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Gauck auf USA-Besuch
In schwierigen Zeiten das Verbindende suchen

Bundespräsident Joachim Gauck reist zum ersten Mal in seiner Amtszeit zu einem offiziellen Besuch in die USA. Angesichts drängender internationaler Probleme will er die zuletzt angespannten transatlantischen Beziehungen wieder in einen breiteren Kontext stellen.

Von Bettina Klein | 05.10.2015
    Bundespräsident Joachim Gauck spricht am 27.09.2015 in der Staatskanzlei in Mainz (Rheinland-Pfalz).
    Bundespräsident Joachim Gauck. Wird als erstes deutsches Staatsoberhaupt seit 18 Jahren im Weißen Haus empfangen. (picture-alliance / dpa/ Frederik von ERichsen)
    Wenn der ehemalige ostdeutsche Pfarrer und frühere Leiter der Stasiunterlagenbehörde Joachim Gauck heute als Bundespräsident die USA besucht, dann lässt sich das von seinen persönlichen Erfahrungen kaum trennen. Schon der Termin - nur wenige Tage nach dem 25. Einheitsjubiläum - ist nicht umsonst gewählt.
    "Das erste Mal in der deutschen Nationalgeschichte war das Aufbegehren der Unterdrückten wirklich von Erfolg gekrönt. Die friedliche Revolution zeigt: Wir Deutsche können Freiheit!"
    Der Bundespräsident in seiner Rede am Samstag. Die Deutsche Einheit soll ein zentraler Bezugspunkt für diese Reise sein. Gauck, dem das Thema Freiheit so sehr am Herzen liegt, wird am Dienstag in Philadelphia vor Studenten sprechen. In jener Stadt also, in der am 4. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten verkündet wurde, ebenso wie später die Verfassung der USA.
    Barack Obama war vor gut zwei Jahren war zum ersten Mal zu Gast im Schloss Bellevue. In Gesprächen mit der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten erinnerte er seinerzeit daran, dass die Beziehungen zu Europa der Grundstein für Freiheit und Sicherheit seien. "In both conversations with Chancellor Merkel and earlier with your President, I reminded them that from our perspective the relationship with Europe remains the cornerstone of our freedom and our security."
    In dieser Woche nun der erste offizielle Besuch des Bundespräsidenten in Washington - und das erste Mal überhaupt seit 18 Jahren, dass ein deutsches Staatsoberhaupt wieder im Weißen Haus empfangen wird. Heute, in einer Zeit des teils noch immer angespannten transatlantischen Verhältnisses einerseits und extrem schwieriger internationaler Konflikte andererseits, will Gauck die deutsch-amerikanischen Beziehungen in einen breiteren Kontext stellen, so heißt es.
    Er wird an die für Amerika so prägende Geschichte der deutschen Einwanderer erinnern, die jenseits des Atlantiks den Neuanfang suchten. Es bietet sich möglicherweise an, von dort den Bogen zu schlagen zum Neuanfang vieler Menschen hierzulande vor 25 Jahren und zur Rolle der USA bei der Wiedervereinigung. Wie auch zu jenen, die heutzutage auf der Flucht sind, angezogen nicht zuletzt auch von Werten der Freiheit und Demokratie.
    Anknüpfend an gemeinsame Traditionen soll die Reise also den Dialog mit dem engsten Partner befördern - auf dass man sich den weitaus komplizierteren Fragen widmen kann, vor denen die internationale Gemeinschaft, die Vereinigten Staaten und Deutschland im Augenblick stehen.
    "Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substanzieller einbringen." Mit dieser Aussage bei der Münchner Sicherheitskonferenz hatte Gauck im vergangenen Jahr die Debatte über eine größere Verantwortung Deutschlands angesichts weltweiter Krisen mit befeuert. Vor allem dieses Thema stößt in den Vereinigten Staaten auf großes Interesse. Hierzulande wird erwartet, dass der Bundespräsident auch zum Verhältnis von Freiheit und Sicherheit Stellung nimmt vor dem Hintergrund der Diskussion über Datenschutz und NSA-Affäre.
    "In dieser Situation spüren wir ganz deutlich, dass wir neue verbindliche Festlegungen darüber brauchen, was geht und was nicht geht." Relativ deutlich hatte Gauck nach anfänglicher Zurückhaltung auf die immer neuen Enthüllungen reagiert, aber auch die unreflektierte Gleichsetzung von Stasi und NSA zurückgewiesen.
    Zu Ehren des Bundespräsidenten wird die traditionelle Einheitsfeier in der Botschaft in Washington mit vielen geladenen Gästen auf den 6. Oktober verschoben, auf den Deutsch-Amerikanischen Tag, der in den USA an diesem Datum begangen wird. Zum Gedenken an jene Einwanderer, die vor mehr als 300 Jahren in der Nähe von Philadelphia die Stadt Germantown gründeten, die erste deutsche Siedlung in den damaligen britischen Kolonien Nordamerikas.