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Gauck-Nachfolge
Merkel bestätigt Steinmeier-Kandidatur

Nun gibt es doch einen Konsenskandidaten: CDU, CSU und SPD wollen Frank-Walter Steinmeier zum nächsten Bundespräsidenten machen. Bundeskanzlerin Merkel erklärte, er sei "ausgezeichnet geeignet" für das Amt. Auch CSU-Chef Seehofer versicherte Unterstützung. Für SPD-Chef Gabriel ist die Nominierung ein Triumph.

14.11.2016
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor einer deutschen und europäischen Flagge stehend
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier soll neuer Bundespräsident werden. (imago stock&people)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, Steinmeier sei ein auf "Ausgleich und Lösungen ausgerichteter Politiker" und ein "Mann der politischen Mitte". Der Bundesaußenminister werde in Wirtschaft und Gesellschaft geachtet, sowohl im In- als auch im Ausland und sei somit "ausgezeichnet geeignet" für das Amt des Bundespräsidenten. In Zeiten weltweiter Unruhe sende seine Nominierung "ein Signal der Stabilität". Sie habe Steinmeier heute Morgen persönlich von der Entscheidung informiert. Offiziell vorgestellt werde er am Mittwoch.
    Lob und Unterstützung aus der CSU
    Die CSU erklärte bereits am Mittag ihre Unterstützung für eine Kandidatur Steinmeiers: Parteichef Horst Seehofer sagte, der Außenminister sei ein guter und geeigneter Kandidat. Steinmeier biete die Gewähr dafür, dass das höchste Staatsamt mit Würde und Qualität weitergeführt werden könne. Er bedauere allerdings, dass kein Kandidat mit "CDU-Aushängeschild" aufgestellt werden konnte. Die Personen, die angesprochen wurden, hätten einer Kandidatur nicht zugestimmt.
    Der CSU-Parteivorsitzende Horst Seehofer spricht am 04.11.2016 in München (Bayern) während des CSU-Parteitags. Foto: Peter Kneffel/dpa
    Der CSU-Vorsitzende Seehofer stützt die Kandidatur Steinmeiers. (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Zuvor hatte bereits CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Steinmeier als guten Kandidaten für die Nachfolge von Gauck bezeichnet. Bei "bild.de" kritisierte Scheuer zwar erneut das Vorpreschen von SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Kandidatenfrage - Gabriel hatte Steinmeier schon vor Wochen als hervorragenden Bewerber bezeichnet. Zugleich sagte Scheuer aber über Steinmeier, dieser sei "ein guter Kandidat in diesen außenpolitisch so herausfordernden Zeiten".
    Aber es gab auch zurückhaltende Stimmen: CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer sagte im Deutschlandfunk, begeistert sei man innerhalb der Partei über die Kandidatur nicht. Steinmeier habe das Amt des Außenministers zwar mit bemerkenswerter Souveränität geleitet. Man müsse aber nicht mit jeder Entscheidung und jeder Wortwahl zufrieden sein und brachte das Beispiel zum US-Wahlkampf: "Es war aus meiner Sicht nicht glücklich, den neu gewählten Präsidenten der USA, Donald Trump, im Wahlkampf als Hassprediger zu bezeichnen."
    Spahn und Schäuble äußern Kritik
    Auch in der CDU gab es Kritik. Finanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete die Nominierung in der Präsidiumssitzung nach Angaben von Teilnehmern als Niederlage für die Union. Auch Präsidiumsmitglied Jens Spahn äußerte sich demnach kritisch. CDU-Generalsekretär Peter Tauber verteidigte jedoch die Entscheidung: "Es steht den Volksparteien in diesen bewegten Zeiten gut an, gemeinsam eine respektable Persönlichkeit für das höchste Staatsamt vorzuschlagen." Steinmeier habe gezeigt, dass er Gräben überwinden wolle und sich auch in schwierigen Situationen um Ausgleich bemühe.
