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Gebrauchte Elektronikgeräte
Mit Kratzer - dafür nachhaltig

Das Smartphone vom Handyladen um die Ecke oder das gebrauchte Tablet von der Online-Börse: Der Markt für gebrauchte Elektronikgeräte erlebt seit Jahren einen Boom. Verbraucherzentralen befürworten den nachhaltigen Handel. Doch sie finden auch: Die großen Hersteller müssen mitziehen.

Von Johannes Kulms | 08.01.2015
    Ein schwarzes Mobiltelefon liegt mit zersplittertem Display auf dem Boden.
    Glasscheibe kaputt, aber Handy noch funktionsfähig: Solche Geräte kaufen viele Händler an und verkaufen sie dann günstig weiter. (dpa / picture alliance / Peer Grimm)
    "Das ist ein iPhone 4. Da war die Glasscheibe kaputt. Der Vorbesitzer wollte kein Geld mehr reinstecken, weil er eine Vertragsverlängerung hatte. Und ja, wir haben es aufgekauft, die Glasscheibe repariert, einmal durchgecheckt und würden das dann so jetzt für 160 Euro weiterverkaufen."
    Seit vier Jahren betreibt Ermal Krasniqi das Geschäft express repair 24 im Kölner Stadtteil Sülz. Die meisten seiner Kunden bringen ihre Handys zur Reparatur vorbei. Manche lassen sie auch gleich zum Weiterverkauf da. Dafür werden die Geräte durchgecheckt, repariert und bekommen eine Gewährleistung von sechs Monaten.
    "Wir machen ja auch einen ganz gewöhnlichen Kaufvertrag. Vom äußeren sieht man's ja: Da sind ein paar Kratzer drauf, das nimmt er dann in Kauf. Und wenn er ein Problem hat, fühlt er sich besser, weil er es bei uns gekauft hat, weil er weiß, ich kann da hingehen, das sind Menschen, mit denen ich reden kann."
    Gebrauchte Elektronikgeräte wie Tablets oder Smartphones weiterzuverkaufen - das sei auf alle Fälle nachhaltig, sagt Philip Heldt. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Umwelt bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
    "Wichtig ist natürlich, dass viele Kunden dann auch bereit sind, wieder gebraucht Geräte zu kaufen. Die sagen, ich muss jetzt vielleicht nicht das allerneuste Handymodell haben. Aber mein Handy ist jetzt schon so alt, dass es kaum noch nutzbar ist, dann hole ich mir lieber ein gebrauchtes als ein ganz neues. Das wäre eigentlich so das Beste, was man haben kann."
    Der Markt für gebrauchte Elektronikartikel erlebt seit einigen Jahren einen wahren Boom. Wenn auch bisher eher auf niedrigem Niveau, so Umweltberater Heldt. Was auch an der Zurückhaltung von großen Firmen liegen könnte.
    So kauft die Deutsche Telekom zwar gebrauchte Geräte über Läden an. Doch Second-Hand-Smartphones können hier nicht erworben werden.
    Apple wiederum bietet generalüberholte iPads und Laptops für den Wiederverkauf an - aber nicht Smartphones.
    Große Hersteller müssen aktiver werden
    Anders läuft es bei speziellen Online-Plattformen zum An- und Verkauf von Gebrauchtartikeln:
    "Also, hier vorne beginnt der Prozess. Hier heute sind zum Beispiel die Pakete angekommen, etwa 300. Die werden dann halt weiterverarbeitet in der Testabteilung, wo man dann jedes Paket aufmacht, die Ware überprüft gemäß auch den Angaben des Verkäufers."
    Olaf Zimmer ist Geschäftsführer von Zoxs, einem Online-Portal mit 40 Mitarbeitern im niederrheinischen Wesel. Rund die Hälfte seines Umsatzes macht das Unternehmen mit gebrauchten Elektronikartikeln.
    Wer ein Smartphone oder Tablet gebraucht verkaufen will, kann vorab auf der Webseite des Unternehmens erfahren, mit welchem Preis er ungefähr rechnen kann.
    Einmal in dem sporthallengroßen Lager in Wesel angekommen, werden die eingeschickten Geräte dann geprüft, gegebenenfalls durch ein Partnerunternehmen repariert. Anschließend werden sie online zum Verkauf angeboten.
    Dafür erhalten die Kunden zwölf Monate Garantie. Wobei viele Geräte auch danach noch laufen würden, sagt Olaf Zimmer:
    "Klar, richtig, darum kaufen wir ja zum Teil auch Geräte an, die vier, fünf Jahre älter sind. Da haben wir auch vielleicht schon in der Zukunft es vor, dass wir da optional auch ein Jahr Garantie mehr für einen Aufschlag von zehn Prozent oder so gewähren."
    Zehn Prozent verdiene Zoxs im Schnitt pro Gerät. Geschäftsführer Zimmer rechnet im kommenden Jahr erstmals mit einem zweistelligen Millionenbetrag an Umsatz. Deutlich größer sind schon heute Plattformen wie rebuy oder Momox, die nach einem ähnlichen Prinzip arbeiten.
    Doch damit der Markt für gebrauchte Elektronik richtig in Gang komme, müssten große Hersteller von Elektronikgeräten aktiver werden, sagt Philip Heldt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen:
    "Wir sind ja durch Marketing auch dazu erzogen worden, alle zwei Jahre ein neues Handy haben zu wollen. Man kann mit Marketing eigentlich auch erreichen, dass eben dieses "refurbishment" eben sehr attraktiv wird. Dass man sagt, Mensch, dieses Unternehmen bietet ja einen unglaublich Service an, wie toll ist das denn!"
    Zwar würden die Unternehmen mittlerweile anfangen, umzudenken, so Heldt. Doch bis zu einem großflächigen Markt für gebrauchte Elektronikartikel ist es noch ein langer Weg.