt erschaffen, die düster-schmutzig in braun-beige daherkommt, und die beinahe auch irgendwo im Wilden Westen spielen könnte, wären da nicht die rauchenden Industrieschlote von Birmingham. Die Pubs erinnern an die Saloons irgendwo in Arizona, das Benehmen der Kerle ist ähnlich schroff und brutal. Einzig die Kleidung erinnert daran, dass wir im 20. Jahrhundert sind. Nicht nur so mancher visuelle Einfall ist faszinierend anzusehen, etwa lange heranzoomende Kamerafahrten oder Türen, die sich öffnen, und man ist urplötzlich in einer anderen Welt. Es muss eine depressive, anstrengende Zeit gewesen sein, damals in Birmingham.
    In der BBC lief die Serie so erfolgreich, das bereits eine zweite Staffel produziert und gesendet wurde, die dritte ist gerade in Arbeit. Nicht nur visuell ist die Serie etwas Besonderes, auch die Musik der Serie ist clever ausgewählt - der Titelsong dürfte jedem Nick Cave-Fan bekannt sein: "Red Right Hand" heißt der Song. Daneben hört man noch Musik von Tom Waites und den White Stripes. Alles in allem also ein tolles Stück Serie - selbst für diejenigen, die eigentlich keine Kostümfilme mögen.