    Steinmeier will auch weiter "unbequeme Dinge" ansprechen
    Die Nominierung Steinmeiers gilt aber vor allem als Erfolg für SPD-Chef Sigmar Gabriel. Auf die Frage, wie er CDU und CSU überzeugt habe, sagte Gabriel: "Die Person Frank-Walter Steinmeiers hat überzeugt." Der Außenminister habe ein großes Ansehen und gerade in Krisenzeiten gezeigt, dass er alles für Frieden und Sicherheit tue. "In einer Zeit der Brüche, der Umbrüche, der Unsicherheit, in der es neu um den sozialen Zusammenhalt und um die Sicherung unserer Demokratie geht, ist Vertrauen in den höchsten Repräsentanten des Staates unabdingbar." Steinmeier sei ein Kandidat, der dieses Vertrauen genieße und Sprachlosigkeit überwinden könne.
    Steinmeier selbst zeigte sich positiv gestimmt über die Nominierung: "Zunächst bin ich vor allem dankbar für die große Unterstützung und Ermutigung, die von Menschen außerhalb und innerhalb der Politik gekommen ist - und das quer über die Parteien hinweg", sagte er der "Bild"-Zeitung vom Dienstag. "Das zu erleben, ist schön", fügte er hinzu. "Aber dieses Vertrauen schafft Verantwortung. Darüber bin ich mir sehr bewusst." Er wolle auch im Amt des Bundespräsidenten "unbequeme Wahrheiten" aussprechen. "Wer mich kennt, weiß, dass ich es mir nie einfach gemacht habe, sondern immer auch unbequeme Dinge sage, für die es in der Öffentlichkeit keinen Applaus gibt. Und ich baue darauf, dass dieser Weg am Ende die Oberhand gewinnt", sagte er.
    Grüne: Steinmeier nicht Wunschkandidat
    Am Montagmorgen hatte auch nochmal der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel für Steinmeier geworben. Mit ihm stehe eine hochprofilierte Persönlichkeit im Raum, die von einer übergroßen Mehrheit der Bundesbürger gewünscht werde, sagte Schäfer-Gümbel im Deutschlandfunk. Es stünde der Großen Koalition gut an, dies zu respektieren.
    Die Spitzengremien der Grünen beraten, ob sie Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten wählen. Der SPD-Politiker sei eine respektable Persönlichkeit, sagte Grünen-Chefin Simone Peter der Nachrichtenagentur Reuters. Er sei aber nicht der von den Grünen gewünschte parteiübergreifende Kandidat.
    Grünen-Chefin Simone Peter
    Grünen-Chefin Simone Peter (dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Die Linkspartei liebäugelt mit einem eigenen Kandidaten. Wenn sich Union und SPD auf Steinmeier einigen sollten, wäre die "Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass wir einen eigenen Kandidaten aufstellen", erklärte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch, im DLF.
    Drittlängste Dienstzeit als Bundesaußenminister
    Bereits heute Morgen hatte die CDU die Kandidatur Steinmeiers, die ein Vorschlag Sigmar Gabriels war, akzeptiert. Das war aus einer Telefonschalte Merkels mit dem CDU-Präsidium durchgesickert. Der Entscheidung waren vergebliche Anläufe der Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien vorangegangen, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, zuletzt am Sonntag. Die CSU hatte Merkel lange zu einem Unionskandidaten gedrängt, weil CDU und CSU in der Bundesversammlung, die den Präsidenten am 12. Februar wählt, die größte Gruppe stellen.
    Steinmeier war von 2005 bis 2009 Außenminister und zwischen 2009 und 2013 SPD-Fraktionsvorsitzender. Im Dezember 2013 kehrte er an die Spitze des Auswärtigen Amts zurück. Mit etwa 2.500 Amtstagen ist er inzwischen der bundesdeutsche Außenminister mit der drittlängsten Dienstzeit. Nur Hans-Dietrich Genscher und Joschka Fischer waren noch länger im Amt.
    Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer wollen den Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl morgen auf einer Pressekonferenz offiziell präsentieren.
    (fwa/cvo/tgs)