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Gasförderung
Fracking ist nicht gleich Fracking

Beim Fracking werden große Mengen chemikalienhaltiges Wasser in die Erde gepumpt, damit das dort eingeschlossene Erdgas ausströmen kann. Das Verfahren variiert allerdings je nach Zusammensetzung des Bodens.

Von Michael Engel | 23.12.2013
    Mehrere Millionen Liter Wasser - vermengt mit giftigen Substanzen - werden beim Fracking unter hohem Druck in ein Bohrloch gepresst. Dabei entstehen Risse im Gestein, aus denen dann Erdgas durch das Bohrloch nach oben strömt. Dreh- und Angelpunkt der Kritik am Fracking sind die sogenannten Additive, die dem Wasser beigemischt werden. Darunter Pestizide, Fungizide, sogenannte Kettenbrecher, Korrosionsschutzmittel und Erdöl als "Reibungsverminderer". In den Augen von Greenpeace eine gefährliche Brühe, die in die menschliche Umwelt gelangen kann. Christoph von Lieven:
    "Unserer Meinung nach ist Fracking nicht nur unnötig, weil wir keine weiteren Quellen fossiler Energie brauchen, sondern dringend umsteigen müssen auf erneuerbare Energien. Es birgt auch noch etliche Gefahrenpotenziale. Und allein schon nach dem Vorsorgeprinzip, das wenn diese Gefahrenpotenziale nicht wirklich ausgeschlossen werden können, sind wir der Meinung, dass wir Fracking hier nicht betreiben sollten."
    Der Energiemulti Exxon Mobil beteuert auf seiner Webseite, Deutschland habe bereits 50 Jahre Erfahrung mit Fracking, ohne einen einzigen Fall der Trinkwasserverunreinigung. Auch nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe wurde in Deutschland erstmals schon in den 60er Jahren gefrackt, im rotliegenden Sandstein, wo das sogenannte Tightgas eingeschlossen ist. In diesem Fall sind die mit Erdgas gefüllten Gesteinsporen recht groß, rund ein Millimeter im Durchmesser und miteinander verbunden - ein zusammen hängender Hohlraum. Die Rissbildung durch Fracking hat hier vor allem das Ziel, die Strömungsgeschwindigkeit bei der Erdgasförderung zu erhöhen, erklärt Stefan Ladage.
    "Die Drücke, die man aufwenden muss, um ein Gestein zu fracken, hängen ganz wesentlich davon ab, wie tief das Gestein ist. Je tiefer es ist, desto größer ist der Gebirgsdruck einfach aufgrund der überlagernden Gesteinspakete."
    In den tief liegenden Tightgas-Vorkommen hierzulande müssen die Fracking-Fluide mit mehr als 600 Bar in das Bohrloch gepresst werden. ExxonMobile, Wintershall und RWE-Dea haben rund 320 solcher Fracks durchgeführt, allerdings dienten sie nur dazu, bestehende konventionelle Erdgasvorkommen besser auszubeuten. Die neuen Erkundungen zielen jedoch auf Schiefergas im Tongestein ab. Diese Schichten liegen - zumindest in Deutschland - mit rund 2000 Metern deutlich höher, sodass beim Fracking mit schwächeren Drücken um 150 Bar gearbeitet werden kann. Noch einmal Stefan Ladage von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe:
    "Dort haben wir Tongesteine, die sind von Haus aus fein geschichtet, und dort will man das natürliche Netzwerk an Schichtungen und Rissen ansprechen mit einem Frack. Und deswegen sind die Fracks auch anders gestaltet. Also, die haben andere Zusammensetzungen der Additive et cetera."
    Beim Schiefergas sind die "Erschließungskosten" deutlich höher. Die Gasporen im Gestein sind nur mikroskopisch klein und voneinander isoliert. Deshalb müssen mehrere Kanäle waagerecht und parallel zueinander gebohrt werden, um dann durch Fracking ein zusammenhängendes Förderfeld zu erschließen. Zwei Probefracks - durch ExxonMobile 2008 und 2011 - sind bislang in Deutschland erfolgt. Allerdings ohne Förderung, da noch keine "Produktionserlaubnis" beantragt wurde. Frack ist also nicht gleich Frack. Bei den tiefen Fracks im Buntsandstein ist der Sicherheitsabstand zur Trinkwasser führenden Schicht mit rund drei Kilometern deutlich größer. Ob Fracks im weiter höher liegenden Schiefergestein gefährlicher sind, das ist die große Frage. Geologen gehen davon aus, dass Fracks mit einem Sicherheitsabstand von mehr als 1000 Metern zu den lebenswichtigen Wasseradern zu verantworten sind, sofern das darüber liegende Deckgestein dicht ist.