Dienstag, 23. April 2024

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Gefährliche Behaglichkeit aus dem Kamin

Technik. - Dieselmotoren sind vor allem wegen ihres niedrigen Verbrauchs beliebt, haben allerdings einen erheblichen Nachteil, nämlich ihrem gesundheitsgefährdenden Rußausstoß. Dem konnten Ingenieure mit Partikelfiltern beikommen. Doch die Nanometer großen Teilchen stammen nicht nur aus LKW und PKW, sondern auch aus Quellen, die nur selten genannt werden: Heizungsanlagen, die Holzpellets verbrennen, und auch gemütliche Wohnzimmerkamine. Schweizer Forscher entwickeln derzeit neue Filter, die die Abluft aus den Heizungen vom schwarzen Gift befreien.

29.03.2004


    Abfallholz existiert reichlich und daher fand sich in Zeiten rasant steigender Brennstoffpreise auch schnell eine neue Verwendung dafür: in kleine Kügelchen - so genannte Pellets - gepresst und in modernen Heizungen verbrannt, stellen sie eine interessante Alternative zu Öl- und Gasöfen dar. Doch was auf den ersten Blick so sauber anmutet, ist durchaus nicht völlig unbedenklich, erklärt Volker Schmatloch, Physiker von der Eidgenössischen Material- und Prüfungsanstalt(EMPA) in Dübendorf bei Zürich. In ihrem Test-Ofen verbrennen die Forscher Holzpellets bei rund 800 Grad Celsius und analysieren die dabei entstehenden Abgase. Schmatloch interessiert dabei vor allem der feine Kohlenstoff-Staub, der dabei freigesetzt wird. Die winzigen Rußteilchen sind jenen ähnlich, die auch aus den Auspuff-Töpfen von Diesel-Motoren quillen. Denn kaum jemand, der auch nur ein gemütliches Kaminfeuer entfacht, weiß auch, dass er damit Ruß produziert und die Umwelt mit dem möglicherweise krebserregenden Ultrafeinstaub belastet.

    "Emissionen aus Holzfeuerungen, das zeigen uns Statistiken aus der Schweiz eindeutig, spielen eine größere Rolle als Diesel-Emissionen. Dazu kommt, dass die Emissionen von kleinen Holzfeuerungen konzentriert in Wohngebieten und konzentriert während der Heizperiode anfallen." Daraus ergäben sich erhebliche Belastungen für Mensch und Umwelt, konstatiert der in der Schweiz arbeitende deutsche Wissenschaftler. Doch nicht nur in der Schweiz spielten diese Emissionen eine Rolle, sondern auch überall dort, wo traditionell mit Holzfeuerung geheizt werde, meint Schmatloch. Dazu zähle auch Deutschland, nur hier habe sich niemand des Problems angenommen. Zumindest konnte der Experte keine entsprechenden Fachveröffentlichungen aufspüren. Im Alpenstaat arbeitet man unterdessen bereits an effizienten Gegenmaßnahmen. Denn auf den heimischen, nachwachsenden Brennstoff mit neutraler Klimabilanz und Behaglichkeitsfaktor will man auch zukünftig nicht verzichten, erläutert Martin Mohr, ebenfalls Physiker und Spezialist für Verbrennungsprozesse bei der EMPA: "Aber dabei müssen auch die Schadstoff-Problematik und Gesundheitsauswirkungen klar mit einbezogen werden."

    Die Lösung des Problems liegt in einem Partikelfilter nach dem Vorbild aus dem Dieselmotorenbau. Allerdings besitzt Volker Schmatlochs Version für den häuslichen Holzofen ein anderes Funktionsprinzip. Bei dem Schweizer Prototyp des Ruß-Partikel-Abscheiders handelt es sich um einen Elektrofilter mit einer unsichtbar im Kaminrohr montierten Elektrode: "Die Elektrode besteht nur aus einem sehr dünnen Draht und erzeugt hohe Feldstärken, die zur Ionisation von Gasmolekülen führen. Dadurch werden wiederum die Rußpartikel selbst elektrisch aufgeladen und können eingefangen werden wie etwa Schmutz auf der elektrostatischen Röhre eines Fernsehers." Auf diese Weise könne die Menge an kleinsten Rußpartikeln auf ein Drittel oder weniger gedrückt werden, so Schmatloch. Der Labor-Prototyp hat seine Bewährungsprobe schon bestanden und soll im nächsten Schritt in eine Anlage im Alltagsmaßstab überführt werden. Serienreif könnte der Rußabscheider für das heimische Kaminrohr dann, so schätzt der Fachmann, in etwa zwei Jahren sein.

    [Quelle: Volker Mrasek]