Soziologin Silke van Dyk

Kopftuch für Mädchen "gehört nicht verboten"

Silke van Dyk im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 23.08.2018
Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert in einer Petition ein Verbot von Kopftüchern für Mädchen, die jünger sind als 14 Jahre. Die Soziologin Silke van Dyk warnt vor der Anschlussfähigkeit an rechte Positionen.
Die Petition, die heute gestartet wurde, trägt den Titel "Den Kopf frei haben". Sie fordert ein Verbot von Kopftüchern für Mädchen, die jünger als 14 und damit unter dem Alter der Religionsmündigkeit sind. Zu den Erstunterzeichnerinnen gehören die Journalistin Alice Schwarzer oder die Schauspielerin Sibel Kikelli.

Verbote sind "hochgradig falsch"

"Es gehört aus meiner Sicht nicht verboten", hält die politische Soziologin Silke van Dyk dagegen. Die Petition von Terre des Femmes sei intern extrem umstritten gewesen, denn das Thema biete viele Fallstricke:
"Zu glauben, dass man über Verbote gesellschaftliche Prozesse reguliert und Sexismus bekämpft, das halte ich für hochgradig falsch. Wir überlassen auch in allen möglichen Bereichen bei Minderjährigen die religiöse und auch die politische Erziehung erst mal den Eltern. Wir verbieten auch nicht den christlichen Eltern, ihren Kindern Kreuze umzuhängen."
Es sei aus ihrer Sicht vielmehr Aufgabe von Bildungsprogrammen, die muslimischen Mädchen in Schule und Freizeit für diese Themen zu sensibilisieren.

"Wenn Rechte feministisch werden"

Silke van Dyk hinterfragt auch die Position von Alice Schwarzer:
"Alice Schwarzer hat eine lange und ich finde unselige Geschichte für einen Feminismus zu stehen, der immer anschlussfähig für den antimuslimischen Rassismus war. Wir haben immer wieder festgestellt, dass rechte und rassistische Kräfte, wenn es hineinpasst in das rassistische Weltbild, ganz plötzlich feministisch werden und Frauenrechte entdecken, die sie sonst nie interessieren wie nach der Silvesternacht [in Köln]."
Die Vereinten Nationen hatten das Verbot von Kopftüchern für Mädchen unter 14 Jahren bereits 1989 gefordert. Die Soziologin sagt dazu abschließend:
"Entscheidend ist der Kontext. Unter den Bedingungen, die wir heute haben in der Debatte, wird eine solche Petition anschlussfähig an die rechten Positionen, die mit dem Topos vom 'Kopftuchmädchen' Wahlkampf machen."
(cosa)
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