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Gefährliche Krankenhauskeime
Hilfstruppen für den Darm gesucht

Medizin. - Nach einer Antibiotikabehandlung können geschwächte Patienten Probleme mit dem Darmbakterium Clostridium difficile bekommen. Es kommt bei gesunden Menschen nur in geringer Zahl vor, kann sich bei geschwächten aber unkontrollierbar vermehren. Eine Forschergruppe aus New York hat jetzt in "Nature" einen Mechanismus vorgestellt, mit dem dies gezielter bekämpft werden könnte.

Von Magdalena Schmude | 23.10.2014
    "Clostridium difficile ist in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich häufiger geworden, besonders bei Patienten in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Es ist die häufigste Ursache für Durchfall in Verbindung mit Antibiotika-Therapien. Dabei gibt es verschieden schwere Krankheitsverläufe. Vom leichten Durchfall bis hin zu einem toxischen Megakolon, das den Darm des Patienten irreparabel schädigt."
    Der Mediziner Eric Pamer und sein Team am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York wollen deshalb herausfinden, wie sich Clostridium difficile effektiver bekämpfen lässt. Bisher gibt es dafür zwei Möglichkeiten: den Einsatz von weiteren Antibiotika, was aber häufig eine erneute Infektion zur Folge hat, oder die Verwendung sogenannter Fäkaltransplantate. Dabei wird dem Patienten der Stuhl eines gesunden Menschen übertragen und dadurch dessen gesunde Darmflora transferiert, die die Infektion zurückdrängt. Um gezielter behandeln zu können, wollten Eric Pamer und sein Team wissen, welche der im Fäkaltransplantat enthaltenen Bakterienstämme für den positiven Effekt verantwortlich sind.
    Auffällig gleich bei Menschen und Mäusen
    "Normaler menschlicher Stuhl enthält Hunderte verschiedener Bakterienarten und bisher ist es unmöglich, die genaue Zusammensetzung zu bestimmen. Also haben wir versucht, ganz systematisch herauszufinden, welche der Bakterien in der gesunden Darmflora den Schutz vor Clostridium difficile vermitteln."
    Dazu behandelten die Forscher Mäuse mit verschiedenen Antibiotika, die spezifisch auf unterschiedliche Bakterienarten im Darm wirken. Je nachdem, welches Medikament sie bekommen hatten, wurden die Tiere schwer krank, entwickelten leichte Durchfälle oder blieben vor Clostridium difficile geschützt. Die Wissenschaftler nahmen deshalb Stuhlproben der Tiere und untersuchten mit einem Screeningverfahren, wie sich die Darmflora der drei Gruppen nach der Antibiotika-Therapie unterschied.
    "Durch diese Analyse konnten wir Verbindungen herstellen zwischen bestimmten Bakterien, die die Mäuse vor einer Infektion schützen oder sie dafür anfällig machen, wenn sie fehlen."
    Um herauszufinden, ob einer dieser Stämme auch Menschen schützen kann, griffen die Forscher auf Stuhlproben von Patienten zurück, die im Memorial Sloan Kettering Cancer Center im Rahmen einer Krebstherapie auch Antibiotika bekommen hatten und von denen bekannt war, ob sie dadurch eine Infektion mit Clostridium difficile entwickelt hatten. Diese Proben untersuchten die Wissenschaftler mit dem gleichen Screeningverfahren und verglichen die Ergebnisse anschließend mit denen der Mäuse.
    "Es ist bekannt, dass in verschiedene Tierarten auch verschiedene Mikroben vorkommen. Und obwohl es Überschneidungen gibt, herrscht ein Konsens, dass sich die Bakterienarten, die Mäuse und Menschen besiedeln, unterscheiden. Zu unserer Überraschung haben wir aber ein paar Spezies gefunden, die in Mäusen und Menschen vorkommen und außerdem beide vor einer Infektion mit Clostridium difficile schützen können."
    Diese Bakterienstämme sind gute Kandidaten für eine Therapie, die Infektionen mit Clostridium difficile gezielter und damit schonender bekämpfen könnte. Doch trotz der vielversprechenden Ergebnisse rät Eric Pamer noch zur Vorsicht:
    "Die Frage ist: wie sicher sind diese Bakterien? Können wir sie auch Patienten verabreichen, deren Immunsystem geschwächt ist? Genau die sind es nämlich meist, die besonders schnell eine Infektion bekommen."
    Bevor eines der Resistenz-Bakterien in Zukunft als therapeutisches Probiotikum verwendet werden könnte, sind also noch weitere Untersuchungen nötig.