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Geberkonferenz
Ukraine will Investoren anlocken

Im Konflikt im Osten der Ukraine sind über 6.000 Menschen getötet worden und über eine Million geflohen. Nur ein IWF-Kredit über 17,5 Milliarden US-Dollar rettet das Land vor dem Bankrott. Jetzt will die Regierung ausländische Investoren anlocken und hat Vertreter von Regierungen und Unternehmen nach Kiew eingeladen.

Von Florian Kellermann | 28.04.2015
    Petro Poroschenko und Arseni Jazenjuk hören Jean-Claude Juncker zu.
    Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, Ministerpräsident Arseni Jazenjuk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (v.l.) bei der Geberkonferenz in Kiew. (picture alliance / dpa / Mykola Lazarenko)
    Die ukrainische Regierung weiß, in welch schwieriger Lage ihr Land ist. Die Wirtschaftsleistung wird in diesem Jahr weiter stark sinken, zum Jahresbeginn sind auch noch die Exporte eingebrochen. Ministerpräsident Arsenij Jazeniuk machte heute in Kiew kaum Hoffnung, dass er diesen Trend schnell wenden kann.
    "Wir hoffen auf Investoren, wenn wir Staatsbetriebe privatisieren. Wir werden dies äußerst transparent tun. Es wird keine künstlichen Barrieren für die Bieter geben. Wir werden die Ausschreibungen nicht auf einem bestimmten Käufer zuschneiden, wie das früher in der Ukraine so oft der Fall war."
    Die Ukraine wünscht sich Investoren aus der Privatwirtschaft, allerdings nur aus dem Westen. Russische Unternehmen sollen von Privatisierungen ausgeschlossen werden, sagte Jazeniuk.
    Korruption bekämpfen und Wirtschaft deregulieren
    Zur Konferenz nach Kiew kamen allerdings kaum Unternehmen, mit Ausnahme von Firmen aus der Agrarbranche. Die meisten Teilnehmer stellten Vertreter von EU-Regierungen und internationalen Organisationen. EU-Kommissionspräsident Juncker hielt die Eröffnungsrede. Die Ukraine wollte zeigen, dass sie auf dem richtigen Weg ist, dass sie den Staat grundlegend reformiert. Die meisten Beobachter bewerteten ihre Ansätze positiv, so Markus Ederer, Staatssekretär im Auswärtigen Amt:
    "Die Wahrheit ist auf dem Platz, nicht nur im Fußball, und wir müssen zusammen mit den Ukrainern schauen, dass sich die Situation bessert, politisch, aber auch mit diesen massiven Unterstützungsprogrammen, die die Bundesregierung fährt, damit die Wirtschaft nicht nur Vertrauen, sondern auch Fuß fasst."
    Die beiden großen Ziele der Reformen: die Korruption zu bekämpfen und die Wirtschaft zu deregulieren. Dafür beschäftigt die Regierung westliche Beratungsfirmen und bereitet einschneidende Gesetze vor. Staatsaufträge sollen nur noch nach offenen Ausschreibungen vergeben werden, gleiches gilt für Führungspositionen. Die wohl schwierigste Aufgabe wird eine Justizreform.
    Klar ist aber auch: Solange der bewaffnete Konflikt im Osten anhält, wird es für die Ukraine schwer, Investoren anzulocken. Rainer Lindner, Geschäftsführer des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, gehörte bei der Konferenz in Kiew zu den Mahnern:
    Skepsis von Unternehmern
    "Wir haben minus 35 Prozent bei den Exporten im Januar, Februar, das Jahr 2014 war ebenfalls ein schlechtes für den Handel. Nachdem die deutsche Wirtschaft in den vergangenen 20 Jahren etwas bei acht Milliarden Euro in diesem Land investiert hat, jetzt eine Stagnation erlebt, natürlich auch den Krieg erlebt. Unternehmen im Osten haben ihre Standorte verloren, sie sind besetzt worden. Das sind schon Einschnitte, die die Frage stellen lassen: Lohnt es sich, hier zu bleiben."
    Die Skepsis der Unternehmer rührt auch daher, dass schon frühere ukrainische Regierungen Reformen versprachen, aber wenig unternahmen. Denn die Widerstände sind erheblich - im korrupten Staatsapparat und vonseiten der sogenannten Oligarchen. Deren Unternehmen halten in vielen Wirtschaftsbereichen Monopole, die sie nicht aufgeben wollen.