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Gebrauchsmusik
Mood Media sorgt für den Sound zum Konsum

Für die einen ist es akustischer Müll, andere bekommen dabei Kaufgelüste. Gebrauchsmusik ist aus Fahrstühlen, Supermärkten und Hotellobbys nicht mehr wegzudenken. Doch woher kommen die Klänge der Konsumwelt? Ein großer Anbieter ist Mood Media aus Hamburg. Das Firmenmotto lautet: Bloß nicht auffallen!

Von Christoph Sterz | 04.09.2015
    Ein gelbes Schild mit einer stilisierten Frau und einem Kind weist den Weg zu einem Fahrstuhl in einem Einkaufszentrum in Frankfurt, aufgenommen im März 2011.
    Hie spielt die Musik, die Firmen wie Mood Media anbieten. (picture alliance / dpa / Wolfram Steinberg)
    Eine ruhige Straße in der Nähe vom Hamburger Hauptbahnhof, viel grau, viel Büro und Gewerbe. Rund um den Hauptsitz von Mood Media hört sich alles erst mal wenig spektakulär an; obwohl die Firma ja mit wohlüberlegten Sounds ihr Geld verdient; und eben nicht mit Alltagsgeräuschen.
    Die hört man aber bei Mood Media selbst sehr wohl. Im Erdgeschoss werden Pakete registriert oder in die weite Welt geschickt; viel Technik, wenig Kreativität. Dass es hier vor allem um Musik geht, erschließt sich erst ein paar Stockwerke weiter oben, im Büro von Stefan Gill. Der ist Kreativdirektor bei Mood Media, und weiß genau, welche Musik die passende ist, zum Beispiel für den ganz normalen Supermarkt.
    Gill lässt Probe hören: "Lebensmittelhandel wäre so was. Sehen Sie sich schon mit dem Einkaufswagen durch die Gänge schieben? Ein sehr beliebiges Beispiel, aber es wäre in dem Raster drin, es müsste noch definiert werden am Ende, ist das jetzt eher ein natürlich geprägter Lebensmittel-Handel, sprich Bio, wo akustische Elemente im Vordergrund stehen. Bio, dann treffen wir uns schon hier an der Theke."
    Keine Experimente
    Gerade in Lebensmittelläden setzt Mood Media Musik ein, die bekannt ist, verzichtet auf Experimente. Im teuren Schuhladen läuft eher entspannter Jazz. Überhaupt ist Musik, die angenehm ist, die nicht stört, das wichtigste Feld von Mood Media, und damit hat auch alles angefangen. Mitte der 1930er-Jahre erfand der Mood-Vorgänger Muzak die sogenannte Fahrstuhlmusik - und auch wenn sich das Unternehmen weiterentwickelt hat, ist Musik immer noch das Kerngeschäft, sagt Vertriebschef Volker Scharnberg:
    "Wir verdienen Geld hauptsächlich natürlich mit Musiklösungen, Musikkonzepten. Das heißt, dass wir für unsere Kunden Musik bereitstellen, damit es in deren Geschäften zur Ausstrahlung kommen kann. Hinzu kommt natürlich auch Hardware, diese gesamten Lautsprecher, die gesamten Verstärker, das gesamte Equipment, das dahinter steckt, um letztendlich Musik auch zur Ausstrahlung zu bringen. Das ist auch ein Geschäft, das wir sehr stark verfolgen und wir davon auch sehr gut leben können."
    Mood Media ist in fast 40 Ländern aktiv; mit Hauptsitz in Texas. Die deutschen Geschäfte werden von Hamburg aus gesteuert; mit ungefähr 80 Mitarbeitern, über 300 Kunden - und laut Jahresabschluss 2013 mit Umsatzerlösen von 14 Millionen Euro pro Jahr. Vor allem der Lebensmitteleinzelhandel, aber auch große Ketten aus der Bekleidungsbranche sind Geschäftspartner.
    "Wir sind überall zu Hause"
    Und auch wenn Mood Media an sich eine eher unbekannte Firma ist, dürften die meisten mit dem Unternehmen schon einmal indirekt in Kontakt gekommen sein, erklärt Kreativdirektor Stefan Gill: "Angefangen vom Hauptbahnhof, sei es in der Fashion-Boutique, im Lebensmitteleinzelhandel. Wir sind überall zu Hause. Überall dort, wo Menschen zusammenkommen, sind wir zu Hause. In Audio, Video, sprich dort, wo Musik abgespielt wird, dort, wo Videostreams aufgebaut sind, dort wo es gut duftet: In den meisten Fällen stecken wir dahinter."
    Dass der Schwerpunkt auf der Musik liegt, wird alleine schon durch bloße Zahlen deutlich: Mood Media kann auf ein Musikarchiv von ungefähr 180 Millionen Songs zurückgreifen, die dann jeweils von den Mitarbeitern per Hand zusammengestellt wird.
    Bei Mood Media bekommt man auch den passenen Duft
    Aber Mood Media macht noch mehr: Auf Wunsch hat das Unternehmen auch ganze Sound-, Video- und Duftkonzepte im Angebot; eben auch weil Musik alleine nicht für eine gute Atmosphäre sorgen kann, meint Stefan Gill: "Das kann einfach mal ein Kaffeeduft sein, um etwas zu unterstützen, das kann mal sein, einfach einen negativen Geruch von einer Verkehrsumgebung zu übertünchen, das kann alles sein, um die Nase ein bisschen zu schmeicheln. Wenn es vielleicht ne ganz frische Marke ist, die vielleicht mit Holz arbeitet, schreit es geradezu danach, auch vielleicht Tannendüfte zu verwenden. Das muss nicht immer einen kausalen Zusammenhang haben, Frische kann man sehr gut mit Meeresduft darstellen. Da gibt's keine Grenzen. Man muss das wirklich von Fall zu Fall sehen, welche Stimmung ich abbilden möchte."
    Bloß nicht auffallen
    Auch in diesem Fall gilt das wohl wichtigste Unternehmensprinzip von Mood Media: nicht auffallen - keine Effekthascherei, bloß nicht stören. Um dieses Ziel zu erreichen, kann es schon mal ein Jahr dauern, bis das passende Konzept vom Duft bis zur Musik steht. Und egal, wie umfangreich die Pläne sind: Im Fokus stehen am Ende immer wir, die potenziellen Käufer, die möglichst entspannt Geld ausgeben sollen - aber darüber hinaus geht es noch um viel mehr, meint Stefan Gill: "Wir wollen natürlich die Marke positiv aufladen. Das steht außer Frage, das steht ganz vorne. Dadurch, dass wir gute Musik spielen, dass wir die passende Musik spielen, natürlich auch Verweildauer der Kunden verlängern, deren Geschmäcker übereinbringen, aber natürlich auch die Mitarbeiter motivieren. Denn die sind natürlich auch viele, viele Stunden da. Die sollen natürlich auch nicht genervt davon sein, das heißt, das sind schon mal mindestens vier Punkte, die ganz elementar sind."
    Doch so wichtig es sein mag, die Mitarbeiter bei Laune zu halten: Der Abverkauf ist das, was zählt - also das Geld, das am Ende des Geschäftstages in der Kasse liegt. Denn wenn der Einzelhändler damit zufrieden ist, dann macht auch Mood Media ein gutes Geschäft - und so kann dann die Musik munter weiter laufen, ohne irgendwen zu stören.