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Gas aus Russland

Die Energiegroßmacht Russland hat an diesem Freitag offiziell mit dem Bau der rund 2380 Kilometer langen Pipeline South Stream vom Schwarzen Meer bis nach Italien begonnen. Damit stößt der russische Gasmonopolist Gazprom weiter auf den europäischen Energiemarkt vor.

Von Gesine Dornblüth | 07.12.2012
    In Anwesenheit von Staatspräsident Vladimir Putin schweißten Arbeiter heute nahe der russischen Hafenstadt Anapa die erste Naht der Gaspipeline South Stream zusammen.

    Zur feierlichen Eröffnung waren auch viele Gäste aus dem Ausland angereist. Denn South Stream wird von einem internationalen Konsortium gebaut. Der russische Staatskonzern Gazprom hält mit 50 Prozent den größten Anteil, außerdem sind der italienische Energieversorger Eni mit zwanzig und die französische EDF sowie die deutsche Wintershall mit jeweils 15 Prozent an der Pipeline beteiligt. Der Gazprom-Vositzende Alexej Miller:

    "Der heutige Baubeginn von South Stream ist ein historisches Ereignis und ein gemeinsamer Sieg von uns und unseren Partnern. Wir haben die Vorbereitungen innerhalb sehr kurzer Zeit abgeschlossen und liegen mit dem Baubeginn exakt im Zeitplan."

    Die Pipeline wird über 900 Kilometer Meeresgrund in den bulgarischen Hafen Warna führen, und von dort weiter über den Balkan nach Italien. Im Schwarzen Meer sind Tiefen von 2000 Meter zu überwinden. Die Finanzierung des rund 16 Milliarden Euro teuren Projekts war lange unsicher. Vor nicht mal einem Monat hatte Bulgarien zugestimmt, den Bau auf dem bulgarischen Teilabschnitt zu finanzieren. Im Gegenzug sagte Gazprom Bulgarien einen Rabatt von 20 Prozent auf russisches Gas zu.

    Russland will mit South Stream vor allem den störungsfreien Gasexport Richtung Westen sicherstellen. Vor allem die Ukraine hatte als Transitland immer wieder für Engpässe gesorgt. Grund waren Streitigkeiten zwischen der Ukraine und Russland. Bereits im letzten Jahr hatte Russland deshalb die Ostseepipeline Nord Stream in Betrieb genommen, die die Ukraine umgeht. Gazprom-Chef Aleksej Miller:

    "Mit der Inbetriebnahme von South Stream werden wir die Transitrisiken vollständig liquidieren. Unser Hauptgewinn besteht darin, dass wir jetzt größere Mengen nach Europa exportieren können."

    Russland setzt nach wie vor auf die EU als strategischen Absatzmarkt. Russlands Gasexporte dorthin waren zuletzt zurückgegangen, weil die EU insgesamt weniger Energie verbrauchte. Dazu kommt die Konkurrenz von Gas aus den USA und von Steinkohle. Außerdem will die EU ihre Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern. Skeptiker zweifeln deshalb, ob Russland seine neuen Exportpipelines überhaupt voll nutzen können wird. Russlands Energieminister Aleksandr Nowak rechnete kürzlich vor:

    "Der Gasverbrauch in Europa wird davon abhängen, in welchem Maß die großen Ökonomien auf alternative Energien und auf Atomenergie setzen. Die Nachfrage nach Gas wird dementsprechend entweder auf dem jetzigen Niveau von 550 Milliarden Kubikmeter stagnieren mit einem Wachstum von maximal einem Prozent im Jahr, oder sie wird, wie viele Analysten meinen, bis 2030 auf ein Niveau von über 800 Milliarden Kubikmeter ansteigen. Wir gehen davon aus, dass die EU in jedem Fall 70 Prozent ihres Bedarfs importieren muss. 2030 werden das zwischen 400 und 500 Milliarden Kubikmeter Gas sein."

    South Stream ist auf 63 Milliarden Kubikmeter im Jahr ausgelegt. Aleksej Miller betonte heute:

    "Dieses Projekt wird von den Märkten gebraucht. Das gesamte Liefervolumen ist bereits vergeben."

    Damit South Stream 2015 in Betrieb gehen kann, muss Russland auch noch seine Zulieferpipelines modernisieren, die das Gas aus Sibirien an die Schwarzmeerküste bringen. Das wird weitere etwa elf Milliarden Euro kosten. Der Bau von South Stream könnte das endgültige Aus für das Konkurrenzprojekt bedeuten, für die von der EU favorisierte Nabucco-Pipeline. Nabucco soll Gas aus dem Kaspischen Raum und aus Zentralasien unter Umgehung Russlands in die EU bringen. An dem Projekt wäre der deutsche Konzern RWE beteiligt. Medienberichten zufolge, erwägt er bereits, aus Nabucco auszusteigen.