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Gaza-Krieg
Brüchige Waffenruhe

Eine von Israel verkündete siebenstündige Waffenruhe hat den Menschen in Teilen des Gazastreifens nur eine kurze Atempause verschafft. Israels Ministerpräsident Netanjahu kündigte die Fortsetzung von Angriffen an. Nach Angaben der palästinensischen Seite wurde am Abend ein Ziel in der Nähe einer Entsalzungsanlage bombardiert.

04.08.2014
    Israelische Soldaten an der Grenze zum Gaza-Streifen
    Diese israelischen Soldaten kehren vom Einsatz zurück. (AFP / GIL COHEN MAGEN)
    Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat Hoffnungen auf ein baldiges Ende der israelischen Militäroffensive gegen die Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen eine Absage erteilt. "Diese Operation wird erst enden, wenn für einen dauerhaften Zeitraum Ruhe und Sicherheit für Israels Bürger hergestellt sind", sagte Netanjahu heute während des Besuchs einer Kommandozentrale der Armee im Süden des Landes. "Die Kampagne in Gaza geht weiter", sagte Netanjahu. Die Regierung hatte die Zerstörung der Hamas-Tunnel zum Hauptziel der Offensive erklärt. Israel hat nach eigenen Angaben alle Tunnel der radikal-islamischen Hamas im Gaza-Streifen zerstört. Dies sei aber nur die erste Phase einer Entmilitarisierung des Gazastreifens, fügte Netanjahu hinzu.
    Armeesprecher Peter Lerner sagte, die Luftangriffe auf den schmalen Küstenstreifen würden fortgesetzt. Auch der Einsatz von Bodentruppen im Gazastreifen ging demnach weiter, wenn auch in kleinerem Umfang als zuvor. Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden wurde am Abend ein Ziel in der Nähe einer Wasser-Entsalzungsanlage in Rafah bombardiert. Dabei seien drei Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder.
    Vereinzelte Gefechte
    Die für weite Gebiete im Gazastreifen einseitig erklärte siebenstündige israelische Feuerpause war wie angekündigt am späten Montagnachmittag zu Ende gegangen. Sie war weitgehend eingehalten worden. Ausgenommen waren allerdings Gegenden, in denen noch israelische Soldaten operierten, wie das Militär mitteilte. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in dem Palästinenser-Gebiet warf der israelischen Luftwaffe vor, unmittelbar nach Beginn der Waffenruhe um 9.00 Uhr (MESZ) ein Flüchtlingslager bombardiert zu haben. Dabei sollen ein achtjähriges Mädchen getötet und 29 Menschen verletzt worden sein. Eine Sprecherin der Armee hielt Kämpfern der radikalislamischen Hamas vor, vier Raketen auf Israel abgeschossen zu haben. Zwei schlugen auf israelischem Territorium ein, richteten aber keinen Schaden an.
    Angriffe auf israelische Bürger
    In Jerusalem gab es während der Feuerpause zwei Angriffe auf israelische Bürger. Ein Mann mit einem Bagger rammte in Jerusalem einen Bus und tötete einen Fußgänger. Die israelische Polizei sprach von einem "Terrorangriff". Ein Polizist erschoss den Baggerfahrer. Fünf Menschen seien verletzt worden. Kurz darauf wurde ein israelischer Soldat laut Medienberichten von einem vorbeifahrenden Motorrad aus niedergeschossen und schwer verletzt. Auch hier geht die Polizei von einem Terrorangriff aus.
    Israel hatte am Sonntag seine Offensive heruntergefahren und das Gros seiner Bodentruppen aus dem Gazastreifen abgezogen. Zuvor hatten die USA und die UNO mit scharfer Kritik auf einen Angriff der israelischen Armee nahe einer Schule der Vereinten Nationen reagiert. Nach palästinensischen Angaben waren dabei am Wochenende zehn Menschen getötet und etwa 30 verletzt worden. Die Armee bestätigte, auf ein Ziel nahe der Schule geschossen zu haben. Im Visier seien drei "Terroristen" der radikalen Palästinensergruppe Islamischer Dschihad gewesen.
    USA sprechen von "schandhaften Vorfall"
    Die USA zeigten sich erschüttert über den "schandhaften Vorfall". Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, sagte, der Standort der Einrichtung sei den israelischen Streitkräften mehrfach übermittelt worden. Sie betonte zugleich, Einrichtungen der UNO dürften nicht als Abschussort von Raketen missbraucht werden. Psaki rief Israel und die radikalen Palästinenser auf, Zivilisten zu schonen.
    UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Angriff scharf: "Dies ist ein Skandal in moralischer Hinsicht und ein Verbrechen." Der Beschuss der Schule stelle einen "erneuten Verstoß gegen das internationale humanitäre Recht" dar. "Dieser Wahnsinn muss aufhören", verlangte Ban.
    Steinmeier fordert dauerhafte Lösung
    Für eine dauerhafte Waffenruhe forderte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine umfassende Lösung für den Gazastreifen. "Der Status quo, das zeigen die immer wiederkehrenden militärischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre, ist nicht haltbar", sagte der Politiker.
    Eine langfristige Lösung könne es nur geben, wenn die Waffen der Hamas in Gaza für Israel nicht mehr eine ständige militärische Bedrohung darstellten und wenn die Menschen in Gaza auf eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen hoffen könnten. Steinmeier forderte eine Öffnung von Grenzübergängen unter internationaler Überwachung, um den Waffenschmuggel zu unterbinden. Dazu solle eine EU-Grenzmission reaktiviert werden.
    (pg/sima)
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